Der letzte Regent: Roman (German Edition)
erwiderte der Chronass. Und ich versuche, die Kommunikationssysteme des Konnektors über Bluestone zu erreichen. Sorg du dafür, dass wir überleben; ich kümmere mich um den Rest.
Der Schwarm und die Mikromaschinen, die ihn bildeten, funktionierten nicht besser als vorher. Xavius hatte zunächst angenommen, dass es vielleicht an der Nähe des Inhibitors lag, der Vandovers größeren, leistungsfähigeren Schwarm blockiert hatte, aber das schien nicht der Fall zu sein, denn mit Vandover war auch der Inhibitor verschwunden, und es ließen sich keine Funktionsverbesserungen feststellen. Vielleicht waren die Mikromaschinen durch einen Fehler bei der Initialisierung beschädigt worden, oder beim Rigid. Es gab noch eine andere Möglichkeit, die Xavius mehr Sorgen bereitete, einen Defekt an den zellularen und neuronalen Schnittstellen. Vielleicht war nicht der Schwarm defekt, sondern er .
Mit einem letzten ächzenden Knirschen lösten sich die zusammengebundenen Holzteile von den Felsen. Der Midon nahm sie auf, mit tanzenden, schäumenden Wellen, und trug sie durch eine Welt aus Wald.
37
Irgendwann wurde der Fluss ruhiger, und die heftigen Schaukelbewegungen ließen nach. Xavius schloss die Augen, nur für einen Moment, für einige wenige Sekunden, um ein wenig Kraft zu schöpfen, und als er sie wieder öffnete, merkte er überrascht, dass er geschlafen hatte, mit Laurania in den Armen. Er lehnte mit dem Rücken an einem Rucksack, nicht in einer sehr bequemen Position – die Schmerzen im Nacken wiesen deutlich darauf hin –, und Lauranias Kopf ruhte zur Seite geneigt auf seiner Brust. Offenbar schlief sie noch, denn ihre Augen waren geschlossen.
Es folgten einige Sekunden, die Xavius als sehr seltsam empfand, denn etwas an dieser Situation – an diesem vagen Gefühl, das irgendwo in ihm erwachte – war vertraut und gleichzeitig überaus fremd. Er glaubte, sich an etwas erinnern zu müssen, an etwas, das ganz nahe war, aber immer wieder fortrückte, wenn er mit geistigen Fingern danach zu greifen und es festzuhalten versuchte.
Laurania hob die Lider, blinzelte, ging auf Abstand und sagte: »Oh.«
Es war kalt geworden, fiel Xavius ein. Sie waren zusammengerückt, um sich gegenseitig zu wärmen. Er sah auf seine Hände hinab, in denen noch etwas von Lauranias Wärme steckte, und betrachtete sie, als klebte etwas an ihnen, das er untersuchen konnte, das ihm vielleicht Aufschluss darüber gab, was ihm vertraut und doch so fremd erschienen war. Elvira fiel ihm ein, ein Name, der nach all den Jahren kaum mehr war als das, ein Name.
»Wie lange haben wir geschlafen?«, fragte Laurania. Sie blickte über den Fluss und beobachtete den hoch aufragenden Wald zu beiden Seiten. Am Nachthimmel über ihnen verblassten die ersten Sterne in der aufkommenden Dämmerung des heranrückenden neuen Tages.
»Vielleicht einige Stunden.« Xavius setzte sich auf. »Der Stützpunkt. Wie weit ist es noch?«
Eine sonderbare Stille lag über diesem Teil von Bluestone. Im Wald schien sich nichts zu rühren – offenbar hatten sie den Bereich der lokalen Synchronizität verlassen –, und der Midon floss träge.
Während Laurania mit dem Navigationsgerät beschäftigt war, horchte Xavius in sich hinein und suchte nach einem Hinweis darauf, was ihm beim Erwachen so seltsam erschienen war. Dabei stellte er ungewöhnliche Aktivitäten der Mikromaschinen fest und nutzte die Analysefunktion seines Schwarms, um Aufschluss zu erlangen. Das Ergebnis: Die winzigen maschinellen Helfer, die zu Millionen in seinem Kreislauf zirkulierten oder fester Bestandteil von Muskelgewebe und Nervensystem waren, kämpften gegen gleich vierzehn verschiedene bakterielle Infektionen an, auf die sein Immunsystem nicht vorbereitet war. Xavius fragte sich, ob der Wald auch Mikroben gegen Eindringlinge verwendete. Wie konnten Bakterien eines ganz anderen Ökosystems einen menschlichen Organismus infizieren? So etwas war extrem selten. Hatte das Kollektivleben von Bluestone, der weltumspannende Wald, seine Bakterien so verändert, dass sie Menschen angreifen konnten?
Mit diesen Fragen habe ich mich bereits beschäftigt, Xavius, sagte der Chronass. Sie werden Teil meines – unseres – Berichts sein. Halte dich nicht damit auf.
Was ist mit den Kommunikationssystemen des Konnektors?, dachte Xavius und merkte, wie sein Blick zu Laurania zurückkehrte, die aufs Display des Navigators sah, das Gerät schüttelte und die Einstellungen veränderte. Sie verfügte nicht mehr
Weitere Kostenlose Bücher