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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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ganzen alternativen Plan noch an Bord der Zerberus , vor oder unmittelbar nach dem Tod des Regenten. Seine Gedanken folgten verschlungenen Pfaden, mit der kalten Präzision eines Mortus.«
    Bei diesen Worten ging ein Raunen durchs Habitat. Xavius hatte weitere Einwände von Quiron erwartet, aber erstaunlicherweise schwieg der Vorsitzende des Gremiums, während die Pilotin noch immer die Navigationskontrollen bediente. Der Abstand zwischen Rednersäule und Konklaveplattform betrug nur noch wenige Meter.
    »Er ließ Salyard töten, ein verhasstes Minerva-Mitglied, und mithilfe der KI der Stillen Stadt gab er auch dafür mir die Schuld. Aber er wies den Leiter des Sicherheitskorps im Devos-System an, mich freizulassen, damit ich die Reise zu den Splitter-Welten fortsetzen konnte. Ich weiß nicht, wie weit die Pläne des wahren Mörders gingen. Es wäre durchaus denkbar, dass er auch meine Entführung durch Minerva plante oder zumindest als eine Möglichkeit in seinen Plänen berücksichtigte, dass er mich benutzte, um Minerva unschädlich zu machen, die Verbindung zu den Ayunn aufzudecken und damit einen Vorwand für die Invasion der Splitter-Welten zu haben. Ich bekam auch einen Ring mit einer verschränkten Kommunikationsverbindung, die eine Signalbrücke schuf zum wahren Mörder und seinen Helfern. Aber wie dem auch sei: In erster Linie sollte ich den Mörder des Regenten abgeben und alle Schuld auf mich nehmen.«
    Xavius beobachtete die Repräsentanten der Sechsundzwanzig Familien am runden Tisch aus grauschwarzem Obsidian. Sie hatten sich inzwischen wieder gesetzt, ebenso die Kandidaten auf den Tribünen hinter ihnen. Ihre Gesichter zeigten so etwas wie ungläubige Faszination.
    »Aber die Dinge entwickelten sich nicht ganz so wie vom wahren Schuldigen vorhergesehen. So reagierten die Splitter-Welten schneller als von ihm erwartet auf den Angriff und brachten die meisten ihrer militärischen Schiffe in Sicherheit. Es ist ein großes Glück für uns alle, dass es nicht zu größeren Gefechten gekommen ist; vielleicht brauchen wir jene Schiffe bald im Kampf gegen die Ayunn. Und was mich betrifft … Die Psychomechaniker von Minerva fanden den falschen Mörder in mir, das Ich-Konstrukt, das mir bei Ratchford-Uyeda implantiert wurde. Sie konnten es entschlüsseln und fanden heraus, dass es mich beim Anblick der Pilotin hier unter seine Kontrolle bringen und dazu zwingen sollte, den Mord am Regenten zu gestehen. Im Anschluss daran sollte ich mich selbst umbringen, um sicherzustellen, dass niemand von meiner geistigen Manipulation erfährt. Aber die Psychomechaniker verankerten einen Sicherheitscode in mir – die hinter mir stehende Laurania hat ihn im letzten Moment genannt. Deshalb spreche ich jetzt zu Ihnen, obwohl ich eigentlich tot sein sollte, und kann die Wahrheit nennen, wie es meiner Pflicht als Chronist entspricht.«
    Xavius schwieg. Er hätte noch mehr sagen und weitere Einzelheiten nennen können, zum Beispiel die Probleme mit seiner Reisebilanz. Mit großer Wahrscheinlichkeit hatte der wahre Mörder auch die Transferschocks einkalkuliert, als destabilisierenden Faktor für das Bewusstsein, und unter anderen Umständen wäre seine Rechnung aufgegangen: Wer würde schon einem Irren glauben, der wirres Zeug faselt? Aber zusätzliche Details hätten jetzt nichts genutzt; dazu gab es später vielleicht – hoffentlich – noch Zeit genug.
    »Sie haben von der kalten Präzision eines Mortus gesprochen«, erklang eine Stimme und übertönte mithilfe der Kommunikationssysteme das Raunen von einer Million Menschen. »Und Sie haben auf nahezu unbegrenzte Ressourcen hingewiesen. Wer wäre in der Lage, die primäre KI des Enduriums, die Künstliche Intelligenz der Stillen Stadt auf der Erde, als Werkzeug der Manipulation zu verwenden?«
    Die Frage stammte von Gladfelter, stellte Xavius fest. Aber es war nicht die Frage, die er erwartet hatte. Sie war nicht direkt genug formuliert.
    »Nur ein Mitglied des Gremiums«, antwortete er.
    Zahlreiche Stimmen hallten durchs Habitat. Der Sturm, den Xavius zuvor in der Ferne gehört und gefühlt hatte, jetzt war er nahe. Auf der kleineren Plattform neben der des Konklaves saßen die alten Morti des Gremiums, ihre Gesichter grau und steinern, aber mit dem Feuer der Empörung in den Augen.
    »Das ist absurd!«, donnerte Quintus Quiron. Er trat näher, kehrte in Xavius’ Blickfeld zurück, die alte Waffe in der Hand. »Die Mitglieder des Gremiums sind seit zweitausend Jahren die

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