Der letzte Single fangt den Mann
aber zuerst muss man die unsichere Phase überstehen, in der ich mich momentan mit Dave befinde. Am liebsten würde ich Robert vorschlagen, dass wir diese Woche etwas zusammen unternehmen, aber dann fällt mir ein, dass ich ja hoffe, jeden Abend Dave zu sehen, also halte ich den Mund.
Robert macht sich daran, Girlanden an die Dielentür zu tackern.
» Die Girlande hat Haarausfall«, sage ich.
Er mustert sie.
» Du hast absolut recht«, sagt er. Er versucht, sie wieder abzureißen, und sie rieselt als Flitterkonfetti auf den Boden. » Scheiße!«, flucht er. Er versucht, die Flitter vom Boden aufzulesen, wobei er zuerst sein Gleichgewicht verliert und dann seine Geduld. Er wirft die Flitterstücke in die Luft und dreht sich im Konfettiregen. » Rate mal, was ich bin. Eine Schneekugel.«
» Du bist so maskulin, wenn du Pirouetten drehst. Wie ein großer, plumper Balletttänzer.«
» Ich habe jahrelang professionell trainiert– bis ich in eine Schlägerei geriet, weil ich einen Hund vor einer rabiaten Horde alter Damen beschützen musste.«
Es ist mir egal, dass Dave nicht anruft, denke ich plötzlich, und hebe eine angebrochene Packung Schokotaler vom Boden auf. Irgendwann wird er sich schon melden. Außerdem amüsiere ich mich gerade.
» Ich frage mich, ob ich dieses Jahr einen Weihnachtsstrumpf bekomme«, sage ich. » Könnte sein, dass meine Mutter den Brauch allmählich abschafft.«
» Ich bekomme immer einen«, sagt Robert und hebt mit einer Hand meine Füße hoch, um sich zu mir auf die Couch zu setzen, bevor er sie auf seine Beine fallen lässt. » Meine Mutter wollte das vor ein paar Jahren abschaffen. Sie verkündete, dass sie es leid sei, den ganzen Dezember Minipuzzles und Spiele und Spielzeug zu sammeln für drei Leute, die zusammen fast hundert Jahre alt sind.«
» Das ist ziemlich brutal. Was habt ihr gesagt?«
» Wir haben natürlich angefangen zu heulen«, sagt Robert. » Beziehungsweise so zu tun.«
Ich lehne meinen Kopf gegen Roberts Arm und seufze zufrieden. Zum ersten Mal seit Wochen fühle ich mich wie zu Hause, denke ich. Ich kann mich nicht einmal erinnern, wann wir das letzte Mal so zusammensaßen. Dafür erinnere ich mich an das erste Mal, nach dem katastrophalen Date mit Paulie. Das scheint schon eine Ewigkeit her zu sein.
» Wie alt sind die?«, frage ich und beiße von einem Schokotaler ab.
» Mindestens vier Jahre alt. Vielleicht fünf.«
» Mmm, exzellenter Jahrgang. Ich mag besonders die hellen Flecken, die sind sehr lecker. Also… warum bist du so im Stress?«
» Wegen der Arbeit.«
» Wirst du mir jemals sagen, was du machst?«
Pause.
» Ich bin Buchhalter«, sagt er.
Ich beginne zu lachen und verstumme wieder.
» Oh, wirklich? Ich dachte, das sei ein Scherz.«
» Darum erzähle ich es keinem«, sagt er und schüttelt den Kopf. » Das ist der absolute Gesprächskiller.«
» Und was genau machst du als Buchhalter?«
» Ich arbeite in der aufregenden Welt der Unternehmensfinanzierung«, antwortet er und schiebt sich wieder eine Handvoll Brezeln in den Mund.
» Spannend. Ist das dein Traumjob?«
» Äh… ja… schätze schon«, sagt er. » Weißt du, ich bin in der Diplomprüfung durchgefallen, habe dann Jura in den Staaten studiert und irgendwann erkannt, dass ich kein Anwalt sein möchte… Ich kam mir vor wie ein Versager. Ich habe nichts Passendes für mich gefunden. Aber irgendwie bin ich doch noch am richtigen Platz gelandet«, sagt er. » Das tut jeder, früher oder später.«
» Das hoffe ich«, sage ich und seufze. » Ich kann nicht glauben, dass du so ein Geheimnis aus deinem Beruf gemacht hast und sich dann herausstellt, dass du ein Buchhalter bist.«
» Ich bin eben zurückhaltend in solchen Dingen. Außerdem gibt es schönere Themen. Obwohl meine Arbeit gar nicht so langweilig ist, wie jeder denkt.«
» Ich glaube, du bist ein Kontrollfreak«, sage ich. » Darum poppst du so viel herum.«
» Poppst du so viel herum? Hübsch. Sex soll eigentlich allen Beteiligten Spaß machen, hat dir das schon mal jemand gesagt?«
» Ha«, entgegne ich und denke an Dave. Eine Pause entsteht. » Was machst du eigentlich an Weihnachten?«
» Ich muss arbeiten und verbringe ein bisschen Zeit mit der Familie. Meine Schwester Alice kommt mit ihren Kindern. An Weihnachten sollte immer ein aufgedrehter Vierjähriger dabei sein, das macht die Sache viel lustiger für alle. Und du?«
» Ich bin in Frankreich von Heiligabend bis Silvester.«
» Du verstehst dich gut
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