Der letzte Single fangt den Mann
Ich bin so gut wie neu.«
Kapitel 41
Die Peak Tram ist eine altmodische Bergschienenbahn, die den höchsten Berg auf Hongkong Island fast vertikal hochfährt und wieder herunter. Der Abendhimmel ist klar, und die Aussicht ist spektakulär: Hunderte Wolkenkratzer und Tausende funkelnde Lichter, die sich über ganz Hongkong Island erstrecken, bis hinüber zum Hafen von Kowloon. Einer der Wolkenkratzer erinnert an einen überdimensionalen Nasenhaarschneider, ein anderer an eine Toblerone-Tafel. Die Hochhäuser mit mehr als achtzig Stockwerken reißen nicht ab, während wir den Berg hochfahren. Ich kann in Wohnungen hineinsehen, ich sehe sogar Menschen, die vor dem Fernseher sitzen oder mit ihrer Familie am Abendtisch. Es ist surreal beglückend.
Der Himmel ist noch nicht schwarz, obwohl es schon halb neun ist. Vielmehr ist es ein rötliches Grau, das ich bereits von meinem Zimmer aus jeden Abend beobachtet habe. Mir wird bewusst, das kommt von den Lichtern der Stadt, die von den Wolken reflektiert werden. Wahrscheinlich wird es hier nie richtig dunkel.
Es dauert nur ungefähr zehn Minuten bis zum Gipfel. Kurz vor der Bergstation, als es wirklich steil hochgeht, zieht mein Magen sich kurz zusammen, was mich an das Gefühl erinnert, als Dave mich zum ersten Mal küsste. Vielleicht war dieser Funke nur Angst, denke ich, und grinse.
» Hast du Spaß?«, fragt Robert.
» Ja«, antworte ich.
Und es ist wahr. Ich habe Spaß. Ich bin gelassen und glücklich.
Wir besuchen ein Restaurant namens » Pearl on the Peak«, und ich sehe sofort, dass wir hauptsächlich wegen der Panoramascheiben, die von der Decke bis zum Boden reichen und durch die man einen fantastischen Ausblick über ganz Hongkong und Kowloon hat, hier sind. Es ist unglaublich, als würde man auf ein anderes Universum blicken. Robert hat einen Tisch direkt am Fenster bestellt. Wir setzen uns und lesen die Speisekarte.
» Das ist die Art von Essen, die ich Spaßfraß nenne«, sage ich. » Sägespäne in Öl und Schleimsuppe, o je.«
» Ich weiß. Warst du schon einmal im Atelier de Joël Robuchon? Wir sollten da mal hingehen. Deine Geschmacksnerven werden komplett ausflippen, aber auf eine gute Art. Oh, und wir müssen unbedingt ins St. John Bread and Wine. Dort werden ganz abgefahrene Sachen serviert… Wirklich fabelhafte Küche. Solange man nicht darüber nachdenkt, was man gerade isst, wie zum Beispiel frittierten Schweinskopf.«
» Damit komme ich klar. Mein Vater hat uns gezwungen, rohe Fischaugen zu essen, als wir noch klein waren.«
Robert sieht mich entsetzt an. » Was?«
» Ich weiß. Er hielt das für witzig. Er hat mit uns gewettet, dass wir welche essen, wenn er das auch tut. Dann hat er sie geschluckt. Also…«
» Also? Nichts also! Also sagt man, nein, danke, Daddy, ich muss jetzt gehen und Bratsche üben.«
Ich muss so sehr darüber lachen, dass ein paar Gäste sich nach uns umdrehen.
Wir bestellen, und nachdem der Kellner uns Wein eingeschenkt hat, erhebe ich mein Glas.
» Nochmals danke, dass du mich gefunden hast und dass du dich um mich kümmerst. Du bist der beste Freund, den eine Frau sich wünschen kann. Besser als ein Hund.«
» Abby, hör auf, dich zu bedanken. Ich bin auch wegen meiner Arbeit hier. Das ist keine große Sache.«
» Du musst noch lernen, ein Kompliment anzunehmen.«
Wir lächeln uns einen Moment lang an. Ich habe mich an Roberts unerschütterlichen Blick gewöhnt. Tatsächlich fällt es mir heute Abend sogar schwer wegzuschauen. Es hat etwas Tröstendes.
» Ich habe ein paar Neuigkeiten«, sage ich. Ich habe nur darauf gewartet, ihn endlich einzuweihen, aber ich brauchte zuerst einen Drink, um die Sache angemessen zu würdigen. Das ist nämlich ein Grund anzustoßen. » Ich habe heute ein paar Leute kennengelernt. Sie drehen eine Dokumentation über die Luxusindustrie und die Wirtschaftskrise. Eine richtig große Produktion, Kinoformat, wie die Filme von Michael Moore, weißt du? Wir haben uns eine Stunde unterhalten und…« Ich strahle Robert an, und die Worte purzeln nur so aus mir heraus. » Die wollen sich mit mir treffen, wenn wir alle wieder zurück sind in London. Ich glaube, die wollen mir einen Job anbieten. Sie meinten nämlich, sie bräuchten mich für dieses Projekt, ich sei perfekt. Sie werden mit den anderen Produzenten sprechen und wollen sich dann bei mir melden.«
» Heilige Scheiße!«, sagt Robert. » Ist das dein Ernst?«
» Ja. Sie meinten, ich hätte Ihnen in einer Stunde mehr
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