Der letzte Single fangt den Mann
Sie machen nie mehr als zwei bis drei Anrufe am Tag. Ich erwarte von Ihnen fünfzehn. Sie sind viel zu unbeteiligt. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich mit Luxusaktien bestens auskennen, dass Sie sie essen, atmen und sogar darin schlafen, verdammt.«
Ich nicke. Ich weiß gar nicht, wie ich auf eine solche Ansprache reagieren soll. Machen die anderen das tatsächlich? Macht Charlotte das? Mir ist das nie aufgefallen, andererseits war ich ein wenig abgelenkt in den letzten sechs Monaten.
Suzanne seufzt. » Ich habe den ganzen Morgen versucht, Sie zu erreichen. Wo waren Sie?«
» Äh… Charlotte ging es nicht gut…«
» Sie sind hier nicht angestellt, um sich um Charlotte zu kümmern. Sie sind angestellt, um herauszufinden, womit sich Geld verdienen lässt.«
Ich beiße auf meine Unterlippe. Sie hat recht.
» Ich brauche Leute, die das Volumen steigern und den Markt anschieben, und nicht jemanden, der sich nur zurücklehnt und liest. Sie sind zu passiv, um es noch einmal zu sagen.« Ich zucke zusammen. Sie ist noch nicht fertig. » Ich erwarte mehr von Ihnen. Geben. Sie. Gas.«
Ich nicke so heftig, dass mein Nacken zu schmerzen beginnt. Vor allem die Bemerkung » Sie sind zu passiv« hat mich getroffen.
Ich räuspere mich. » Ja, danke, ich weiß, ich weiß.«
Suzannes Augen werden schmal. » Es liegt nur an Ihnen. Die Frage, die Sie sich stellen müssen, lautet: Was will ich?«
Ich höre auf zu nicken und starre Suzanne für einen Moment an. Schon wieder diese verdammte Frage. Suzanne erwidert meinen Blick mit hochgezogenen, zu schmal gezupften Augenbrauen.
» Was wollen Sie, Abigail?«
Ich öffne den Mund, um zu sprechen, und schließe ihn wieder. Ich habe keine Antwort darauf. Was stimmt nicht mit mir? Eine Sekunde lang kämpfe ich gegen das Bedürfnis loszuheulen. Was zum Teufel will ich?
» Das ist alles«, entlässt sie mich.
Ich gehe hinaus und schüttle kurz den Kopf, um wieder klar zu denken. Was für ein Tag. Und dabei ist noch nicht einmal Mittag.
Das Letzte, wonach mir im Moment der Sinn steht, ist mein Date mit diesem Röhrenjeanstypen. Aber ich will verdammt sein, wenn ich nicht jede Chance nutze, um die Erfahrung zu sammeln, die ich brauche. Wir treffen uns um acht. Ich glaube, ich sollte mir vorher zu Hause ein paar hinter die Binde kippen, um in Stimmung zu kommen.
Kapitel 8
Freitagmorgen, acht Uhr.
Mein klingelndes Handy weckt mich, was ein Glück ist, denn ich bin a) verpflichtet, jeden Morgen um sieben zur Arbeit zu erscheinen, b) nicht in meinem Bett, c) nackt.
Ich liege ganz außen in einem Doppelbett, das mit seltsamer hellblauer Bettwäsche bezogen ist, und als ich den Kopf drehe, um herauszufinden, wie zum Henker ich hergekommen bin, entdecke ich einen nackten Mann neben mir, der schläft. Es ist der Typ mit den Röhrenjeans.
Vor lauter Schreck stockt mir der Atem, und ich falle aus dem Bett. Ich krieche panisch durch das Schlafzimmer auf der Suche nach meinem Handy. Mein Herz hämmert wie wild, mein Kopf pocht im selben Rhythmus, o Gott, o Gott– ah, es ist in meiner Handtasche. Unter meinem BH .
Ich schaue auf das Display. Es ist Plum.
» Fuck!«, flüstere ich zur Begrüßung.
» Und, wie war’s?«, fragt sie aufgeregt.
» Falscher Zeitpunkt«, murmele ich, während ich hektisch auf allen vieren über den Boden krieche, um meine restlichen Sachen aufzusammeln.
Mein Slip! Im Bücherregal. Hübsch.
» Sag nicht, du bist bei ihm?«
Plum beginnt hysterisch zu lachen.
» Ich weiß nichts, ich kann mich an nichts erinnern«, murmele ich.
» Was zum Geier ist passiert?«
Ich ziehe meine Jeans aus ihrem Versteck unter dem Bett hervor und erzähle in hastigem Flüsterton.
» Wir haben uns in einer Bar getroffen, und dann habe ich Robert angerufen und um Rat gefragt, und er hat mir vorgeschlagen, einen Hochprozentigen für mein Selbstvertrauen zu kippen, was ich auch getan habe, aber ich glaube, ich hatte ein paar Gläser zu viel…«
Ich winde mich auf dem Boden, um in meine Jeans zu schlüpfen, ohne aufzustehen, und lege dabei kurz das Handy weg, bevor ich es rasch wieder ans Ohr nehme.
» So, so. Magst du ihn?«, fragt Plum im Plauderton.
» Nein, ja, weiß nicht, ich muss hier weg, ich muss mich heute krankmelden…«
Ich beschließe, auf den BH zu verzichten, und stopfe ihn in meine Handtasche. Mein Oberteil liegt seltsamerweise ordentlich zusammengefaltet auf dem Boden. Warum?, frage ich mich. Andererseits, es ist eins meiner neuesten Lieblingstücke. Ich
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