Der letzte Single fangt den Mann
Abigail, Gott sei Dank, du bist wieder da«, sagt Alistair erleichtert.
» Gehen wir einen Kaffee trinken«, schlage ich vor.
Es gibt nichts Schlimmeres, als in unserem Büro die Nerven zu verlieren. Die Leute wittern den Skandal und gehen extra langsam vorbei, um einen guten Blick zu erhaschen.
Charlotte nickt und steht auf, um ihren Poncho überzustreifen.
» Ich muss später noch mit dir reden«, sagt Alistair, als wir uns in Bewegung setzen.
» Klar, kein Problem«, entgegne ich. » Ist alles in Ordnung?«
» Yes, Mylady«, antwortet er grinsend und wirbelt auf seinem Drehstuhl herum. » In allerbester Ordnung.«
Wir gehen in ein kleines italienisches Café, das es bestimmt schon seit den Fünfzigerjahren gibt. Ein Mann steht an der Kaffeemaschine, ein anderer belegt die Brötchen, und vor dem Fenster steht eine Theke, an der man sitzen und die Leute draußen beobachten kann. Irgendwie bin ich viel lieber hier, wo seit sechzig Jahren Kaffee ausgeschenkt wird, statt in einer der großen und teuren Café-Ketten. Und der Kaffee schmeckt hier unglaublich gut.
Ich bestelle für uns und nehme Platz. Charlotte hat noch keinen Ton gesagt. Sie hat so sehr geweint, ganz still, dass sie nun Mühe hat zu atmen.
» Möchtest du mir erzählen, was passiert ist?«, frage ich.
Charlotte beginnt schluchzend: » Gestern Abend…«
» Tief durchatmen«, sage ich. » Entspann dich. Alles wird gut.«
Wow, ein abgedroschener Spruch nach dem anderen.
» Phil, mein Freund, hat gestern Abend mit mir Schluss gemacht«, bringt sie schließlich heraus.
» Scheiße«, sage ich, und, ohne zu überlegen, beuge ich mich vor, um sie kurz zu drücken.
Ich glaube nicht, dass ich jemals jemanden spontan umarmt habe, abgesehen von meiner Familie oder sehr engen Freunden. Es ist nett.
Charlotte beginnt wieder zu weinen. Ein langer Spuckefaden tropft aus ihrem Mund und landet auf meiner Hose. Iihhh.
Während der nächsten halben Stunde, zwischen halb hysterischen Heulattacken von ihr und sanften Fragen von mir, gespickt mit der Mahnung, das Atmen nicht zu vergessen, stellt sich heraus, dass sie neun Jahre– von siebzehn bis sechsundzwanzig– mit ein und demselben Mann zusammen war. Und er machte einfach Schluss mit den Worten » Ich liebe dich, aber nicht mehr genug«.
» Ich weiß nicht, was… ich machen soll. Ich weiß nicht, was ich machen soll«, sagt sie nun, nachdem sie sich ausgeweint und beruhigt hat. » Wir waren seit der Schule ein Paar. Wir haben zusammen studiert und angefangen zu arbeiten. Unsere Eltern spielen zusammen Bridge. Wir haben gespart für ein Haus, wir teilen uns einen Wagen, wir hatten einen Zehn-Jahres-Plan, der nächstes Jahr enden sollte– mit unserer Ver… Ver… Ver…«
» Verlobung?«, helfe ich.
» Wir haben einen Wellensittich«, sagt sie und weint noch heftiger. » Meine Mutter ist völlig aufgebracht. Ich habe sie gestern Abend angerufen, und sie hat einfach aufgelegt. Sie hat sich bereits ein Kleid für die Hochzeit gekauft…«
» Schsch«, sage ich und streichle ihre Schulter auf eine, wie ich hoffe, tröstende Art. Das ist etwas ganz anderes als meine Trennung. Ich habe zwar auch geweint, aber ich wusste, ich habe das Richtige getan. Ich denke, Peter wusste das auch. Tatsächlich war der Einzige, der ausflippte, sein Bruder Joe. Er kam vorbei, als ich gerade auszog, und nannte mich eine » dumme Schlampe«. Gott, das war ein schrecklicher Tag, mir wird heute noch übel, wenn ich daran denke. Meine Güte, ich muss mich auf Charlotte konzentrieren.
» Eine Trennung ist was Furchtbares«, bemerke ich.
Das war nicht besonders originell.
» Für mich ist es das erste Mal! Ich war ja immer nur mit Phil zusammen«, erwidert Charlotte.
» Hast du eine Freundin, bei der du unterkommen kannst? Oder Geschwister? Deine Eltern?«
Ich weiß nichts über sie, wird mir bewusst. Ich habe einfach nie gefragt.
» Meine Eltern– nein, das geht gar nicht. Aber ich habe einen Bruder in Stoke Newington«, sagt sie. » Postbezirk N16«, fügt sie erklärend hinzu.
Nachdem sie ihren Bruder angerufen, noch mehr Tränen vergossen, mit ihm abgesprochen, dass sie vorübergehend sein Gästezimmer haben kann und einen weiteren Kaffee getrunken hat, ist es nach neun Uhr.
» Ich fühle mich jetzt viel besser«, sagt sie. » Vielen Dank, Abigail.«
» Weißt du, ich habe mich im Juli von meinem Freund getrennt«, sage ich. » Wir waren sieben Jahre zusammen. Eine Trennung ist schlimm, wirklich furchtbar. Aber
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