Der letzte Single fangt den Mann
du wirst es überstehen. Ganz sicher.«
» Wirklich?«, entgegnet Charlotte und richtet ihre geröteten Augen auf mich.
» Ja«, sage ich und überlege, ob jetzt der richtige Zeitpunkt ist, ihr vorzuschlagen, ihre Wimpern zu färben. Wahrscheinlich nicht. » Ehrlich, Charlotte, von nun an wirst du dich Tag für Tag ein wenig besser fühlen und leichter… Du musst einfach gut auf dich achten und die nächsten paar Wochen überstehen.«
» Aber ich war noch nie Single!«, ruft sie mit Tränen in den Augen. » Ich habe keine Ahnung, wie man sich bei einem Date verhält! Nicht die geringste! Ich werde als eine dieser Frauen, die alleine in Bars herumhängen, enden! Verzweifelt!«
» Nein, das wirst du nicht«, widerspreche ich und ignoriere den Umstand, dass sie dasselbe denkt, was ich jahrelang dachte, und dass Plum und ich nun zu besagten Frauen gehören, die allein in Bars herumhängen. Aber wir sind nicht verzweifelt, denke ich entschieden. Nein. Nicht an das V-Wort denken. » Single sein macht Spaß«, sage ich. » Du kannst tun und lassen, was du willst und wann immer du willst. Du kannst früh ins Bett gehen oder die ganze Nacht aufbleiben…«
Charlotte sieht nicht beeindruckt aus.
» Du kannst ausgehen und flirten«, sage ich so enthusiastisch wie möglich. » Du kannst dich mit Männern verabreden. Ich zum Beispiel habe heute Abend ein Date.« Mit einem Mann namens Röhrenjeans. Ich meine, Mark. » Du kannst andere Männer küssen und so weiter, du weißt schon«, fahre ich fort. Das alles beeindruckt sie nicht sonderlich. Schätze, ich fange besser gar nicht erst von Sex an. » Es macht wirklich Spaß, Charlotte. Ehrlich. In ein paar Wochen wirst du dich selbst nicht wiedererkennen.«
Sie sieht mich ausdruckslos an und wischt sich eine letzte einsame Träne von der Wange.
» Denk an all die Sachen, die dich an ihm genervt haben«, sage ich und schlage eine neue Taktik ein. » Ist er vielleicht schlampig? Oder hat er einen schlechten Modegeschmack?« Mir wird bewusst, dass Charlotte einen schlechten Modegeschmack nicht einmal dann erkennen würde, wenn er ihr im Vorübereilen mit seinen Crocs auf den Fuß treten würde. » Säuft er? Ist er launisch? Ein miserabler Koch?«
» Oh, Phil stellt sich nicht an den Herd«, sagt sie. » Ich habe immer gekocht. Jeden Abend. Es gab meistens Hähnchen mit Pommes frites, weil er nichts anderes wollte. Ich habe einmal einen Sushi-Kurs gemacht, aber ich durfte nichts davon zu Hause auf den Tisch bringen. Phil hasst Fisch. Genau wie Seetang. Und Reis.«
Wow, denke ich insgeheim, was für ein Blödmann.
» Na bitte«, sage ich. » In Zukunft kannst du so oft Sushi machen und essen, wie du willst.«
Charlotte starrt ins Leere und lächelt. » Außerdem lässt er alles herumliegen. Er erwartet immer, dass ich hinter ihm herräume. Und er hat in letzter Zeit ganz schön zugenommen.« Charlotte ist jetzt in Fahrt. » Außerdem ist er der Meinung, seine Mutter sei die Größte. Und ich sollte immer an seinem Zeigefinger ziehen, wenn er furzen musste.«
Wie zum Teufel hast du das neun Jahre lang ausgehalten?, denke ich. Aber ich verkneife mir die Frage. Gerade ich sollte nicht über bequeme Gewohnheiten schimpfen.
» Nun, damit hast du in Zukunft nichts mehr zu tun«, sage ich fröhlich. » Okay, Charlotte, wenn du willst, kannst du dir gerne heute und morgen freinehmen.« Ich habe nicht die Berechtigung, ihr Urlaub zu geben. Was soll’s. » Und immer wenn du seinen Namen erwähnst, tu so, als würdest du über deine Schulter spucken. Das hat einen sehr kathartischen Effekt.«
» Danke«, sagt sie aufrichtig, auch wenn sie etwas verblüfft wirkt über meinen letzten Vorschlag.
Als wir das Café verlassen und Charlotte sich in Richtung U-Bahn wendet, halte ich sie auf und nehme sie richtig in den Arm.
» Du kommst schon klar«, sage ich. » Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn du Hilfe brauchst.«
» Danke, Abigail«, erwidert sie. » Ich hätte nie gedacht, dass ich mich so gut fühlen könnte, nachdem ich verlassen wurde!«
Ich gehe zurück ins Büro, während ich meinen Sicherheitsausweis an seinem Clip kreisen lasse und in mich hineinlächle. Wie bin ich zur Motivationstrainerin für Singlefrauen geworden? Es ist wirklich schön, jemanden trösten zu können und das Gefühl zu haben, ein bisschen geholfen zu haben, was für mich ziemlich neu ist. Wissen Sie, ich glaube, ich habe Charlotte die ganze Zeit falsch eingeschätzt. Sie ist überhaupt nicht
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