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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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daß der Knoten intakt geblieben ist. Er trägt besondere Merkmale.«
      »Er ist sehr sauber geknüpft. Ich habe bereits eine Anmerkung zu diesem Umstand niedergeschrieben«, sagte Lestrade selbstzufrieden.
      »Soviel also über den Knoten«, sagte Holmes lächelnd. »Und nun zum Packpapier. Braunes Papier mit einem sehr deutlichen Geruch nach Kaffee. Wie, das haben Sie noch nicht festgestellt? Ich denke, da gibt es keinen Zweifel. Adresse in ziemlich unordentlichen Schriftzeichen: ›Miss S. Cushing, Cross Street, Croydon‹. Mit einer breiten Feder geschrieben – und mit sehr billiger Tinte. Das Wort Croydon war ursprünglich mit i geschrieben und ist dann durch ein y verbessert worden. Das Paket wurde also von einem Mann aufgegeben – die Schrift ist betont männlich –, der über eine beschränkte Bildung verfügt und den Ort Croydon nicht kennt. So weit, so gut. Der Karton ist gelb, ein Halbpfund-Karton für mit Melasse gesüßten Tabak, ohne besondere Merkmale, ausgenommen die zwei Daumenabdrücke an der unteren linken Ecke. Er ist mit grobkörnigem Salz angefüllt, von der Sorte, die man zur Konservierung von Häuten und anderen gröberen Erzeugnissen nimmt. Und eingebettet in das Salz sind diese äußerst einmaligen Beilagen.«
      Er nahm die zwei Ohren heraus, indem er das sagte, legte sich ein Brett über die Knie und untersuchte sie genauestens, während Lestrade und ich, rechts und links von ihm, uns vorbeugten und abwechselnd diese schrecklichen Körperteile und das nachdenkliche, eifrige Gesicht unseres Gefährten betrachteten. Schließlich legte er sie wieder in den Karton und saß eine ganze Weile in Gedanken versunken da.
      »Sicherlich ist Ihnen aufgefallen«, sagte er endlich, »daß diese Ohren kein Paar sind.«
      »Ja, das habe ich schon festgestellt. Aber wenn das der üble Scherz einiger Studenten aus dem Sektionsraum ist, für sie wäre es leicht, zwei nichtzusammengehörende Ohren zu besorgen.«
      »So ist es. Aber es geht hier nicht um einen groben Scherz.«
      »Sind Sie da sicher?«
      »Die Wahrscheinlichkeit steht stark dagegen. Körper in der Anatomie werden mit einer konservierenden Flüssigkeit behandelt. An diesen Ohren deutet nichts auf eine solche Behandlung hin. Sie sind sozusagen frisch. Sie wurden mit einem stumpfen Instrument abgeschnitten, ein Umstand, der kaum auf Studenten deutet. Noch einmal: Karbol oder gereinigter Spiritus wären die Konservierungsmittel, die auf einen Mediziner schließen ließen, keinesfalls grobkörniges Salz. Ich wiederhole, hier ist kein übler Streich gespielt worden, sondern wir untersuchen ein ernsthaftes Verbrechen.«
      Ein Schauer überrieselte mich bei den Worten meines Gefährten, und ich sah den strengen Ernst, der seine Züge hatte hart werden lassen. Dieses brutale Vorspiel schien mir der vorausgeworfene Schatten von etwas Seltsamem und un aussprechlich Schrecklichem im Hintergrund. Dennoch schüttelte Lestrade den Kopf wie jemand, der nur halb überzeugt ist.
      »Ohne Zweifel gibt es Einwände gegen die Annahme, daß es sich um einen Scherz handelt«, sagte er. »Aber viel stärkere Gründe sprechen gegen die andere Theorie. Wir wissen, daß diese Frau in den letzten zwanzig Jahren ein äußerst ruhiges und ehrbares Leben in Penge und hier geführt hat. Während all der Zeit war sie kaum einen Tag lang außer Haus. Warum also, um alles in der Welt, sollte ihr irgendein Verbrecher den Beweis seiner Schuld zuschicken, besonders da sie – es sei denn, sie ist eine vollendete Schauspielerin – die Sache genausowenig versteht wie wir.«
      »Das ist das Problem, das wir lösen müssen«, antwortete Holmes, »und was mich angeht: Ich setze voraus, daß meine Schlußfolgerung richtig ist und daß wir es mit einem Doppelmord zu tun haben. Eins der Ohren stammt von einer Frau, klein, schöngeformt und mit einem Durchstich für Ohrringe versehen. Das andere gehört zu einem Mann, sonnenverbrannt, verfärbt und auch für einen Ohrring durchstochen. Die beiden Leute sind anscheinend tot, oder wir hätten von ihrem Schicksal schon erfahren. Heute haben wir Freitag. Das Paket wurde am Donnerstagmorgen aufgegeben. Die Tragödie müßte sich also am Mittwoch, am Dienstag oder früher ereignet haben. Wenn diese beiden Personen ermordet wurden, wer anders als ihr Mörder hätte das Zeichen seiner Arbeit an Miss Cushing verschickt? Nehmen wir einmal an, daß der Absender des Pakets der Mörder ist, den wir suchen. Er müßte

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