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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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amerikanischen Agentur Pinkerton.«
      »Der Held der mysteriösen Vorgänge bei der Höhle von Long Island?« sagte Holmes. »Ich bin erfreut, Sir, Sie kennenzulernen.«
      Der Amerikaner, ein ruhiger, sachlich aussehender junger Mann mit glattrasiertem, scharfge schnittenem Gesicht, errötete bei den lobenden Worten. »Ich bin auf der Spur meines Lebens, Mr. Holmes«, sagte er. »Wenn ich Gorgiano kriege…«
      »Was! Gorgiano vom Roten Kreis?«
      »Oh, sein Ruf reicht tatsächlich bis Europa? Nun, wir Amerikaner haben ihn durch und durch kennengelernt. Wir wissen, er steht hinter fünfzig Morden, und doch besitzen wir keine handfesten Gründe, ihn zu verhaften. Ich bin ihm von New York an auf der Spur, und eine ganze Woche war ich in London dicht hinter ihm und habe darauf gewartet, ihn unter irgendeinem Vorwand beim Kragen packen zu können. Mr. Gregson und ich sind ihm bis zu diesem großen Mietshaus gefolgt. Hier gibt es nur eine Tür, so daß er uns nicht entwischen kann. Bis jetzt sind drei Personen herausgekommen, aber ich schwöre, er war nicht darunter.«
      »Mr. Holmes sprach von Signalen«, sagte Gregson. »Wahrscheinlich weiß er, wie gewöhnlich, ein gut Teil mehr als wir.«
      Mit wenigen Worten erklärte Holmes die Lage, wie sie sich uns darbot. Der Amerikaner schlug verdrießlich die Hände zusammen.
      »Er hat uns übertölpelt!« rief er.
      »Warum glauben Sie das?«
      »Nun, es sieht doch ganz so aus, oder nicht? Er hockt da oben und sendet einem Komplizen Botschaften – mehrere Mitglieder seiner Gang sind in London. Dann plötzlich, als er, wie Sie gesagt haben, anfängt, ihnen mitzuteilen, daß Gefahr droht, bricht er unvermittelt ab. Was für einen anderen Grund könnte es dafür geben, als daß er plötzlich von seinem Fenster aus uns auf der Straße hier gesehen, daß er jedenfalls irgendwie begriffen hat, wie nah die Gefahr ist, und daß er augenblicklich handeln muß, wenn er ihr entgehen will? Was meinen Sie, Mr. Holmes?«
      »Daß wir sofort hinaufgehen und uns mit eigenen Augen überzeugen sollten.«
      »Aber wir haben keinen Haftbefehl.«
      »Er treibt sich unter verdächtigen Umständen in einer leerstehenden Wohnung herum«, sagte Gregson. »Das reicht für den Moment. Wenn wir ihn haben, werden wir sehen, ob New York uns helfen kann, ihn in Haft zu behalten. Ich nehme die Verantwortung für eine Verhaftung auf mich.«
      Bei unseren Polizeidetektiven mag es manchmal in Fragen der Intelligenz hapern, aber wenn es um Mut geht, enttäuschen sie nie. Gregson erklomm die Treppe, um diesen verwegenen Mörder zu verhaften, mit der gleichen absoluten Ruhe und Sachlichkeit, mit der er die Stufen von Scotland Yard erstieg. Der Mann von Pinkerton hatte versucht, sich an ihm vorbeizuschieben, doch Gregson hatte ihn mit dem Ellenbogen fest zurückgeschoben. Die Gefahren Londons waren das Privileg der Londoner Polizei.
      Die Tür der links gelegenen Wohnung im dritten Stock war angelehnt. Gregson drückte sie auf. Drinnen herrschten tiefe Stille und Dunkelheit. Ich nahm ein Streichholz und zündete die Laterne des Detektivs an. Als aus dem Flämmchen eine stetig brennende Flamme geworden war, entfuhr uns allen ein Schrei der Überraschung. Im Korridor lag kein Teppich, und auf den nackten Dielen sahen wir deutlich eine frische Blutspur. Rote Fußtapfen liefen auf uns zu. Sie kamen aus einem hinteren Zimmer, dessen Tür geschlossen war. Gregson stieß sie auf und hielt die hellbrennende Laterne vor sich, während wir ihm alle eifrig über die Schulter spähten.
      Mitten in dem leeren Zimmer lag zusammengekrümmt die Gestalt eines riesigen Mannes; er lag in einem großen nassen Kreis auf den weißen Dielen. Sein glattrasiertes, dunkles Gesicht war entsetzenerregend grotesk verzerrt, den Kopf umgab ein gräßlicher Hof von Blut; die Knie waren angezogen, die Arme im Todeskampf ausgebreitet, und aus dem dicken, braunen Hals ragte der weiße Schaft eines Messers, dessen Klinge bis ans Heft in der Kehle stak. Riesig, wie er war, mußte der Mann wie ein vor den Kopf geschlagener Ochse unter einem schrecklichen Hieb zu Boden gegangen sein. Neben seiner rechten Hand lag ein gefährlicher zweischneidiger Dolch mit Horngriff und nahebei ein schwarzer Kinderhandschuh.
      »Lieber Himmel! Es ist Black Gorgiano!« rief der amerikanische Detektiv. »Diesmal ist uns jemand zuvorgekommen.«
      »Da im Fenster steht die Kerze, Mr. Holmes«, sagte Gregson. »Aber was

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