Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
daß Gorgiano ihm auf den Fersen war, und er hatte sich Gott sei Dank darauf vorbereitet. Und nun, Gentlemen, möchte ich Sie fragen, ob wir vom Gesetz etwas zu befürchten haben, ob irgendein Richter in dieser Welt meinen Gennaro für das, was er getan hat, verurteilen würde?«
      »Nun, Mr. Gregson«, sagte der Amerikaner und sah den Mann von Scotland Yard an, »ich weiß nicht, wie sich die Angelegenheit vom britischen Standpunkt aus darstellt, in New York, schätze ich, wird der Gatte dieser Dame auf allgemeinen Dank stoßen.«
      »Sie muß mit mir kommen, und ich stelle sie dem Chef vor«, antwortete Gregson. »Wenn das, was sie sagt, sich als wahr erweist, dürften weder sie noch ihr Mann viel zu fürchten haben. Aber was mir nicht in den Kopf will, Mr. Holmes, ist, wie um alles in der Welt Sie in diese Sache verwikkelt wurden?«
      »Bildung, Gregson, Bildung. Suche immer noch Wissen auf der alten Universität. Nun, Watson, haben Sie ein weiteres Beispiel für die Mischung von Tragischem und Groteskem, das Sie Ihrer Sammlung einverleiben können. Übrigens ist es noch nicht acht Uhr, und am Convent Garden wird eine Wagner-Oper aufgeführt. Wenn wir uns beei

    len, könnten wir noch zum zweiten Akt zurechtkommen.«

    Die Bruce-Partington-Pläne

    In der dritten Novemberwoche des Jahres 1895 lagerte dichter gelber Nebel über London. Ich zweifle, ob es in der Zeit zwischen Montag und Donnerstag überhaupt möglich war, aus unseren Fenstern in der Baker Street die Umrisse der gegenüberliegenden Häuser zu erkennen. Den ersten Tag hatte Holmes mit Vergleichsarbeiten an seinem großen Nachschlagewerk verbracht. Der zweite und dritte Tag wurden geduldig einem Gegenstand gewidmet, den er unlängst unter seine Hobbys aufgenommen hatte – der mittelalterlichen Musik. Aber dann, am vierten Tag, wir hatten unsere Stühle vom Frühstückstisch zurückgeschoben und sahen, daß draußen noch immer die schmierigen, schweren braunen Wirbel trieben und sich an den Scheiben in öligen Tropfen niederschlugen, konnte die ungeduldige, aktive Natur meines Freundes das gelblich-graue Dasein nicht länger ertragen. Rastlos durchmaß er das Wohnzimmer, fiebrig vor unterdrückter Energie, kaute Nägel, klopfte gegen die Möbel, wütete gegen die Tatenlosigkeit.
      »Nichts Interessantes in der Zeitung, Watson?« fragte er.
      Ich war mir bewußt, daß Holmes, wenn er nach Interessantem fragte, etwas kriminalistisch Interessantes meinte. Es gab Meldungen über eine Re volution, über einen möglicherweise bevorstehenden Krieg und über einen drohenden Regierungswechsel; aber solche Neuigkeiten lagen außerhalb des Horizonts meines Gefährten. An Verbrechensähnlichem fand ich unter den Berichten nichts, das nicht alltäglich und nichtig gewesen wäre. Holmes seufzte und nahm die rastlose Zimmerwanderung wieder auf.
      »Der Londoner Verbrecher ist ein wahrhaft stumpfsinniger Bursche«, sagte er in dem streitsüchtigen Ton eines Sportsmannes, der sein Spiel verliert. »Schauen Sie aus dem Fenster, Watson. Sehen Sie, die Gestalten werden kaum erkennbar und tauchen gleich wieder in dem düsteren Nebel unter. Diebe und Mörder können an solchen Tagen London durchstreifen wie Tiger den Dschungel, unbemerkt schlägt die Klaue zu, die Tat wird erst am Opfer offenkundig.«
      »Es hat», sagte ich, »eine Reihe armseliger Einbrüche gegeben.«
      Holmes schnaubte verächtlich.
      »Diese weite dunkle Bühne ist größerer Dinge würdig. Es ist ein Glück für das Gemeinwesen, daß ich kein Verbrecher bin.«
      »In der Tat, das stimmt«, sagte ich aufrichtig.
      »Angenommen, ich wäre Brooks oder Woodhouse oder einer der fünfzig Männer, die mir mit gutem Grund nach dem Leben trachten; wie lange könnte ich eine Verfolgung nach meiner Art überleben? Eine Vorladung, eine fingierte Verabredung, und es wäre aus. Es ist gut, daß sie in den lateinischen Ländern keine Nebeltage haben – den Ländern des Meuchelmords. Beim Jupiter! Da kommt doch noch einer, unsere tödliche Monotonie zu unterbrechen.«
      Es war das Mädchen mit einem Telegramm. Holmes riß es auf und fing laut zu lachen an.
      »Gut, gut! Was denn noch?« sagte er. »Bruder Mycroft kommt vorbei.«
      »Warum nicht?« fragte ich.
      »Warum nicht? Das ist ein Ereignis, als begegnete Ihnen ein Straßenbahnwagen auf der Landstraße. Mycroft läuft in seinen eigenen Gleisen. Seine Wohnung in der Pall Mall, der Diogenes Club, Whitehall – das ist

Weitere Kostenlose Bücher