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Der Letzte Tag Der Schoepfung

Der Letzte Tag Der Schoepfung

Titel: Der Letzte Tag Der Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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war, aber so sehr er sich auch bemühte, er konnte in der wachsenden Dunkelheit ihr Gesicht nicht mehr erkennen. Und im Hintergrund wurde ein prasselndes Geräusch, das er schon geraume Zeit vernommen hatte und dessen Ursprung er sich nicht erklären konnte, immer lauter und durchdringender.
    Es dauerte einen Moment, bis Steve sich zurechtfand und das Licht einschalten konnte. Die Luft in dem kleinen Raum war stickig und heiß. Er hatte, bevor er zu Bett ging, die Klimaanlage ausgeschaltet, weil er von dem kalten Luftzug regelmäßig Halsschmerzen bekam.
    Das durchdringende prasselnde Geräusch, das seinen Traum begleitet hatte, hielt an. Es regnete. Steve öffnete die Tür. Ein dichter Tropenregen, eine Kaskade wie von Millionen winziger, silbern glitzernder Fischleiber rauschte herab und trommelte auf die großblättrigen Stauden, die vor dem Bungalow den Gehweg säumten und sich unter der Wucht des Aufpralls wie in Schmerzen wanden. Dicht an der Hauswand hatte ein Trupp großer dunkler Kröten Schutz gesucht. Sie sahen aus wie faustgroße schwarze Steine, nur ihre starren Augen glitzerten aufmerksam. Weit draußen über dem Meer zuckte tiefrotes Wetterleuchten in aufreißendem Wolkengedärm wie Magma.
    Blitzartig wurde Steve die Tragweite der Entscheidung klar, die er getroffen hatte, und ein Gefühl der Beklommenheit schnürte ihm einige Augenblicke lang die Brust, als stünde der Maskenmann noch hinter ihm und hielte ihn fest. Er atmete tief die frische, nässeschwangere Nachtluft, bis sich der Druck löste.
    Bevor er wieder einschlief, fiel ihm ein, dass ihn alle Lilien, die ihm im Traum begegnet waren, mit Lucys Augen angeblickt hatten.

Unternehmen Westsenke
    Als sie am nächsten Morgen zum Tagungszentrum gingen, hatte die Sonne die Nässe des nächtlichen Regens fast aufgesogen, die Wege waren trocken, und nur da und dort funkelten noch Tropfen im Gras, in Blüten und an den Stauden. Die Luft war hell und erfrischend und schwer von Blütenduft.
    Im Sitzungssaal derselbe Aufzug, derselbe Haufen, dieselbe Sitzordnung bei den Offiziellen. Admiral Francis erkletterte das Pult unter der riesigen Projektionswand, präsentierte sich zwischen Sternenbanner und NASA-Flagge und hielt triumphierend einen kleinen Stapel Teilnehmerkärtchen in die Höhe.
    »Ich habe nichts anderes erwartet, meine Damen und Herren«, verkündete er strahlend. »Ich danke Ihnen. Nur achtzehn unserer Gäste konnten sich nicht dazu entschließen an unserem Projekt mitzuarbeiten. Ich nehme an, dass sie für die Ablehnung ihre Gründe haben, und ich habe versprochen, diese Gründe zu respektieren und nicht nach ihnen zu fragen. Es handelt sich dabei um folgende Personen …« Er begann die Namen auf den abgelieferten Plastikkärtchen vorzulesen und machte nach jedem eine bedeutungsvolle Pause, als versähe er sie mit einem unauslöschlichen Makel.
    Steve fand den Stil billig. Es waren sechzehn Männer und zwei Frauen, die sich nicht freiwillig gemeldet und ihre »Tagungsausweise« zurückgegeben hatten.
    »Ich mache Sie darauf aufmerksam, meine Damen und Herren«, fuhr der Admiral fort, »dass Sie ab sofort der strengsten Geheimhaltungspflicht unterliegen und die damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen auf Sie angewendet werden. Die Informationen, die Sie nun erhalten werden, sind nicht für Außenstehende bestimmt, und ich versichere Ihnen, meine Damen und Herren, dass wir alle - ich wiederhole - alle Maßnahmen ergreifen werden um zu verhindern, dass diese Informationen an Außenstehende gelangen.«
    Er reckte das Kinn und ließ seinen Blick forschend über die Anwesenden wandern, als gälte es, den letzten feindlichen Agenten zu enttarnen und auf der Stelle niederzustrecken. Die Spannung im Saal stieg.
    »Sie, meine Damen und Herren, werden die Vorhut eines großartigen Unternehmens bilden, das den Fortbestand der westlichen Welt und das Wohlergehen aller unserer verbündeten Nationen garantieren wird. Ihre Aufgabe wird es sein … äh … rechtzeitig die Weichen zu stellen für eine Zukunft, wie wir sie uns wünschen. Zu Ihnen wird nun Commander Walton sprechen, der Ihnen die technischen Einzelheiten erörtern wird. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.«
    Steve erkannte den jungen Offizier in voller Montur im ersten Moment nicht, der nun ans Rednerpult trat und sich über die Mikrofone beugte. Erst als er die Stimme hörte, wurde ihm klar, dass es sich um den unsympathischen Typen handelte, der ihn in Miami in der Ankunftshalle

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