Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Letzte Tag Der Schoepfung

Der Letzte Tag Der Schoepfung

Titel: Der Letzte Tag Der Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
Vom Netzwerk:
worden. Vor allem Frauen und Kinder. Es gibt inzwischen eine prächtig florierende Kolonie dort. Ihre Bewohner nennen sie euphemistisch ›Atlantis‹ nach dem sagenhaften Kontinent. Es sind jetzt schon mehr als 4000 Personen, die auf eine Rückkehr in die Zukunft warten.«
    »Dann stimmt es also, dass es keine Rückkehr in die Zukunft gibt«, sagte Jerome.
    »Ich würde das nicht so kategorisch behaupten«, sagte der Kommandant, zog eine Schublade an seinem Schreibtisch auf, warf einen prüfenden Blick hinein und schob sie wieder zu. Er nickte. »Ruiz und Murchinson haben Sie rausgeholt, nicht wahr?«
    »Rausgeholt ist gut«, sagte Jerome. »Sie haben uns ein paar Tipps gegeben, das ist alles.«
    »Sie dürfen den Hubschrauber unter keinen Umständen gefährden. Es ist unser letzter. Und wir haben ihn nur deshalb, weil ihn der gute alte Harry immer wieder zusammenflickt. Wenn er abgeschossen würde, könnten wir für unsere Leute, die ahnungslos vom Himmel fallen, nur noch verdammt wenig tun. Aber sie hätten Ihnen diese Information nicht geben dürfen. Der Schock ist zu groß. Wir hatten ein paar tragische Fälle, bei denen die Neuankömmlinge durchdrehten, den Sender einschalteten und sich in wüsten Beschimpfungen Luft machten. Der Rest ist dann eine Sache von Minuten. Entweder eine Atomgranate, ein Marschflugkörper mit Nuklearsprengkopf, oder drüben in Afrika steigt eine MIG auf, die sie sehr schnell ins Jenseits befördert.«
    »Wer sind eigentlich unsere Gegner?«, fragte Steve. »Sind es Araber oder Sowjets?«
    »Ein bunter Haufen. Hauptsächlich Söldner, Franzosen, Italiener, Deutsche, ein paar so genannte Militärberater aus dem Ostblock, alle ursprünglich im Dienst der Scheichs, führen aber längst Krieg auf eigene Faust, treiben Handel, auch mit Sklaven. Wir nennen sie Händlersöldner, üble Typen darunter, denen ein Menschenleben nichts wert ist, aber trotzdem sind die die harmloseren Zeitgenossen. Einige arbeiten mit uns zusammen, um sich eine Überfahrt nach Atlantis zu erkaufen. Die Schlimmeren sind die Fanatiker, vor allem die Islamis. Die kommen hier als Kamikazeflieger an. Die Sowjets verkaufen den Scheichs ihre alten MIG 25 und erklären sich bereit, sie samt Piloten, nach deren Ausbildung in der UdSSR, mit ihren Chronotronen in die Vergangenheit zu expedieren - gegen die entsprechenden Barrel Rohöl, versteht sich. Die Burschen hängen fünfzig Stunden lang mutterseelenallein unter der Kiew oder unter einem anderen als Hubschrauberträger getarnten Chronotron, sind in Panik und lechzen nach Blut. Dann werden sie mit Treibstoff für vier bis fünf Stunden voll gepackt und mit Raketen und Tatendrang ausgeklinkt. Die sausen hier in der Senke herum wie Hornissen und schießen auf alles, was sich bewegt, nicht selten auf ihre eigenen Landsleute, bis sie sich durch gutes Zureden dazu bewegen lassen, sich die Landeplätze auf dem afrikanischen Plateau wenigstens anzusehen, bevor sie wegen Treibstoffmangel abstürzen und sich todesmutig auf eine vermeintliche Pipeline werfen. Inzwischen haben sie ein gutes Dutzend Maschinen drüben in den Hangars, aber es werden dank unserer Abwehr immer weniger, und sie steigen immer seltener auf. Scheinen auch ihre Nachschubprobleme zu haben. Sie sitzen auf dem Öl und haben Treibstoffmangel. Es läuft bei denen auch nicht so, wie sie sich das vorgestellt haben.«
    »Aber wie war diese Niederlage möglich?«, fragte Jerome.
    »Niederlage? In der Tat. Aber in einem anderen Sinn«, meinte der Kommandant. »Nun, Major Bannister, ich habe sehr viel Zeit gehabt darüber nachzugrübeln. Sie kommen frisch aus der Zukunft und denken in dieser Hinsicht in ganz anderen Kategorien. Ich bin schon zu lange hier, um mich noch in solche Dinge hineinfinden zu können. Ich habe zu viel gesehen. Ich würde es so sagen: Der Glaube an den Dollar und die unbegrenzte Machbarkeit des Möglichen ist ebenso ein Hirngespinst wie die Hohlwelttheorie. Wer vom Zinsfuß von gestern auf die Zukunft spekulieren will, ist um kein Haar besser als der Spinner, der von schief getretenen Absätzen und abgelatschten Schuhspitzen auf einen Weltinnenraum schließen will. Wer glaubt, dass sich die Wirklichkeit seinen Ideen anpassen muss, der scheitert. Entweder er geht kaputt oder die Wirklichkeit - oder beide.«
    Eine Frau etwa Mitte vierzig in einem einfachen Kleid mit bunten Stickereien kam herein mit einem Holztablett und drei Gläsern, in denen schmale, hübsch geschnitzte Holzlöffel steckten, an

Weitere Kostenlose Bücher