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Der Letzte Tag Der Schoepfung

Der Letzte Tag Der Schoepfung

Titel: Der Letzte Tag Der Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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Doch dann merkte er, dass sein Schrei ungehört verhallte, das salzige Wasser alle Glut erstickte, und ringsum alles Feuer erstarb.
    Kurz vor dem Morgengrauen waren Rufe zu hören. Steve wachte auf und blickte aufs Wasser hinaus, sah in unregelmäßigen Abständen ein Licht blinken. Harald antwortete, indem er das Licht einer Laterne mit seinem breitkrempigen Lederhut kurzzeitig verhängte und wieder freigab. Steve buchstabierte mit. Es war ein Code. Harald stülpte den Hut, der ihm das verwegene Flair eines betagten Räuberhauptmanns verlieh, wieder auf den Kopf und sagte: »Ich habe ihnen durchgegeben, dass die Luft rein ist.« Steve bemerkte, dass die Männer ausgeschwärmt waren und die vorgesehene Anlegestelle gegen Land hin sicherten.
    Es wurde allmählich heller, aber so sehr Steve seine Augen auch anstrengte, er konnte auf dem Wasser kein Schiff entdecken, obwohl er ganz deutlich von See her in einiger Entfernung das Meckern von Ziegen hören konnte. Dann - plötzlich, wie in einem Vexierbild - sprang ihm die Kontur des Fahrzeugs ins Auge, das sich im Dunst abzuheben begann. Es war nicht verwunderlich, dass er es nicht früher hatte ausmachen können, denn Bordwand und Aufbauten, Rah und Mast waren mit dunkelblauer, fast schwarzer Farbe gestrichen, und auch das Segel hatte man mit Indigo schwarzblau gefärbt. Er hatte noch nie einen so tristen Kahn gesehen, ein flacher plumper Segler von nur geringem Tiefgang mit einem primitiven Lateinsegel an einem kurzen Mast. Das Segel wurde eben gerefft und die Rah niedergeholt; langsam glitt das Schiff aufs Ufer zu. Rufe gingen hin und her.
    Es ist das Gefährt über den Acheron, sagte sich Steve. Warum haben sie es so scheußlich dunkel gestrichen?
    »Schön ist es zwar nicht«, sagte Harald, als hätte er die stumme Frage gehört, »aber ungeheuer praktisch. Es ist auch bei Tag aus der Luft nicht auszumachen, selbst mit Radar nicht, weil es ganz aus Holz ist. Die Scheichs haben uns schon zwei davon zerschossen. Wir haben daraus gelernt.« Er nickte grimmig. »Ja, es ist hässlich«, räumte er dann ein. »Aber hast du eine Ahnung, wie viele Leute von der Navy etwas von Schiffbau verstehen? Ich hab es auch nicht für möglich gehalten. Niemand! Ein paar Zimmerleute, die eigentlich Baracken aufschlagen sollten, haben das Ding zusammengenagelt. Und wir lassen es uns nicht mehr kaputtmachen. Deshalb die Tarnfarbe.«
    Taue wurden ans Ufer geworfen und an Bäumen vertäut, Planken über die Bordwand geschoben. Die Besatzung war in dunkle Burnusse gekleidet, trug Kopftücher und Turbane in Schwarz und Dunkelblau. Fracht und Passagiere waren unter einem schwarzen Sonnensegel verborgen.
    »Sie macht regelmäßig ihre Tour und legt so ziemlich genau alle neunzig Tage hier an. Verbindet uns mit den Stützpunkten in Spanien, von denen wir Lebensmittel und vor allem Schlachtvieh beziehen. Sonst müssten wir es durch die Sümpfe des Rhône-Deltas treiben. Bringt auch die Leute mit, die von Atlantis kommen, und nimmt die mit, die hinüberwollen, im Herbst.«
    Benzinfässer rollten polternd über die Planken; etwa zwei Dutzend gezähmte Wildziegen wurden einzeln von Bord gezerrt und wieder zusammengebunden, Körbe mit gepressten Datteln und Bündel getrockneter Fische ans Ufer geschleppt; Wassersäcke, die am Abend vorher am Bach frisch gefüllt worden waren, an Bord getragen, um das Schiff für seine lange Reise über die tausend Kilometer bis zur Mündung des Almanzora auszurüsten. Bei widrigen Winden brauchte die Barke bis zu fünfunddreißig Tage für die Entfernung, einen Monat unter einem gnadenlosen Himmel, gegen den meist aus West wehenden Wind kreuzend und gegen die Strömung des durch die Straße von Gibraltar hereinschießenden Wassers ankämpfend, die südlich der Balearen allmählich spürbar und immer stärker wurde, je weiter man nach Westen vordrang.
    Ein paar finstere Gestalten gingen von Bord, ehemalige Söldner. Sie hatten im Rhône-Tal gejagt und trugen Packen mit Boisei-Fellen auf den Schultern. Die anwesenden Knirpse witterten die Häute und wurden unruhig.
    »Die würde ich lieber hier unten lassen«, rief Harald ihnen zu und deutete auf die Felle. »Wenn einer von Moses Söhnen auf dem Markt ist, dann könnt ihr ganz schön Ärger kriegen. Und er ist der einzige, der euch Reit-und Packtiere verkaufen kann. Also seid vernünftig.«
    Die drei Jäger tauschten unschlüssige Blicke, dann warfen sie ihre Fellbündel auf den Boden.
    »Könnt ihr uns keine Tiere

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