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Der Letzte Tag Der Schoepfung

Der Letzte Tag Der Schoepfung

Titel: Der Letzte Tag Der Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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Fehlern lernt man, hat er gesagt und ist wieder losgezogen. Und eines Tages hatte er es geschafft. Er wurde von Goodlucks Vater, wir nannten ihn Lazarus, in den Clan aufgenommen.«
    »Wenn man von Vater sprechen kann«, warf Elmer ein. »Die pflegen ihre Weibchen reihum zu befriedigen.«
    »Und dabei war die Reihe auch an Salomon. Der Häuptling bestand darauf, auch wenn er dem Weibchen erst gut zureden musste. Und Richard musste wohl oder übel, sonst wäre die Arbeit von Monaten umsonst gewesen.«
    Jerome bog sich vor Lachen.
    Steve versuchte vergeblich, sich das immer etwas traurige Gesicht Singers mit der sorgenvoll gerunzelten Stirn vorzustellen, das über die pelzige Schulter eines Affenmenschen-Weibchens blickt, während er aus sozusagen rein wissenschaftlichem Interesse eine Kopulation vollzieht.
    »Und irgendwie scheint er dabei auf den Urquell der Lust gestoßen zu sein, denn er konnte nicht mehr von den sanftäugigen Geschöpfen lassen, mit ihren eisenharten Muskeln unter seidenweichem Fell. Die Weibchen waren übrigens auch begeistert, ganz scharf waren sie auf ihn, saßen nächtelang winselnd auf der Schwelle der Schlafbaracke und griffen jedem zwischen die Beine, der zum Pinkeln wollte. Die Männer hatten natürlich auch nichts dagegen. Da waren oft Orgien im Gange, Junge, Junge«, kicherte Harald. »Die Krieger hatten natürlich einiges dagegen, und es gab gelegentlich Reibereien. Die Weibchen liefen öfters mit blutigen Nasen herum. Aber Salomon hatte den Häuptling fest in der Hand. Der alte haarige Teufel hatte bald heraus, dass es bei uns einiges zu erben gab an Know-how, regelmäßigen Mahlzeiten, Ausrüstung, Bewaffnung und so weiter, was ihm eine himmelhohe Überlegenheit über die anderen Clans zwischen dem Atlas und den Sümpfen des Rhône-Deltas verschaffte. Er hätte eher eigenhändig einem von seinen Söhnen den Kopf abgeschlagen als Salomon einen Wunsch. Salomon steckte die jungen Männer des Stamms, die der alte Lazarus abkommandiert und seinem Befehl unterstellt hatte, in Khakishorts und drillte sie wie auf dem Kasernenhof. ›Erectus! Erectus!‹, brüllte er und gerbte ihnen mit einem Rohrstock das Fell, dass es staubte, wenn sie sich auf alle viere niederließen und das Gewehr achtlos nachschleiften, ›ihr wollt Vertreter des Pitecanthropus erectus sein und lauft auf allen vieren?‹ Und bald hatten die Burschen kapiert, um was es ging. Sie sind ja unglaublich intelligent und ahmen jede Bewegung nach, die man macht, auch solche, die sie besser nicht lernen würden, und mit ihren Sinnen sind sie geradezu ideal geeignet, die Gegend zu überwachen. Sie sind unsichtbar und allgegenwärtig, und wenn drüben in Afrika ein Scheich auch nur hustet, haben sie ihn schon im Zielfernrohr. Daran sind diese Ölknechte aber auch selber schuld. Sie haben am Anfang in ihrer Blödheit regelrechte Treibjagden auf die Knirpse veranstaltet und sie mit Brandbomben aus ihren angestammten Jagdgebieten vertrieben, bis an den Schädelbäumen immer mehr braune und weiße Köpfe auftauchten. Am Anfang war es unsere Hauptaufgabe, den Knirpsen klarzumachen, dass zwischen denen da drüben und uns ein etwa ebenso herzliches Einvernehmen besteht wie zwischen ihnen und den Boisei. Dass die drüben die Schlechten waren, hatten die selbst bewiesen. Wir gaben uns alle Mühe, die Guten zu sein. Aber eines Tages gab es so eine Art Palastrevolution. Der alte Lazarus hatte eine recht hässliche Schusswunde im Bauch und lag im Sterben, und Goodluck führte plötzlich das Kommando über den Stamm. Und irgendeiner muss geglaubt haben, ungestraft bei Salomon eine alte Rechnung begleichen zu können. Wahrscheinlich war er eifersüchtig auf ihn, weil sein Lieblingsweibchen zu oft um die Schlafbaracke herumstrich und seine Liebesdienste verschmähte. Er hatte Salomon bei dem Durcheinander die Kehle durchgebissen. Nun wollte unser altes Arschloch, unser Sechs-Sterne-Walton, es genau wissen.«
    »Was? Captain Walton ist auch hier?«, fragte Steve erstaunt.
    »War hier. Ist nicht mehr. Gott sei Dank. War eine schlimme Zeit, solange der Kommandant war«, sagte Harald. »Der machte genau zu dem Zeitpunkt, da das Verhältnis zu den Eingeborenen am gespanntesten war, aus der Geschichte einen Fall für die Militärgerichtsbarkeit, ließ das Kerlchen verhaften, das Salomon getötet hatte, und vor ein Kriegsgericht stellen. Der Junge gab seine Tat unumwunden und ahnungslos zu, denn für ihn war das nichts anderes als ein Zweikampf gewesen,

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