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Der Letzte Tag Der Schoepfung

Der Letzte Tag Der Schoepfung

Titel: Der Letzte Tag Der Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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Sie in Sicherheit.« Er half ihr ins Cockpit, verriegelte die Tür und kletterte auf den Pilotensitz. Als er den Motor anwarf, sah er, dass das Funkgerät noch eingeschaltet war. Er hörte Jeromes Stimme. Dieser hatte zusammen mit Leonard weiter östlich gesucht. Steve sagte ihm in kurzen Worten, was passiert war. Jerome fluchte.
    Als er aufstieg, bemerkte er, dass vier oder fünf Knirpse auf den Landekufen hockten, um sich den Heimweg zu ersparen. Er bekam die Maschine kaum hoch und fühlte plötzlich ungerechtfertigten Zorn auf diese Passagiere in sich aufsteigen. Er unterdrückte ihn und sagte sich, dass die Burschen ihnen wahrscheinlich das Leben gerettet hatten, als sie mit Feuer und Geschrei die Paraceratherien in Bewegung setzten und sie wie lebende Tanks in die feindlichen Stellungen lenkten.
    Er nahm die rechte Hand von der Steuerung und blickte sie an. Sie flatterte wie ein Espenblatt.
    »Scheiße!«, sagte er. »Oh, entschuldigen Sie, Miss Brookwood.«
    Aber sie nahm keine Notiz von ihm, saß zusammengekauert auf dem Sitz neben ihm und hatte die Hände vor die Augen geschlagen. Seine Schulter schmerzte höllisch und begann wieder zu bluten. Unter sich sah er den Jeep mit Jerome und Leonard von Osten herankommen. Er gab ihnen die ungefähre Position der anderen durch und sah, wie das Fahrzeug die Richtung wechselte, um dem Konvoi den Weg abzuschneiden.
    Es war eine traurige Heimkunft. Der blutigste Tag seit vielen Jahren.
    Nina nahm die junge Frau in ihre Obhut. Dann verband sie ihr die Schulter, während er Harness Bericht erstattete.
    Der Sommer wurde heiß. Wieder nahmen einige im Lager Abschied, um das Herbstschiff nach Atlantis zu nehmen. Alfaro war darunter, der Schreiner von Beruf war und in der Festung eine Art Mädchen für alles. Er wollte sein Glück in Atlantis machen, eine Werkstatt eröffnen, sagte er. Die Besatzung der Festung war damit auf eine Hand voll Männer und die beiden Frauen zusammengeschrumpft.
    Den ganzen Juli über suchte sie eine fiebrige Infektion heim, alle litten an Durchfall und Schwäche.
    Im Westen gingen ganze Meteoritenschwärme von Materialsendungen nieder und versanken in den steigenden Wassern.
    Steve genas von seiner Schulterwunde. Sie hatte lange geeitert, und im fiebrigem Halbschlaf hatte er einige Wochen dahingedämmert, die aus seiner Erinnerung herausgestanzt waren wie Programmanweisungen für ein anderes Bewusstsein, das nur lose mit dem seinen gekoppelt war und vage Bilder lieferte wie verschwommene Momentaufnahmen.
    Als er wieder kräftig genug war, dass er im Lager umhergehen konnte, suchte er gelegentlich Jane Brookwood auf, um sich mit ihr zu unterhalten, weil er das undeutliche Gefühl hatte, sich durch sie an eine Welt zu erinnern, die für ihn mehr und mehr unwirklich wurde. Ihm war, als hafte an ihr noch die Witterung jener fernen Realität, die Lucy bewohnte; als sei sie die Spur, der er nur zu folgen brauchte, um zurückzufinden durch ein geheimnisvolles Tor, das es nur zu ertasten und zu durchschreiten galt, jenseits dessen die ihm entglittene Vergangenheit sich auftun würde, um ihn aufzunehmen wie einen verlorenen Sohn.
    Manchmal ließ ihn sein Gedächtnis im Stich, und er sprach das Mädchen mit Lucy an. Sie legte ihren Arm um seine Schultern, und eine schmale sommersprossige Hand ließ sich auf der seinen nieder. Das waren Augenblicke, die er deutlich in Erinnerung behielt, weil sie ihn erfüllten.
    Eines Tages trat Nina unversehens ins Zimmer, und beim Weggehen nahm sie ihn beiseite und bedeutete ihm, da sie seine Absichten missverstand, er solle die junge Frau in Ruhe lassen. Sie habe durch die Ereignisse bei der Landung einen schweren Schock erlitten, den sie wohl nie ganz verwinden werde. Es sei das Beste für sie, wenn man sie mit dem nächsten Schiff nach Atlantis schicke, damit sie wenigstens die Illusion haben könne, der Hölle entronnen und in die Zivilisation zurückgekehrt zu sein.
    Steve blickte ausdruckslos in Ninas alt gewordenes Gesicht, sah die tiefen Falten, die sich um Augen und Mundwinkel einzukerben begannen, dann nickte er schweigend.
    »Du bist sehr krank, Steve«, sagte sie schluchzend, wandte sich hastig um und eilte davon.
    »Warum weint sie?«, fragte Steve laut und hob in hilfloser Geste die Hand. Er ging langsam zur Schlafbaracke zurück. Vor dem Spiegel über der zerkratzten Plastik-Waschschüssel blieb er stehen. Der Mann, der ihn daraus anblickte, erinnerte ihn entfernt an seinen Vater. Das Schädeldach war fast

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