Der letzte Tag: Roman (German Edition)
erklären wir uns das, du Miststück, hm?«
Kyle räusperte sich, da er nicht wusste, wen Martha mit ›Miststück ‹ meinte. »Sind Sie absolut sicher, dass Schwester Katherine die Morde angeordnet hat?«
»Natürlich. Die Sieben haben nie etwas getan, was sie nicht befohlen hat. Und 1975 ging alles den Bach runter. Die Sieben machten irgendwelche Sachen mit einigen Leuten, die sie aus der Gruppe entfernt hatten. Wir wussten nicht, was, nur dass es etwas mit den ›Freunden‹ zu tun hatte. Manche von ihnen kamen völlig gestört aus der Wüste zurück. Sie konnten nicht mehr sprechen oder uns erklären, was ihnen da draußen widerfahren war. Das war auch bei Bruder Ariel und Bruder Adonis so. Kurz bevor sie wegliefen, hatten sie auch etwas in der Wüste gesehen. Die Sieben hatten ihnen etwas richtig Schlimmes gezeigt. Natürlich waren sie auch vergewaltigt worden, aber der eigentliche Grund, warum die beiden dann wegliefen, war ein anderer. Danach gingen zwei Mädchen mit den Sieben in die Wüste und kamen überhaupt nicht mehr zurück. Es war so, als würde die ganze Zeit irgendwas mit uns ausprobiert.«
»Irgendwas? Können Sie nicht genauer erklären, um was es Schwester Katherine eigentlich ging?«
Martha zuckte mit den Schultern. Sie wirkte jetzt ängstlich. »Schwer zu sagen. Sie hat uns alle gefügig gemacht, und die Kinder auch. Uns jede Widerstandskraft genommen. Damit sie
unsere Köpfe manipulieren konnte. Wir waren Gefangene. Isoliert. Manche von uns gaben ziemlich aberwitziges Zeug von sich. Sie verloren den Verstand. Schwierig zu beschreiben, um was es eigentlich ging. Einige behaupteten, sie würden im Schlaf aus sich selbst geholt und hätten fast nicht mehr zurückgefunden. Wir wussten nicht mehr, was die beschissene Wirklichkeit war und was ein verdammter Trip. Aber all das hatte mit dem zu tun, was Katherine sich ausgedacht hatte. Etwas, bei dem wir nicht mitreden durften und das wir bestimmt abgelehnt hätten. Deshalb behielt sie es lieber für sich. Ich bin mir nicht sicher, ob die Sieben wirklich genau wussten, was für einen Scheiß sie sich vorgenommen hatte. Aber als sie anfingen, Leute nachts hinaus in die Wüste zu bringen, hatte ich das Gefühl, dass nun für uns alle das Ende nahte. Und damit hatte ich ja wohl recht.«
Kyle holte tief Luft und fragte dann: »Aus sich selbst geholt werden. Nachts. Im Schlaf. Hatten Sie …«
Martha schaute Kyle eingehend und schweigend an, als müsste sie vor ihm auf der Hut sein, als misstraute sie ihm auf einmal. Dann senkte sie den Blick und nickte: »Manchmal versuchte ich, mir einzureden, es sei das LSD, das mich so …. das mir das Gefühl gab, ich sei in etwas anderem drin. Auch andere Dinge waren eigenartig. Zum Beispiel hatte ich das Gefühl, aus meinem eigenen Körper gezogen zu werden.«
Kyle zwang sich dazu, jetzt nicht vom Skript aufzusehen. Er starrte auf seine Papiere und bemühte sich, nicht allzu sehr zu zittern. Sah vor sich die Gesichter der vermissten Tempelmitglieder. Von jenen Menschen, nach denen die Polizei gesucht hatte, nachdem Martha und Bridgette ihre Zeugenaussagen gemacht hatten. Es wäre sicherlich effektvoller, wenn Martha ihre Namen für den Film nennen würde. Er räusperte sich. »Sie haben immer behauptet, einige Ihrer Freunde seien ermordet worden. Wer ist das außer Ariel und Adonis noch gewesen? Wer kam nicht zurück ?«
»Schwester Urania, die niemals etwas Schlechtes über Schwester Katherine gesagt hatte. Sie war aus Frankreich mit rübergekommen. Gleiches gilt für Schwester Hannah. Sie war älter. Beide waren sehr nett. Engländerinnen. Urania hat, wie ich schon sagte, dem Tempel ihr gesamtes Erbe vermacht. Jeden Penny. Daran musste ich oft denken, wenn ich sie in Yuma im Müll nach Essbarem für ihr Kind suchen sah. Aber genau wie Hannah wäre sie niemals weggelaufen. Sie war der Sache bis zum letzten Blutstropfen ergeben, und ich glaube, den hätte sie auch noch geopfert. Als Ariel und Adonis erledigt waren, wurde es einfacher für Belial, Moloch und Baal. Das Töten fiel ihnen leicht, nachdem sie erst mal damit angefangen hatten. Und die Befehle dazu kamen direkt von Katherines Anwesen, ganz bestimmt. Deshalb hielt sie sich ja in einem anderen Bundesstaat auf, damit sie deswegen nicht zur Rechenschaft gezogen werden konnte. Aber Schwester Urania und Schwester Hannah sind nie weggelaufen. Sie wurden als Lieblinge für ein besonderes Ereignis ausgesucht, das sie den ›Aufstieg‹ nannten. Es gehört
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