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Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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schnarchte, konnte er sowieso nichts anderes hören. Glücklicherweise waren die Zimmer in der Nähe offenbar nicht belegt.
    Um sechs Uhr morgens verließ der Nachtportier seinen Posten, wo er die ganze Nacht über auf seinem Stuhl geschlafen hatte, wie Kyle durch die verschlossene Tür des Büros sehen konnte. Der Tagesportier löste ihn ab. Kyle hielt sich weiter unter den Kartons versteckt. Er hatte keine Ahnung, wie lange der ungebetene Besucher in seinem Zimmer ausharren konnte, auf dieser Seite von … von etwas, das er überhaupt nicht begreifen konnte. Er hatte unbedingt vermeiden wollen, dass der Nachtportier in diese unmögliche Geschichte hineingezogen wurde, die er in das Regal Motel eingeschleppt hatte. Wenn er den jungen Mann
aufgeweckt hätte, um nach Ersatzschlüsseln zu fragen, und sie gemeinsam das Zimmer betreten hätten, wo der Eindringling sich noch immer befand, sich vielleicht in der Duschkabine versteckte, dann wäre Kyle womöglich des Mordes angeklagt worden. Also blieb er lieber, wo er war, und versteckte sich bis zum Morgen unter den Pappkartons in der Kälte. Das hatte Max also mit ihm angerichtet.
    Das Zimmermädchen traf um sieben Uhr ein. Jetzt war es hell genug, dass er es wagte, seine Schutzhütte aus Kartons zu verlassen. Er ging zu der kleinen Mexikanerin und erklärte ihr, dass er sich ausgeschlossen hätte, als er sich eine Cola aus dem Automaten holen wollte.
    Sie lächelte nicht und sagte auch nichts, sondern blickte ihn nur misstrauisch an, während er mit ihrem Generalschlüssel hastig die Tür aufschloss. Sie warf einen Blick auf seine Tattoos, dann auf die zerfetzten Bettlaken, die Risse in den Kissen, aus denen die billige Schaumstofffüllung quoll, und ihr wurde sofort klar, dass es eine Verbindung zwischen beidem geben musste. Sie schaute über seine Schulter ins Zimmer und bemerkte das zerbrochene Glas des Spiegels über dem Schrank. Sofort rannte sie los zum Büro des Portiers, wobei ihre kleinen Füße in den Turnschuhen ein komisches platschendes Geräusch auf dem Asphalt machten.
    Sachbeschädigung. Das war kaum zu leugnen.
    Er schnappte sich seine Jeans und die Stiefel und fand auch noch ein Hemd. Dann kniete er sich hin und sammelte hastig die herumliegenden Papiere auf, zu allererst die Schwarz-Weiß-Fotos. Die musste der Portier nun wirklich nicht zu Gesicht bekommen. O nein. Er schob den Laptop und die Ordner in seinen Rucksack. Seine Toilettenartikel ließ er stehen, weil er es nicht über sich brachte, das Badezimmer zu betreten. Während er packte, ließ er die Badezimmertür nicht aus den Augen. Es war sowieso klar, dass sie losmussten. Das Beste war, wenn sie diesen schrecklichen Ort möglichst schnell weit hinter sich ließen.
    Als er den Kofferraum des Mietwagens zuwarf, kam der Portier aus dem Büro, offenbar ziemlich verwundert über die Geschichte, die das Zimmermädchen ihm erzählt hatte und noch immer neben ihm herlaufend farbig ausmalte. Als sie gestern eingecheckt hatten, hatte Kyle sich mit dem Portier eine Weile über Musik unterhalten.
    Nun erzählte er ihm eine an den Haaren herbeigezogene Geschichte über einen Freund, der zu viel getrunken hätte, und einer Auseinandersetzung. Er musste beinahe lachen, als ihm klar wurde, dass das gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt war. Als der Portier das Zimmer betrat, blieb er ziemlich verblüfft vor dem zerschlagenen Spiegel stehen. Die zerfetzten Bettlaken schienen ihn völlig zu verstören, als er sich vorstellte, mit welcher Gewalt hier vorgegangen worden war und wie scharf das Gerät gewesen war, mit dem man die Matratze zerschlitzt hatte.
    Kyle redete auf ihn ein. Versuchte, ihn zu bequatschen. Versprach, ihm den Schaden zu bezahlen, mit der Kreditkarte, die Max ihm gegeben hatte. Dann hielt er inne. Denn nun folgte er dem Blick des vor Schreck verstummten Portiers, der einen grässlichen Fleck hinter der Tür entdeckt hatte.
    »Oh, verdammt«, entfuhr es Kyle, und er trat einen Schritt zurück von der schmutzigen Silhouette, einem kleinen dünnen Abdruck, der auf dem Holz zu erkennen war, nachdem das Ding da hindurchgedrungen war. Kyle hatte es nicht bemerkt, als er seine Sachen zusammengesucht hatte, weil er die ganze Zeit nur die Spuren der Zerstörung vor sich gesehen hatte. Aber es war deutlich zu erkennen: Ein Abbild, ähnlich dem Grabtuch von Turin, nur vertikal und unheilig, schmierig und hässlich. Es trat deutlich aus dem Holz hervor und schien noch feucht zu sein. Ein Geruch

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