Der letzte Tag: Roman (German Edition)
Dies ist nichts, auf das man irgendeine Autorität ansprechen könnte, nicht mal die Kirche ist dafür zuständig. Sie haben ja genug gesehen, um das zu verstehen.«
»Sie haben uns alle in Gefahr gebracht. Dabei wussten Sie …«
»Kyle! Das stimmt nicht! Für mich hat sich das auch erst nach und nach enthüllt, genau wie für Sie.«
»Das ist doch dummes Geschwätz.«
»Glauben Sie, was Sie wollen.« Max klang jetzt so müde, wie Kyle sich fühlte. Er griff nach seinem Glas mit Brandy und trank einen Schluck. Dann musste er husten. »Vielleicht habe ich einige Aspekte etwas früher herausgefunden als Sie und sie für mich behalten, weil diese Informationen ganz offensichtlich nicht zu gebrauchen waren. Aber ich hätte auch nie geglaubt, dass wir einmal an diesen Punkt kommen würden. Dass sie … dass sie dies alles bewirken kann.«
»Wer? Was bewirken?«
»Wir werden zerstört, weil wir das schlimmste Verbrechen gegen sie begangen haben. Wir haben sie verlassen. Das ist die Rache. Ihre Vergeltung.«
»Sprechen Sie etwa von Schwester Katherine, Max? Aber die ist tot. Sie ist 1975 gestorben.«
Max schien diese Bemerkung keinen Kommentar wert zu sein. Er sprach weiter, als würde er mit sich selbst reden. »Wenn man ein schlimmes, inhumanes Verbrechen verübt hat, was macht man dann mit den Beweisen? Man zerstört sie. So verhalten sich Tyrannen. Das war schon immer so.«
»Ich verstehe kein Wort mehr, Max.«
Max schaute Kyle an. Es war dieser typische Blick, mit dem ermattete, weise Menschen die Jungen und Unerfahrenen ansehen. »Diese Angelegenheit muss Sie nicht länger beschäftigen.«
»Was meinen Sie denn damit?«
»Hören Sie, was ich dazu zu sagen habe. Bitte. Tun Sie mir diesen einen letzten Gefallen, Kyle. Ich kann nur hoffen, dass Sie und Dan … heil aus allem herauskommen. Ich dachte, ich wäre der Einzige, der mit ihr verbunden ist und den sie auf diese widerliche Art zerstören kann. Weil ich zu ihrer Gruppe gehörte. Aber
als ich Sie um Ihre Hilfe bat, lief es darauf hinaus, dass auch Sie zum Gejagten wurden. Das habe ich nicht in Betracht gezogen.«
»Ich dachte, das hätten Sie.«
Max blickte seine Hände an, die nervös über das Betttuch glitten. »Vielleicht … vielleicht war mein Drang, die Wahrheit zu ergründen und mich vor diesem Fluch zu schützen, größer als meine Rücksichtnahme auf andere. Das gebe ich gern zu, wenn Sie sich dann besser fühlen.«
Kyle hätte am liebsten einen Stuhl genommen und Max damit den Schädel eingeschlagen, so sehr ging ihm dessen Selbstmitleid auf die Nerven. Er holte tief Luft und trank den Brandy in einem Zug aus. Dann musste er aufstoßen und hätte ihn beinahe wieder ausgespuckt. »Jetzt kommen wir endlich auf den Punkt, Max. Jetzt erzählen Sie mir beinahe die Wahrheit. Können Sie damit bitte noch ein Weilchen fortfahren, damit ich herausfinde, was zum Teufel hier eigentlich vorgeht und was mit mir passieren wird, wenn ich in meine armselige Wohnung zurückkehre und heute Nacht ins Koma falle? Das Koma der totalen Erschöpfung, weil Ihr Film mich völlig aufgerieben hat. Dieser Zustand wird mich dann daran hindern, mich gegen dieses Ding zu verteidigen, das die Fähigkeit hat, durch Wände zu gehen! Wir reden hier davon, dass mein Leben in Gefahr ist, verdammt noch mal!«
Max schloss die Augen. Als er sie wieder aufschlug, zuckten sie nervös. »Ich werde Ihnen morgen Ihr gesamtes Honorar überweisen. Geben Sie Dan seinen Anteil, und kümmern Sie sich um ihn. Sehen Sie es als eine Entschädigung dafür an, in was Sie hineingezogen wurden. Ich möchte Sie aber daran erinnern, dass das Material, falls Sie in der Lage sein sollten, es zu schneiden, noch immer Eigentum von Revelation Productions ist. Sie sind also nicht berechtigt, es irgendjemandem zu zeigen. Egal wem. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich es für den Vertrieb freigebe.«
»Sie sind doch überhaupt nicht in der Position, Forderungen zu stellen.« Die Aussicht auf den totalen finanziellen Ruin hatte
seine letzten beiden Jahre geprägt. Und es kam ihm nur allzu passend vor, dass das nun plötzlich am Ende seines Lebens anders werden sollte. Die Ironie des Ganzen verschlechterte seine Laune noch mehr, falls das überhaupt noch möglich war.
»Nein, aber mein Anwalt ist in dieser Position, wenn es nötig ist. Er hat Anweisungen, wie er mit dem Film umgehen soll, wenn ich … wenn über meine Zukunft entschieden wurde. Und das wird bald der Fall sein. Sehr bald.« Max brachte
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