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Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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Kruzifix hing.
    Er musste hier raus. Sofort .
    »Dan! Dan!« Die anderen waren ja da. Irgendwo dort draußen. Er musste sich keine Sorgen machen. Aber dann durchzuckte ihn
die Erinnerung an das fluchtartige Verlassen des Hauses an der Clarendon Road. Auch dort hatten er und Dan zuvor gehört, wie eine Tür zugeschlagen war. Scheiße.
    Kyle knipste das Feuerzeug wieder an. Bemühte sich, möglichst geräuschlos über die herumliegenden welken Blätter zu steigen, unter denen er alle möglichen unsichtbaren Dinge spürte, gegen die seine Zehen stießen oder die seine Fersen zermalmten. Da er sich zu hastig über den unebenen Boden bewegte, erlosch die Flamme seines Feuerzeugs. Er hörte nichts außer seinem eigenen verzweifelten Atem und dem dumpfen Pochen seines Bluts in den Ohren. Aber er wagte nicht, den Blick von der Tür zu wenden. Gerade in der Mitte des Tempelraums war es unglaublich dunkel. Das Licht, das durch die beiden Fenster und die Türöffnung hereinfiel, erhellte nur die Ränder und drang kaum weiter hinein.
    Direkt vor sich hörte er, wie flinke Füße über den schmutzigen Boden eilten. »Dan?« Er streckte die Arme aus, um nach einer unsichtbaren Form zu greifen, die sich vor ihm bewegte. Sich auf ihn zu bewegte . Wenn ihn jetzt irgendwas berührte, würde sein Herz stehen bleiben, das wusste er mit einem Mal ganz genau.
    Aber es kam nichts. Er war allein in der Stille. Diese schreckliche Stille. Dieses Warten. Diese Dunkelheit. Alles andere war nur ein Produkt seiner Fantasie, seiner wirren Gedanken und seiner Blindheit.
    Alles nur Einbildung. Es war ein Tier. Eine Ratte oder ein Fuchs.
    Das Feuerzeug flammte auf. Die Schatten auf dem schmutzigen Boden traten den Rückzug an. Zogen sich zu den Wänden zurück. Zu den schwarzen Mauern. Er folgte den zackigen Umrissen eines Schattens, der oben unter der Decke auftauchte und vor dem Licht der Flamme zurückwich. Der Schatten verschwand irgendwo hinter den dicken Balken unter dem Dach, dort, wo sie mit der Wand zusammentrafen, genau gegenüber der Tür, durch die er hereingekommen war. Und direkt unterhalb der Stelle, an
der der Holzbalken auf den Stein traf, ganz weit oben, am Rand des blassen Scheins seines Feuerzeugs, entdeckte er einen weiteren Fleck, wo die Farbe wie zufällig von der Wand abgeblättert war.
    Er näherte sich der Wand gegenüber der Tür und hielt die Standbildkamera in die Höhe. Eine gedankenlose Neugier erfasste ihn, und er blieb lange genug an diesem schrecklichen Ort, um noch einige Weitwinkel-Aufnahmen von der Wand zu machen, an der er die dritte Gestalt mit diesen typischen gezackten Umrissen bemerkt hatte. Die musste er vorhin wohl übersehen haben, als er Aufnahmen auf Augenhöhe gemacht hatte.
    Er schaute durch den Sucher der Digitalkamera: zu dunkel. Er brauchte eine Lichtquelle, die stärker war als der Blitz.
    Kyle verließ die Scheune und holte die Kamera auf dem Stativ herein. Außerdem wollte er seine eigene erschrockene Stimme auf der Tonspur haben, also befestigte er das Mikro am Kragen seines Hemds und nahm ein längeres Kabel, um es mit dem Mischer zu verbinden. Dann prüfte er die Einstellungen des DAT-Rekorders. Mit zittrigen, ungeschickten Händen platzierte er den LEDPAD-Spot in der Türöffnung. Dan konnte später diese Ätzungen oder was immer es war, noch mal genauer ausleuchten, wenn er wieder zurück war.
    Der Scheinwerfer warf ein vages phosphoreszierendes Licht auf die schwarz bemalte Wand und erzeugte einen schaurigen Schimmer, der sich über die Decke des Tempels ausbreitete. Kyle trat wieder in den Raum und vergewisserte sich, dass da in dem schwachen Lichtschein tatsächlich eine dritte Figur zu erkennen war. »Allmächtiger.«
    Auch dieses Bild setzte sich aus Flecken und Brandspuren zusammen. Aber die Gestalt unterschied sich von den anderen beiden, denn diese hier war teilweise bekleidet. Überreste von dunklem Stoff waren um ihren gesamten Körper gewickelt. Das, was man von den Gliedmaßen sehen konnte, schien mehr aus Knochen
als aus Fleisch zu bestehen, und auf dem scharf geschnittenen Gesicht lag ein Ausdruck, den man nur als Ekel oder Abscheu bezeichnen konnte. Der Kiefer schien weit aufzuklaffen oder hing lose herab. Wie bei den anderen, waren auch bei dieser Figur die Augen weit aufgerissen, blass und zeugten von einer ganz persönlichen Entrückung. Um den Kopf herum schien ganz locker eine Art Kapuze zu liegen, viel zu groß für den schmalen Schädel. Und eine längliche Hand hielt

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