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Der letzte Tiger

Der letzte Tiger

Titel: Der letzte Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Luttmer
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Schweißflecken unter den Achseln und spannte an der Stelle, wo der Mann seine Hand zwischen Hose und Gürtel geschoben hatte. Im Gang hinter dem Mann bellte ein Hund.
    »Ich muss mit Le My Lien sprechen. Sie sitzt in Haftzelle 45 A«, sagte Ly und hielt dem Mann seinen Ausweis vor die Augen.
    »Zu spät.«
    »Es ist wichtig.«
    Der Wärter musterte Ly von oben bis unten und schob die Lippen vor, was ihm einen verächtlichen Ausdruck verlieh. »Die sind alle schon in ihren Zellen.«
    »Dann holen Sie sie verdammt noch mal raus.« Ly war laut geworden und machte einen Schritt auf den Mann zu. Doch der stellte sich nur noch breitbeiniger hin und verschränkte die fleischigen Arme über seinem Bauch. »Lebendkontrolle ist für heute durch«, sagte er. »Jetzt geht nichts mehr.«
    Ly atmete tief durch. In seinen Fingern zuckte es. Doch bevor ihm seine Hand ausrutschen konnte, hatte der Mann ihm schon die Tür vor der Nase zugeknallt.
    *
    Ly fuhr zurück in die Innenstadt. Der Verkehr hatte etwas nachgelassen. Er war wütend und fuhr zu schnell. Er überholte sogar die Jugendlichen auf ihren aufgemotzten Maschinen.Am See des zurückgegebenen Schwertes nahm er fast zwei Chinesen mit, die mit Dutzenden ihrer Landsleute über die Straße strömten und dabei, statt auf den Verkehr zu achten, auf ihre Telefone schauten. Im letzten Moment wich er laut fluchend aus.
    Hinter dem Dong-Xuan-Markt parkte er seine Vespa und setzte sich in eines der Restaurants, die hier unter Zeltdächern aufgebaut waren, bestellte eine Flasche Hanoi -Bier und von dem getrockneten Tintenfisch, der über dem Grill röstete. Langsam entspannte er sich etwas.
    Was bloß hatte Truong alles herausgefunden, dass dieser Unfallfahrer vom Literaturtempel ihn umgebracht hatte?
    Ly nahm eine der himmelblauen Servietten, die in einer Kiste auf dem Tisch lagen, und ließ sich von der Bedienung einen Stift geben. In großen Buchstaben schrieb er »Zoo« auf die Serviette und »Haus an den Gleisen«. Er kreiste die Wörter ein und zog einen Strich zwischen den Kreisen.
    Truong musste dahintergekommen sein, dass Zootiere verkauft worden waren. Und dass Le My Lien, die Frau vom Haus an den Gleisen, welche gekauft hatte. Hier fing alles an. Und dann? Truong war in Na Cai gewesen. Hatte er eine Verbindung zwischen der Baronin und dem Tierhandel gezogen? Und würde das dann heißen, dass die Baronin die Auftraggeberin für seine Ermordung gewesen war? Oder hatte die Zoodirektorin doch mehr mit dem Ganzen zu tun, als es den Anschein hatte?
    Er musste unbedingt noch einmal mit Le My Lien sprechen. Wieder stieg seine Wut über diesen Gefängniswärter in ihm hoch. Es konnte doch nicht sein, dass er einewichtige Spur verfolgte und an so einem Kerl nicht vorbeikam. Er knüllte die Serviette zusammen und warf sie auf den Boden.
    »Ein Bier noch«, rief er und trank direkt aus der Flasche. Um ihn herum war es längst ruhig geworden. Nur die Müllfrauen schoben noch ihre hochbeladenen Metallkarren vorbei, den Geruch von faulendem Obst hinter sich herziehend. Neben der Markthalle war eine der zentralen Sammelstellen, an denen Lastwagen den Müll abholten.
    Als die Bedienung, ein junges Mädchen, das so spät eigentlich längst nicht mehr arbeiten sollte, ihren Kopf auf den Tisch legte und leise anfing zu schnarchen, brach Ly auf. Das Geld legte er unter seinen Teller und schob seine Vespa nach Hause. Er genoss die Ruhe und wollte sie nicht durch den Motor seines Rollers stören. Es war dunkel, die Straßenbeleuchtung längst ausgeschaltet. Niemand außer Ly war unterwegs. Nur Kakerlaken rannten vor ihm über den Gehweg – und fette Ratten.
    *
    Zu Hause zog er so leise wie möglich die Gittertür zum Erdgeschoss auf. Er wollte seine Mutter nicht wecken, doch sie schlief gar nicht. »Los, geh schon«, hörte er sie sagen.
    »Tam, komm mit!«, sagte eine andere Stimme. Ly ballte instinktiv seine Hände zu Fäusten. Das war Ngoc.
    »Bitte, lass mich los.« Tams Stimme war kaum mehr als ein Hauchen. Ly sah es bildlich vor sich, wie Ngoc versuchte, seine kleine Schwester mit sich zu zerren.
    »Raus jetzt.« Die Stimme seiner Mutter hatte einen Tonfall angenommen, den Ly nur allzu gut kannte. Er erlaubte keine Widerrede.
    Kurz darauf trat Ngoc aus dem Zimmerchen hinter dem querstehenden Schrank, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Es war zu dunkel, als dass Ly sein Gesicht hätte sehen können, aber er spürte Ngocs Wut. Als Ngoc Ly in der Tür entdeckte, schnaubte er. »Du

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