Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Vampir

Der letzte Vampir

Titel: Der letzte Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
Vom Netzwerk:
musste, um ihn freizubekommen. Der Deckel war offen; sie konnte ihn zurückwerfen und hineinsehen.
    Eine urtümliche Furcht ergriff von ihr Besitz, und sie stand einen Moment lang da, während sich ihre Arme mit Gänsehaut überzogen. Sie richtete sich auf, und ihr steifer Rücken ließ sie aufstöhnen. Sie nahm die Beretta vom Deckel und hielt nach zerstörten Gesichtern im Maisfeld Ausschau. Es war nichts zu sehen.
    Das Herz. Sie musste das Herz vernichten. Mit dem Stiefel hob sie den Deckel an und trat ihn auf. Hob die Waffe und richtete sie in das mit roter Seide ausgepolsterte Sarginnere.
    Nichts. Er war leer. In ihrem erschöpften Zustand konnte sie hören, wie der Vampir sie auslachte, in eiskaltem Entzücken kicherte.
    Dann fuhr etwas über ihre Waden, schnitt durch die Uniformhose, und ihr ganzer Körper erzitterte vor Schmerz. Haltlos brach sie in die Knie, stürzte vorwärts, direkt in den Sarg hinein. Das alles nahm nicht mehr Zeit in Anspruch, als sie brauchte, um die Sicherung ihrer Pistole zu lösen. Der Deckel krachte gegen ihren Rücken und drückte sie in den ausgepolsterten Sarg. Es war eine Falle.

35.
    Licht sickerte durch einen Spalt, dort, wo sie den Deckel beschädigt hatte. Ansonsten wäre sie in totaler Dunkelheit gefangen gewesen. Sie versuchte sich aufzubäumen und den Sarg aufzustemmen, aber die Halbtoten saßen darauf, lachten sie aus. Nägel wurden ins Holz getrieben, versiegelten ihn wieder. Sie hatte nicht genug Platz, um sich dagegenzustemmen – sie konnte sich kaum umdrehen. Die Schnitte an ihren Beinen schmerzten. Man würde sie lebendig begraben.
    Bei diesem Gedanken schrie sie auf – sie würden sie unter zwei Meter Dreck begraben. Schon konnte sie nichts mehr außer ihrem eigenen Schweiß und ihrer Angst riechen, die Luft im Sarg wurde muffig. Bei jedem Einatmen war etwas weniger Sauerstoff darin. Wie lange würde es dauern, bis alles verbraucht war?
    Sie schrie erneut, aber es war sinnlos. Die Einzigen, die sie hören konnten, würden sich an ihren Qualen erfreuen. Es spielte keine Rolle – sie schrie ein drittes Mal und hieb gegen den gepolsterten Deckel in dem verzweifelten Versuch, sich zu befreien.
    Ihr Körper wurde durchgeschüttelt, und sie begriff, dass die Halbtoten sie aus der Feuerschneise schleiften. Schmerzhaft prallte sie gegen die Seiten, als der Sarg über Erhebungen und Spalten, Maisstängel und zur Hälfte im Boden begrabene Steine holperte. Caxtons Herz raste, ihr Atem ging immer schneller. Sie konnte nichts dagegen tun.
    Die Beretta polterte im unteren Teil des Sargs herum. Sie musste hineingefallen sein, als man ihr in die Beine geschnitten hatte. Sie versuchte, danach zu greifen, kam aber nicht heran. Die Enge machte ihr erneut klar, wie klein ihr Gefängnis war, und sie schrie wieder gegen das Wissen an, dass sie sich nicht aufsetzen konnte, nicht einmal die Knie anziehen konnte. Alle Muskeln in ihrem Körper zuckten, als könnten sie die Enge spüren.
    Der Sarg machte einen Satz, als er über ein besonders großes Hindernis gezerrt wurde, und die Pistole schlug mit einem brennenden Schmerz gegen ihren Knöchel, der die Dunkelheit um sie herum einen Augenblick lang grün aufflammen ließ, eine optische Täuschung, geboren aus Erschöpfung, Panik und körperlichem Schmerz. Sie versuchte, sich daran zu erinnern, ob die Waffe noch gesichert war, ob sie eine Patrone in die Kammer geladen hatte. Wenn sie das getan hatte – wenn die Pistole schussbereit war –, konnte sie bei der nächsten Erschütterung losgehen. Ein Dum-Dum-Geschoss kam schneller als der Schall aus dem Lauf. Es konnte in alle Richtungen fliegen, aber viele dieser Wege endeten in ihrem Körper.
    Noch etwas, wofür es sich zu schreien lohnte.
    Sie streckte die Hand so weit nach unten, wie sie konnte. Ihre Fingerspitzen glitten von dem harten Rand der Pistolenmündung ab, und sie konnte die Glätte des Metalls spüren. Ihre Schulter zerfetzte die Sargpolsterung, kam in Kontakt mit dem darunter liegenden Holz. Sie schob und drückte, versuchte sich mit den Beinen abzustutzen.
    Noch ein Ruck, ein harter Ruck, der ihre Schulterblätter erschütterte und sie schmerzerfüllt grunzen ließ, aber die Beretta rutschte ein paar Zentimeter näher. Sie erwischte sie mit den Fingerspitzen und zog sie nun Millimeter für Millimeter an ihre Handfläche heran. Die Pistole wollte wieder weghüpfen, aber Caxton weigerte sich, sie herzugeben. Schließlich hielt sie sie in der Hand. Das Gewicht und die

Weitere Kostenlose Bücher