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Der letzte Vampir

Der letzte Vampir

Titel: Der letzte Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
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hässlicher Bilder, und sie musste schnauben und sich räuspern, spuckte blutigen Speichel. Manches wollte nicht herauskommen, so sehr sie sich auch anstrengte.
    Langsam und den schmerzenden Brustkorb schonend stellte sie sich auf die Füße. Sie schaute sich um. Reyes war nirgendwo zu sehen. Die Halbtoten und ihr Feuer waren eine halbe Halle weit weg. Sie hatte sich im Schlaf bewegt oder war fortgetragen worden, bis sie außer Hörweite ihrer Gefangenenwärter war. Niemand beobachtete sie. Nichts hinderte sie daran, die Flucht zu ergreifen.
    Es war, als hätte man ihr kaltes Wasser in den Kragen gegossen. Das war unmöglich. Man hatte ihr einen Aufschub gewährt – irgendwie hatten der Vampir und seine Sklaven einfach entschieden, sie zu ignorieren. Hielten sie sie noch immer für besinnungslos, glaubten sie, dass sie in dem Stahlwerk schlafwandelte? Hielten sie sie für zu schwach, um gehen zu können?
    Es war zu schön, um wahr zu sein – das wusste sie. Es musste eine Falle sein, aber sie wusste auch, dass sie jede kleinste Chance nutzen musste. Sie behielt die Halbtoten im Auge und eilte auf die Hallenwand zu. Dort standen kaputte Loren übereinander, Miniaturfrachtwaggons, die einst Stahlbarren durch das Werk transportiert hatten. Das zersplitterte Holz und die verrosteten Räder verursachten jede Menge Lärm, als sie an ihnen hinaufkletterte, aber das ließ sich nicht vermeiden. Der Stapel geriet in Bewegung, war aber stabil genug, um sie zum Sims eines hohen Fensters zu bringen.
    Sie fand eine zerbrochene Scheibe, eine handbreite Öffnung, die mit Maschendraht versperrt war. Im Draht hingen noch immer Milchglassplitter. Sie wischte sie behutsam weg und sah hinaus.
    Der Mond erhellte eine ländliche Gegend, eine Reihe dunkler Bäume wiegte sich im kalten Wind. Direkt hinter dem Stahlwerk befand sich ein leerer Platz, einst möglicherweise ein Parkplatz oder ein Güterbahnhof, so von Unkraut überwuchert, dass er nicht länger nutzbar war. Direkt unter ihr stand eine Reihe vergessener, rostzerfressener 200-Liter-Ölfässer.
    Es gab keinen Weg nach draußen. Sie befand sich in etwa sechs Meter Höhe. Selbst wenn sie das Glas hätte einschlagen können und irgendwie durch den Draht gekommen wäre, hätte sie sich auf unbekannten Untergrund fallen lassen müssen, in der Hoffnung, sich dabei nicht die Beine zu brechen.
    Hinter ihr bewegte sich etwas, und sie geriet in Panik und wäre beinahe von den Karren gestürzt. Sie blickte zurück und entdeckte eine Gruppe Halbtoter in der Hallenmitte. Sie hielten Fackeln und tuschelten miteinander. Sie schauten sie nicht an, aber sie mussten sie sehen – oder etwa nicht? Vielleicht war ihre Sehkraft nicht so gut wie die ihre? Vielleicht überschätzte sie sie.
    Caxton wandte ihr Gesicht wieder dem zerbrochenen Fenster zu. Es war gut und hilfreich, einen Hauch frischer Luft zu bekommen. Gleich würde man sie entdecken und wieder in Schlaf versetzen. Allein der Blick auf das Mondlicht auf den Bäumen war die Mühe wert.
    Sie atmete tief ein – und hätte beinahe gewürgt. Draußen lag schwer der Geruch von kochendem Mist in der Luft. Sie wandte sich von dem Fenster ab und versuchte, nicht zu husten.
    Die Halbtoten zogen an einer Kette, die von der Decke hing. Das Eisen ratterte durch die Skeletthände und erwachte plötzlich zu Eigenleben. Schon senkte sich ein Gegengewicht von den Deckenstützen, während eine weitere Kette in die Höhe schoss. An dem Gegengewicht war ein in Segeltuch eingewickeltes Bündel befestigt. Caxton war nicht überrascht, als die Halbtoten es losschnitten und es sich als Leiche herausstellte, eine schwergewichtige Frau in der braunen Uniform eines UPS-Fahrers. Sie sah sehr bleich aus, was bedeutete, dass man ihr das Blut entzogen haben musste. Eines von Reyes’ Opfern. Die Halbtoten legten die Frau behutsam auf den Boden und knöpften ihre Kleidung auf, zogen aber nichts aus. Seltsamerweise sah es aus, als wollten sie es ihr bequem machen.
    Dann trat der Vampir aus den Schatten. Er hatte auf einem Stück erstarrter Schlacke gelegen, ein bleicher Punkt in der Dunkelheit. Caxton verlor jede Hoffnung. Er musste sie die ganze Zeit beobachtet haben, während sie die alten Karren hinaufkletterte und an der stinkenden Luft draußen schnüffelte. Nun, natürlich hatte er das. Er war nicht so dumm, sie ohne Aufsicht hier herumwandern zu lassen.
    Aber er schenkte ihr keinen Blick. Er trat zu der Leiche und berührte die Brust der Toten. Seine Hand

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