Der letzte Vorhang
finde es nicht komisch.« Sie
deutete auf Wetzons Schreibtisch. »Warum nimmst du nicht einfach dein Telefon
und machst uns reich, Schatz?«
Wetzon warf die Hände hoch, dann griff sie zum
Hörer und tippte Dans Nummer ein. »Dan, wie geht es Ihnen?« begann sie, indem
sie ihrer Stimme einen heiteren Ton unterlegte. Sie setzte sich an den
Schreibtisch und zog einen leeren Bogen vor, auf dessen oberste Linie sie
seinen Namen schrieb.
»Bestens, Wetzon.« Dan Buski hatte eine Stimme,
die waschechtes Brooklyn atmete, aber trotzdem hatte er ein Philosophiestudium
in Harvard abgeschlossen. »Schon ein Weilchen her, seit wir uns unterhalten
haben.«
»Erzählen Sie mir nicht, daß Sie darauf brennen,
zu erfahren, was hier draußen läuft. Tatsächlich ist es aber eine gute Zeit,
die Fühler auszustrecken. Die Transaktionen sind außergewöhnlich.«
»Ich weiß, was draußen los ist, Wetzon, und es
ist weder besser noch schlechter als bei mir. Glauben Sie mir, hier wird auch
nur mit Wasser gekocht, aber nirgendwo ist alles vollkommen, und immerhin habe
ich einen Berg aufgeschobener Abschlüsse vor mir liegen. Ich wäre verrückt,
jetzt zu wechseln und das auf dem Tisch zu lassen. Nein. Ich enttäusche Sie
ungern, aber ich rufe nicht meinetwegen an. Ich rufe wegen Barbie Sloane an.
Erinnern Sie sich an sie?«
Der Name Barbie Sloane weckte Mordgelüste in
Wetzon. Vor vier Jahren hatte sie Barbies Hand gehalten und sich ihre Probleme
mit den alkoholsüchtigen Eltern, einem gewalttätigen Ehemann, ihrem
Filialleiter, ihrem Sportlehrer und ihrem Therapeuten angehört. Sie hatte
Barbie dann Jerry Elias vorgestellt, einem Geschäftsführer bei Loeb Dawkins,
der sie unbedingt einstellen wollte. Er hatte sie zum Essen ausgeführt und ihr
ermöglicht, alle wichtigen Abteilungsleiter bei Loeb Dawkins kennenzulernen.
Barbie hatte ihm fest zugesagt, vier Wochen später bei ihm anzufangen.
Eine Woche später hatte Jerry Elias jedoch
Wetzon angerufen und sie fertiggemacht. Barbie war zwar zu Loeb Dawkins
gegangen, aber anscheinend in eine andere Filiale mit einem anderen
Filialleiter.
»Aber das ist doch nicht meine Schuld, Jerry«,
hatte Wetzon protestiert. »Ich bin genauso schockiert wie Sie. Achtzehntausend
Dollar sind mir soeben aus der Hand gerissen worden.«
Als sie Barbie angerufen hatte, um eine
Erklärung zu verlangen, hatte Barbie nur gemeint: »Hören Sie, Wetzon, wir
sprechen hier vom Geschäft. Und ich habe eine geschäftliche Entscheidung
getroffen.« Sie war als Kopplungsgeschäft mit einem anderen Makler für mehr
Geld weggegangen, als Jerry ihr bieten konnte, und der Headhunter, der das
Paket geschnürt hatte, war kein anderer als Tom Keegen gewesen.
»Allerdings, Dan«, bemerkte Wetzon. »Ich
erinnere mich sehr gut an Barbie Sloane.«
»Sie würde sich freuen, wenn Sie sie anriefen.«
»Da bin ich anderer Ansicht, Dan.«
»Tun Sie mir den Gefallen, Wetzon. Sie hat sich
sehr verändert. Meine Frau und ich sind gute Freunde von ihr. Wir haben sie
durch das Delphi kennengelernt.« Das Delphi war eine der viel, n esoterischen
Organisationen, die in letzter Zeit überall im Land aus dem Boden schossen und
die geistigen Werte betonten.
Klar, dachte Wetzon. Geistige Werte an der Wall
Street. Ausgezeichnet. »Warum greift sie nicht zum Hörer und ruft mich selbst
an?«
»Es geht ihr um Vertraulichkeit. Sie glaubt, daß
ihre Telefonate nach draußen kontrolliert werden. Für die letzten zwölf Monate
kommt sie auf sechshundertfünfzigtausend. Sie möchte mit Ihnen sprechen und
wartet auf Ihren Anruf.«
Wetzon unterdrückte einen Unmutslaut. »Okay,
Dan.« Sie notierte Barbies Durchwahlnummer und legte auf. Smith blickte sie
erwartungsvoll an. »Barbie Sloane«, erklärte Wetzon angewidert.
»Dieses Miststück. Dieses Obermiststück. In der
Hölle soll sie schmoren.«
»Ich weiß. Ich glaube, ich passe, wenn du nichts
dagegen hast. Soll sie mit jemand anderem zusammenarbeiten.«
»Was macht sie brutto?«
»Sechshundertfünfzigtausend.« Es folgte eine
lange, bedeutungsschwere Pause, während sie einander anstarrten. Dann griff
Wetzon zum Telefon und tippte Barbies Nummer. »Wir sind Huren«, sagte sie zu
Smith. »Neununddreißigtausend-Dollar-Huren.«
»Ziemlich reiche«, ergänzte Smith.
»Barbie Sloane«, sagte die Stimme am Telefon.
»Hallo, Barbie, Leslie Wetzon.« Diesmal
verzierte sie ihre Worte nicht mit einem Lächeln. Das wäre denn doch zuviel
gewesen.
»Oh, im Moment kann ich nicht mit
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