Der letzte Vorhang
was
ich sah, und dem wenigen, was sie mir sagte, war es vorbei, falls überhaupt
etwas zwischen ihnen gewesen war.«
»Was er zugibt. Also verläßt er New York,
entweder kurz bevor sie ermordet wurde, oder bald darauf.«
»Und«, fuhr Wetzon fort, »bleibt siebzehn Jahre
fort im Glauben, sie sei noch am Leben, aber wenig mitteilsam.«
»Allerdings«, warf Nina ein.
»Er setzte sich mit mir in Verbindung, weil er wieder
in New York war und vorhatte, sie zu besuchen. Dachte, ich wüßte, wo sie
wohnt.« Wetzon biß sich auf die Unterlippe. »Mein Instinkt sagt mir, daß ich
ihn nicht mag, Silvestri. Ich mochte ihn damals nicht, und ich mag ihn heute
nicht. Er drängt sich einem auf, und er ist zu glatt.«
»Das Motiv«, sagte Nina. »Terri machte Schluß
mit ihm, und er wurde wütend. Und eifersüchtig.«
»Er besitzt einen Waffenschein.«
Silvestri machte große Augen. »Woher weißt du
das, Les?«
»Ich habe ihn kürzlich gesehen, als er seine
Kreditkarte herausnahm, um die Drinks zu bezahlen. Er ist grau und etwas größer
als seine anderen Karten. >Pistolenlizenz< steht darauf.«
Silvestri kritzelte eine Notiz auf das Papier
vor sich, dann schaute er auf. »Führt die Schauspielergewerkschaft eine Kartei
über die Blutgruppen der Mitglieder?«
»Blutgruppen?« Wetzon blickte Nina an, die
interessiert zuhörte.
»Ja.«
»Ich kann mir nicht denken, daß die Gewerkschaft
das darf, so etwas ist doch vertraulich; aber wenn in all den Jahren so eine
Aktion stattfand und wir Blut spendeten, geschah es immer durch die
Gewerkschaft. Heute, wo es Computer gibt, könnte jemand wissen, wie man an
Unterlagen über meine, Carlos’ und Peters Blutgruppe kommt. Und sogar Morts.«
»Mort Hornberg bei der Schauspielergewerkschaft?
Ich dachte, er sei Regisseur.«
»Damals war er Inspizient, und die werden von
der Schauspielergewerkschaft vertreten.«
»Foxy Reynard.« Silvestri kramte in seinen
Blättern. »Altes Mädchen mit jungem Sexbolzen. Sehr eifersüchtig. Sie ließ mich
abblitzen.«
»Mann, Silvestri, als jung würde ich JoJo kaum
bezeichnen, auch nicht als Sexbolzen. Er ist ein übergewichtiger Fiesling, der
sich immer noch wie ein Rockmusiker aufführt, obwohl er an die Fünfzig ist. Und
er ist kein Paul McCartney oder gar Mick, mag man noch so sehr die Phantasie
bemühen. Wir stellten ihn uns immer mit schmutziger Unterwäsche vor. Ich
vermute, daß Foxy es nicht mochte, wenn er andere Frauen ansah, besonders junge
und hübsche wie Terri.«
»Oder Sie?« fragte Nina.
»Ha! JoJo probierte es einige Male bei mir, aber
er ist nicht mein Typ. Und ich bin nicht seiner. Er steht auf Titten und
Arsche.« Sie feixte Silvestri an. »Nein, ich glaube nicht, daß es JoJo war.
Braucht man nicht eine alles verzehrende Leidenschaft, um einen Mord zu begehen?
Leidenschaftlich ist er nur in einer Sache: Und die betrifft JoJo. Nein, JoJo
war es nicht.«
Nina trank einen Schluck Kaffee. »Warum nicht?«
»Ich habe lange darüber nachgedacht. Wer immer
es war, er war eine wichtigere Persönlichkeit als JoJo. Deshalb hielten Terri
und dieser Mann die Beziehung so geheim. Und dann noch etwas anderes. Ich
wette, daß auch Foxy es nicht getan hat. Wie könnte Foxy, die kaum neunzig
Pfund wiegt, Terris Leiche in den Koffer und den Koffer in den Keller geschafft
haben?«
»Mit Hilfe«, bemerkte Silvestri. »Sagen wir,
JoJo?«
Wetzon schüttelte den Kopf. »Foxy ist
raffinierter.«
»Les, raffiniert hat nichts damit zu tun, einen
Mord zu begehen. Die Hälfte der Typen in Attica sind so raffiniert wie du und
ich.«
»Ich nehme an, JoJo könnte sie erschossen haben,
aber das ergibt keinen Sinn. Jeder wußte, daß er Foxys Schatz war. Dafür hat
sie schon gesorgt.«
»Ich habe gestern kurz mit ihm gesprochen.
>Sehr schöne Stimme, hübsches Mädchen, sah sie nie privat. < Er
behauptet, daß er sie nach dem Ende der Show nie mehr getroffen hat.«
»Dann zum nächsten«, sagte Nina.
»Medora Battle. Ihr Mann, Roger, starb vor
siebzehn Jahren, etwa zur gleichen Zeit wie Terri. Zufall?«
»Herzinfarkt«, erklärte Wetzon.
»Was für ein Verhältnis war das?« fragte Nina.
Die Sonne strahlte durch die Jalousien und malte Streifen auf ihre Gesichter.
Wetzon stand auf und veränderte die Stellung der Lamellen.
»Zwischen Medora und Rog? Eng, glaube ich. Sie arbeiteten
gut zusammen. Hatten bereits zwei große Broadway-Musicals gemacht, die damals
noch liefen. Sie waren toll. Jeder sagte damals, daß Rog das eigentliche
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