Der letzte Vorhang
mich.«
»Tut mir leid. Du hast recht. Danke, Artie.« Sie
legte auf.
»Wer war das eben?« fragte Smith, die immer noch
die dunkle Brille trug. Vanity Fair lag aufgeschlagen vor ihr auf dem
Schreibtisch, und sie blätterte es durch.
»Artie Metzger hat mit Tom Keegen gesprochen.
Keegen leugnet, daß er auf Darlene geschossen hat und wünscht uns viel Glück
mit ihr. Artie meint, Hartmann könnte jemand beauftragt haben, mir Angst
einzujagen, damit ich nicht aussage.«
»Hm«, sagte Smith. Sie war wieder die alte
Smith, schick im maßgeschneiderten schwarzen Nadelstreifenkostüm, hauchdünnen
schwarzen Strümpfen und ihren Ballypumps. Na ja, beinahe ihr altes Ich. Wetzon
bemerkte, daß ihre Hände zitterten, wenn sie die Kaffeetasse hochhob.
»Außerdem solltest du wissen, daß ich nun doch
nicht aus-sagen werde, weil...«
»Gott sei Dank«, fiel ihr Smith ins Wort. Sie
stellte die Tasse hin.
»Weil Hartmann ein Geschäft mit dem FBI gemacht
hat. Er wird Namen nennen.«
»O nein!«
»Genau. Ich glaube nicht, daß seine Freunde mit
ihrer Unterstützung so großzügig sein werden wie in der Vergangenheit. Ich bin
froh, daß du mit ihm fertig bist.«
»Er wird sie verpfeifen«, sagte Smith mit
ehrfürchtiger Stimme.
Das Telefon läutete. Wetzon legte die Hand auf
den Hörer, doch das Läuten hörte auf, und das Lämpchen begann zu blinken. »Das
paßt zu dem Schwein.«
»Immerhin verdammt tapfer.« Smith sprach mit
größerer Munterkeit, als Wetzon es in den letzten Tagen erlebt hatte.
»Tapfer? Kaum. Er versucht, seine Haut zu
retten. Und er wird sich glücklich schätzen, noch eine Haut zu haben, wenn
seine Freunde das erst einmal spitzkriegen. Während wir hier reden, könnte es
schon einen Mordauftrag geben.«
Es klopfte, und Max, noch in seinem Tweedmantel,
erschien in der Tür. »Jay Kipper für dich, Wetzon. Er antwortet auf deinen
Anruf.«
»Ich dachte, wir wollten uns jetzt
zusammensetzen«, sagte Smith.
»Nur dieses eine Gespräch noch, Smith. Es geht
um Howie Minton.«
»Howie Minton! Versuchen wir immer noch, ihn zu
vermitteln? Ich kann’s nicht glauben. Wann haben wir ihn Loeb Dawkins
vorgestellt?«
»Ungefähr vor einem Jahr, vielleicht etwas
mehr.«
»Und er kann sich nicht entscheiden? Du meine
Güte. Dann entscheidet er sich nie. Warum vergeuden wir unsere Zeit?«
»Hör zu, Smith, es ist ja nicht so, daß die
Börsenmakler uns die Türen einrennen und uns bitten, sie unterzubringen.
Diesmal dachte ich, es würde was draus. Howies Geschäftsführer wurde gefeuert,
und der neue Direktor ließ ihm die Aufträge nicht so zukommen, wie es der alte
getan hat. Jay ist phantastisch zu ihm gewesen, hat ihm eine Assistentin
besorgt, hat ein Treffen mit einem Regionalvertreter arrangiert und sich ihm in
keiner Weise in den Weg gestellt.«
»Dann nimm endlich ab.«
Wetzon drückte auf den blinkenden Knopf und hob
den Hörer ab. »Tag, Jay.«
»Hallo, Wetzon.«
»Ich kümmere mich gerade darum, was aus Howie
wird.«
»Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, Wetzon, ich
geb’s auf mit ihm. Ich rufe ihn an — er sagt, er ruft zurück; er tut es nicht —
ich rufe wieder an. Jetzt mache ich die Beine nicht mehr breit.«
»Das tut mir leid, Jay. Ich telefoniere mit ihm
und lasse mir erklären, was los ist.« Sie legte auf.
»So. Wieder mal das Übliche bei Howie Minton.«
Wetzon nickte. »Jay sagt, er macht die Beine
nicht mehr breit.«
»Beine — nicht — mehr — breit«, wiederholte
Smith langsam.
»Ja. Findest du nicht auch etwas entfernt
Erniedrigendes an dieser Redewendung?«
»Alles an der Wall Street ist entfernt und
mitunter überdeutlich erniedrigend für Frauen. Wir dürfen uns davon nicht
unterkriegen lassen. Wir müssen darüber hinwegsehen, sonst sind wir aus dem
Geschäft.«
Smith hatte recht. Wenn Wetzon Jay alles erklärt
hätte, mit dem es sich ansonsten gut arbeiten ließ und der sich ausgezeichnet
auf die Makler einstellte, die Wetzon zu ihm schickte, dann hätte es die
Geschäftsbeziehung bestimmt zerstört.
Über die Jahre war Howie Mintons Karteiblatt von
einer Seite mit Eselsohren auf zwölf, in der linken Ecke zusammengeheftete
Blätter angewachsen. Wetzon legte sie beiseite. »Ich bin einfach nicht
aufgelegt, Howie jetzt anzurufen. Möchtest du mit unserer Besprechung
anfangen?«
»Ja. Heute nachmittag haben wir auch noch unsere
Produktionssitzung.«
»Wir? Kommst du etwa auch zu der Sitzung?«
»Ich verstehe nicht, warum du so unfreundlich
sein mußt,
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