Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
Eindruck, als würden sie nie benutzt. Alles wirkte aufgeräumt und sauber. Durch die beiden Fenster, die nach Süden hinausgingen, hatte man einen weiten Blick über die
Dächer. Deren Zinnen und Fernsehantennen hoben sich scharf vom nächtlichen Himmel ab.
»Keine schlechte Bleibe«, meinte Jean-Marc und begann mit der Durchsuchung des Zimmers.
»Fragt sich nur, woher der Mann das Geld für die Miete hat«, rief LaBréa, der in die Küche gegangen war. »Die dürfte nicht unter zweieinhalbtausend Euro liegen. Mit dem Ausblick! Kein Vis-à-vis, Zentralheizung, restaurierte Hausfassade...«
Auf dem Küchentisch lagen die Hochglanzprospekte, die LaBréa in Patrice Montanas Wohnung gesehen hatte. Daneben ein zwanzig Zentimeter langes rundes Eisenstück von etwa einem Zentimeter Durchmesser.
»Na bitte!« LaBréa nickte zufrieden und rief Jean-Marc zu: »Hier liegt der Schalldämpfer. Ein besseres Indiz gibt’s wohl nicht!«
Er öffnete sämtliche Fächer und Schubladen des Küchenschranks. Nur wenig Geschirr und Besteck befand sich darin. Das Notwendigste für einen Single: zwei Tassen, ein großer und ein kleiner Teller, Messer, Gabel, zwei Löffel. Hier wohnte niemand, der gern kochte oder Besuch empfing. LaBréa fand nichts mehr, was ihm von Bedeutung erschien, und ging zurück ins Wohnzimmer. Jean-Marc machte sich gerade am Kleiderschrank zu schaffen. In einem der unteren Fächer entdeckte er einen Schuhkarton. Als er ihn öffnete und den Inhalt inspizierte, stieß er einen erstaunten Laut aus.
»Hier, Chef, sehen Sie mal!« LaBréa war mit wenigen Schritten bei ihm. Jean-Marc hielt ihm einen dicken, unverschlossenen Umschlag entgegen. Darin lag ein Packen Geldscheine. LaBréa blätterte sie durch; es waren in der Hauptsache Fünfhunderter- und Zweihunderterscheine. Er schätzte, dass es sich um mindestens dreißigtausend Euro handelte.
LaBréa steckte die Scheine zurück in den Umschlag.
»Ich glaube, wir brauchen uns nicht lange den Kopf zu zerbrechen, woher er das viele Geld hat, Jean-Marc.«
»Denke ich auch. Ob Griseldis Geminard wohl die Einzige war, die auf ihn hereingefallen ist und die er ausgenommen hat?«
»Bestimmt nicht. Sie war ja auch nicht die Einzige, die ermordet wurde. Vergessen Sie Annie Normand nicht, die pensionierte Staatsbeamtin aus dem 13. Arrondissement, die 2003 erdrosselt wurde. Doch noch können wir nicht hundertprozentig sicher sein, dass Catteau wirklich der Täter ist. Wir brauchen seine DNA.«
Im Nachttisch neben dem Bett fand LaBréa einige Papiere, darunter weitere Hochglanzprospekte wie die, die er in Patrice Montanas Wohnung gesehen hatte. Dazwischen lag neben Rechnungsbelegen die Kopie eines Meldescheins. Am 13. September war Michel Catteau von der Avenue de la Republique hierher in die Rue Lafayette gezogen.
»Hm«, murmelte LaBréa, »bisschen wenig Informationen über seine Person.« Er schob die Schublade des Nachttischs zu und blickte sich prüfend um.
Jean-Marc war mit der Durchsuchung des Kleiderschranks fertig.
»Wir haben ja seinen Führerschein und den Personalausweis, Chef. Darüber kommen wir an weitere Daten.«
»Richtig. Vielleicht weiß Claudine ja auch schon mehr. Ich nehme mir unten ein Taxi und fahre ins Büro. Rufen Sie die Spurensicherung an und warten Sie, bis die Kollegen da sind.« LaBréa warf einen Blick auf seine Uhr. »Um halb neun steigt die Talkrunde.«
Auf der Straße wählte er als Erstes Francks Nummer. Der hatte inzwischen das Krankenhaus St. Lazare verlassen und befand sich auf dem Weg ins Präsidium. Michel Catteau war in die Notaufnahme gebracht und wenig später an der rechten Schulter operiert worden.
»Und die Speichelprobe, Franck?«
»Ist schon im Labor.«
»Wann können wir ihn vernehmen?«
»Sie wissen doch, wie die Ärzte sind, Chef. Ginge es nach denen, erst in ein paar Tagen. Aber ich habe gesagt, dass wir morgen im Lauf des Vormittags kommen.«
»Sehr gut, Franck. Im Übrigen haben wir in Catteaus Wohnung einen Haufen Geld gefunden. Mehrere Zehntausend Euro.«
»Na, dann haben wir ja unseren Walzer-Mörder!« Franck lachte.
»Wir sehen uns um halb neun zur Talkrunde. Bis dann, Franck.«
LaBréa musste bis zur Metrostation Louis Blanc laufen, bis er ein freies Taxi erwischte. Der Fahrer, ein Inder oder Pakistani, sprach nur gebrochen Französisch und kannte den Weg nicht. LaBréa erklärte ihm, wie er fahren sollte. Von unterwegs rief er Jenny an, die immer noch mit ihrem Klassenkameraden
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