Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
wieder, wenn Sie grünes Licht geben.«
Dr. Blanc dachte einen Moment nach. Hinter seiner runden Nickelbrille wirkten seine graublauen Augen leblos. Er gab sich einen Ruck.
»Na schön. Zehn Minuten, Commissaire, höchstens. Die Stationsschwester wird darauf achten, dass Sie die Zeit nicht überschreiten.« Abrupt drehte er sich um und ging über den glänzend gebohnerten Flur zu einer Tür mit der Aufschrift »Schwesternzimmer«.
»Halbgötter in Weiß«, murmelte Claudine. »Aber wenigstens haben wir Glück. Kommen Sie, Chef, er liegt in Zimmer 211.«
Der uniformierte Polizist, der seit dem gestrigen Abend Catteaus Krankenzimmer bewachte und auf einem Stuhl vor der Tür saß, stand auf und salutierte. LaBréa begrüßte ihn und sagte: »Zehn Minuten Pause für Sie, Brigadier. Gehen Sie in die Cafeteria. Wann kommt Ihre Ablösung?«
Der Mann blickte auf die Uhr.
»Erst in einer Stunde. Danke, Commissaire. In zehn Minuten bin ich zurück.«
Als Verdächtigen in einem Mordfall, der rund um die Uhr bewacht werden musste, hatte man Michel Catteau in ein Einzelzimmer verlegt. LaBréa und Claudine betraten den Raum. Catteau blickte kurz Richtung Tür, schloss jedoch gleich darauf die Augen.
Ohne Umschweife kam LaBréa zur Sache.
»Sie sind verdächtig, den Besitzer des Lokals Paradis, Patrice Montana, gestern Mittag in seiner Wohnung erschossen zu haben. Ihre Waffe und der dazugehörige Schalldämpfer, den wir in Ihrer Wohnung gefunden haben, werden derzeit von unseren Technikern untersucht. Möchten Sie sich zu den Vorwürfen äußern?«
Michel Catteau antwortete nicht. Er drehte rasch seinen Kopf zur Seite. Die schnelle Bewegung verursachte ihm Schmerzen, denn er stöhnte auf. Seine rechte Schulter war dick verbunden. Auf dem linken Handrücken war ein Zugang gelegt worden, durch den eine Infusionsflüssigkeit tropfte.
LaBréa wartete einen Augenblick, bevor er fortfuhr.
»Die Beweise sind erdrückend, Monsieur. Ein Geständnis würde Ihre Lage wesentlich verbessern.«
Es kam keine Antwort. Jetzt versuchte es Claudine.
»Woher kannten Sie Monsieur Montana? Von früher? Als er Sie und Ihre Mutter im Winter mal mit in ein Bordell nahm, damit Sie sich aufwärmen konnten?«
Beinahe unmerklich zuckte die Hand mit dem Zugang. Es entging LaBréa nicht. Er setzte nach.
»Das alte Stellwerk an der Gare de Lyon. Erinnern Sie sich? Haben Sie da mit Ihrer Mutter gewohnt, als Sie ein Junge waren? Ihre Mutter wurde auf dem Gelände
getötet. Vor wenigen Tagen haben wir ihren Leichnam gefunden. Wer war ihr Mörder?« LaBréa beugte sich über den Mann, der den typischen Geruch frisch Operierter verströmte. »Waren Sie es?«
Michel Catteaus Brust hob und senkte sich in schnellem Rhythmus. Ein untrügliches Zeichen für innere Erregung? Doch er schwieg weiter.
LaBréa ließ erneut etwas Zeit verstreichen, bevor er weiterredete.
»Sie waren jemand, der das Tanzlokal Paradis aufsuchte, wo der ermordete Patrice Montana Geschäftsführer war. Ich habe am Sonntag gesehen, wie Sie die älteren Frauen dort taxiert haben. Als ob sie nach Beute Ausschau hielten.« Er machte eine kurze Pause. »Griseldis Geminard. Annie Normand. Zwei alte Damen, die gern Musettewalzer tanzten. Beide Frauen sind tot. Der Mörder hat ihnen große Geldbeträge abgenommen. Die beiden passten doch in Ihr Beuteschema, hab ich Recht?«
Immer noch schwieg der Mann. Doch jetzt drehte er langsam den Kopf in LaBréas Richtung und öffnete seine kornblumenblauen Augen. Sein Blick verriet keine Reaktion. Sekunden später verzog er seinen Mund zu einem Lächeln. Die Hasenschartennarbe färbte sich unter dem Bärtchen rot, als schösse Blut ein.
Es war ein hässliches Lächeln, das wie ein Geständnis erschien. Nur wusste LaBréa, dass es als Geständnis nicht zu verwerten war.
In selben Moment betrat die Oberschwester das Krankenzimmer. Sie war eine korpulente Frau mit asiatischen Gesichtszügen, die keinen Widerspruch duldete.
»Das war’s, Commissaire. Ihre zehn Minuten sind um.«
Durch den strömenden Regen liefen sie zum Parkplatz des Krankenhauses, wo Claudines Wagen stand. Kaum hatte LaBréa auf dem Beifahrersitz Platz genommen, klingelte sein Handy. Es war Brigitte Foucart. In Zusammenarbeit mit den Kollegen von der Osteologie hatte sie sich noch einmal um die letzten, entscheidenden DNA-Analysen gekümmert.
»Wir haben die ganze Nacht durchgearbeitet. Ich erspare dir die wissenschaftlichen Details und mache es kurz. Die DNA von Michel
Weitere Kostenlose Bücher