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Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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Können Sie sich das vorstellen? Wir mussten sie rekrutieren, um ihnen das Maul zu stopfen. Ernsthaft, Jake, das da draußen ist der reinste Zirkus, die blanke Anarchie. Jeder Teenager mit einer Silberschmelzeinrichtung und einem Diplom in
Buffy
… Also, es gab mal Zeiten, da –«
    »Würden Sie mir einfach erzählen, was los ist?«
    Ellis hob die Hand. »Sie haben ja recht. Tut mir leid. Ich brauch noch eine Tasse. Sie auch?«
    Nein. Während Ellis sich eine frische Tasse Kaffee holte, hob ich Talullas Kleidungsstücke auf, die im Zimmer herumlagen, und legte sie beiseite. Ich deckte auch das Bett zu. Entsetzlich, dass Ellis die Beweise für unsere Zweisamkeit sah, nun, wo alles vorüber war. Ständig musste ich an die Art denken, wie sie letzte Nacht meine Hand genommen hatte und wir beide nichts hatten sagen können. So als hätten wir eine Vorahnung gehabt.
    Ellis lugte durch die Verandatür hinein. »Wollen Sie sich raussetzen? Es ist ein wunderschöner Tag.«
    Mit zusammengebissenen Zähnen ging ich zu ihm in das grelle Licht auf der Veranda. Der Sonne nach zu urteilen war es vielleicht drei Uhr nachmittags. Unter uns sprenkelten kleine weiße Häuser den Hügel bis zum Dorf hinunter; Konia erging sich in seinen absurd pittoresken Geschäften. Ein braungebrannter Fischer saß auf einer Ankerwinde und flickte ein Netz. Ein Kellner lehnte rauchend an einem Laternenmast. Vier Teenager umstanden eine orangefarbene Vespa. Ich setzte mich Ellis gegenüber, die Sonne im Rücken. Die Hitze der Sonne umhüllte meinen Hinterkopf wie eine höllische Kippa.
    »Also gut«, fing Ellis an. »Die Untersuchungen der Werwolfinfektion wurden offiziell vor fünf Jahren beendet. Inoffiziell machten unsere Jungs damit weiter. Es war ziemlich schwierig, uns gingen die Versuchskaninchen aus – aber wir hatten ja noch Alphonse Mackar. Alphonse war unsere goldene Gans – bis er entwischte.
Geflüchtet
, um Himmels willen. Ich kann einfach nicht fassen, dass wir da so nachlässig waren. Einer von den jungen Kerlen …« Er sah weg und schüttelte den Kopf. »Jedenfalls«, fuhr er fort, »in der Nacht in der Wüste wollten wir ihn wieder einfangen. Und wenn das nicht klappte, einen Schuss mit der neuesten Version des Antivirus auf ihn abfeuern. Und was passiert? Unser Schütze trifft mit dem Pfeil aus Versehen Talulla.« Er beugte sich vor und runzelte die Stirn. »Und wer war der Schütze? Ich! Der Wunderknabe!« Er entspannte sich wieder und lehnte sich lächelnd zurück. »Glücklicher Zufall, Jake, jedes Mal. Die ganze Zeit versuchen wir, den Werwolf zu behandeln. Plötzlich und rein zufällig behandeln wir das Opfer. Talulla ist die Erste seit über hundertfünfzig Jahren, die den Biss überlebt – und Werwölfin wird. Sie hat überlebt und sich verwandelt, weil die Medikamente, die unsere Eierköpfe da zusammengebraut haben, tatsächlich wirken. Wir wissen noch immer nicht, ob sie auch bei einem ausgewachsenen Werwolf den Virus abtöten, aber offensichtlich tun sie es bei einem jungen. Wirst du gebissen, gibt’s eine Dosis davon und – Trara! Ein brandneuer Werwolf. Das denkt Poulsom jedenfalls. Er ist der Kopf dahinter. Wir leben in aufregenden Zeiten.«
    »Das ergibt doch keinen Sinn«, entgegnete ich. »Sie haben Wolfgang erledigt.
Sie
. Sie sind Grainers Ziehsohn. Sie haben doch einen ganzen Haufen von uns abserviert.«
    Wieder nickte Ellis und senkte den Kopf. Dann seufzte er auch noch. »Sie haben recht, Jake«, sagte er. »Ich hab zu lange gebraucht. Ich stand im Banne des Mannes. Er hat nun mal diese Gabe. Wissen Sie, dieses Charisma. Er ist wirklich wie ein Vater zu mir gewesen. Aber ich musste in seiner Nähe bleiben, um herauszufinden, wer die Entscheidungsträger in der Organisation sind. Grainer hat Zugang zu allen. Selbst jetzt bereitet mir die Vorstellung, er könne nicht mehr dabei sein, Unwohlsein. Dabei bin ich schon ein Jahr bei den Abtrünnigen. Da ist dieses Gespenst der Zwiespältigkeit, das die Seiten nicht wechseln kann. Das ist der Preis für das Leben als Doppelagent.«
    Mir war selbst ein wenig unwohl. Offenkundig hatte Ellis den Verstand verloren. Sein inneres Universum war undurchdringlich. Vielleicht sagte er die Wahrheit. Vielleicht litt er auch nur unter lang anhaltenden Halluzinationen. Die grundlegenden Bezugspunkte und Parameter fehlten. Ich musste ihn beim Wort nehmen. Was nicht schwierig war, denn statt einer anderen Erklärung war da nur blanke Leere.
    »Ach, übrigens«, meinte Ellis,

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