Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
Vom Netzwerk:
in mir zerbrach hörbar etwas. Wenn Maddy nicht das war, was sie schien, dann wäre das eine kleine, ganz eigene und zutiefst betrübliche Enttäuschung, eine, bei der man sagen würde: Himmel, ist denn heutzutage gar nichts mehr heilig?
    »Reine Zivilistin«, antwortete Ellis. »Ein Niemand. Vergessen Sie sie.«
    Ein schwacher Trost.
    »Okay, aber was war mit der Belagerung in Cornwall?«
    »Das war einfach verdammtes Pech. Ich wollte Ihnen gerade alles verraten, als ich eine Nachricht vom Team bekam, dass noch zwei weitere Vampire aufgetaucht seien. Ich musste los. Zu Ihrer Information, wir haben in der Nacht noch drei weitere erledigt, aber das dauerte die ganze Nacht – und am Morgen sind Sie ja nach London zurück, bevor ich noch Gelegenheit hatte, mit Ihnen zu reden.«
    »Sie tragen offenkundig nicht die Verantwortung«, erklärte ich.
    »Himmel, nein. Die Kopfschmerzen soll sich jemand anderer machen.«
    Eine offenkundige Lüge – wir beide wussten, dass er auf dem Weg zu höchsten Positionen war –, aber ich beließ es dabei. »Wer dann?«
    »Na kommen Sie, Jake, das ist vertraulich. Wozu wollen Sie das wissen?«
    Madeline hätte geantwortet:
Weil ich nicht den Affen will, sondern den Leierkastenmann
.
    »Keine Ahnung«, antwortete ich. »Vielleicht, weil ich den Eindruck habe, dass Sie sich in dem einen Augenblick völlig vernünftig anhören und im nächsten komplett durchgeknallt.«
    Ellis nickte. »Das liegt an meiner Art«, räumte er ein. »Man sagt mir nach, dass ich komisch bin. Sie wissen ja, dass ich Waise bin, oder?«
    »Nein, das wusste ich nicht.«
    »Als ich noch kein Jahr alt war, hat mich meine Mutter in einem K-Mart in Los Angeles ausgesetzt. Ich träume immer noch von dem Ort, eine Art verschwommenes Weihnachtsglitzern.«
    Sein Bewusstsein wirkte wie eine tödliche ozeanische Unterströmung. Ehe man sich versah, war man in kaltem Wasser, Meilen von der Küste entfernt. Ich stand auf. »Genug von dem Scheiß«, sagte ich. »Sagen Sie mir nur, was ich zu tun habe.«
    »Immer mit der Ruhe, Jake. Noch nichts. Sind noch siebzehn Tage bis Vollmond. Grainer will noch immer das Tier. Seiner Kenntnis nach sind Sie vom Radar verschwunden. In zwei Wochen werden Sie sich mit ihm in Verbindung setzen und ihm den Plan erläutern. Rache für Harley. Mann gegen Mann, alles oder nichts. Bleiben Sie bei Ihrem ursprünglichen Ort in den Wäldern von Wales. Wir haben uns darauf vorbereitet. Ich lasse drei Jungs bei Ihnen, für den Fall, dass die Vampire auf Ihre Spur kommen, aber bleiben Sie ruhig, okay? Ach, und verplempern Sie kein Geld damit, den Jungs den Aufenthaltsort von Talulla abzukaufen. Sie kennen ihn nicht. Heute Abend sitzen Sie im Flieger nach London. Hier ist ein neues Handy mit Ladegerät. Halten Sie es rund um die Uhr bereit. Der Einzige, der Sie anrufen wird, bin ich. Im Augenblick fahren Sie einfach nur nach Hause und warten ab.«
    »Das ist alles?«
    »Das ist alles. Vertrauen Sie mir, Jake, alles wird gut. Wir beide werden als Sieger aus der Sache hervorgehen.«
    Wieder klingelte sein Handy. Diesmal ging er dran, sagte: »Los«, wartete einen Augenblick und hielt mir das Handy hin. »Hier«, sagte er. »Sprechen Sie mit Ihrer Herzensdame.«

48 .
    Ein Partikelsturm fegte über den Himmel, der sich für einen Augenblick verdunkelte. Schweiß perlte mir auf der Handfläche, als ich das Handy nahm.
    »Lu?«
    »Jake?«
    »Geht es dir gut?«
    »Alles in Ordnung. Wo bist du?«
    »Du bist nicht verletzt? Sie haben dir nichts getan?«
    »Nein, ich bin nicht verletzt.«
    »Hab keine Angst. Ich hol dich da raus. Es wird alles wieder gut.«
    »Wo bist du?«
    »Immer noch in der Villa. Weißt du nicht, wo du bist?« Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte ich Ellis, dessen Miene verriet: Also wirklich, Jake, seien Sie nicht albern.
    »Nein. Ich war in einem Flugzeug, glaube ich. Hier ist es wie in einem Krankenhaus. Es gibt einen Arzt, zumindest einen Kerl, der sich so kleidet.«
    »Was haben sie mit dir gemacht?«
    »Nichts. Eine Blutprobe, eine Urinprobe. Sie sind alle sehr besorgt um mich.«
    »Lu, hör zu. Sie werden dich für siebzehn Tage festhalten. Ich werde ab und zu mit dir sprechen können –« Ich sah Ellis an. Nicht allzu oft, verriet seine Miene. »Halte durch. Ich hol dich da raus, okay?«
    In der folgenden Stille spürte ich wie einen plötzlichen Temperaturabfall, wie groß ihre Angst war. »Versprochen?«, fragte sie.
    Ich musste schlucken und mich von Ellis abwenden.

Weitere Kostenlose Bücher