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Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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generösen Abschiedsbonus versprochen. Ja, ich nahm Abschied.
    »Du hast aber auch
so was
von nicht mehr alle Murmeln beisammen«, sagte sie, als ich die Tür öffnete. »Was machst du denn
hier

    »Sterben. Hier ist Champagner. Trink, und ab ins Bett mit dir.«
    »Meine Güte. Darf ich erst den Mantel ausziehen?«
    »Falls du das für nötig hältst, aber schnell bitte.«
    Maddy war nicht die einzige Person, die aus London hergefunden hatte. Ich hatte meine Abreise aus der Hauptstadt faktisch hinausposaunt, also waren mir die Überwachungsleute der WOKOP natürlich gefolgt. Ich hatte überall Agenten entdeckt, nur Grainer und Ellis hatten sich bislang noch nicht blicken lassen. Ich fragte mich, was sie wohl glaubten, was ich vorhatte, all dieses Herumtrödeln, diese Unbekümmertheit. Ihnen durfte das wohl als Vorbereitung auf den größten Taschenspielertrick aller Zeiten vorkommen: Wie lasse ich mich verschwinden? Sich derart offenkundig zu zeigen, kann doch nur Vorspiel einer unglaublichen Flucht sein. Gott allein weiß, was die wohl dachten, welche Ränke ich schmiedete.
    »Au«, sagte Madeline, als sie auf dem Bett über etwas Hartes gerollt war. »Dein verdammtes Handy.« Es war später Nachmittag des vierten Tages, und wir waren gerade erst aufgewacht. Die Vorhänge waren geschlossen, und das letzte bisschen Licht, das hereinfiel, wurde bereits fahl. Die Nacht war anstrengend gewesen, für Madeline, weil ich sie sechs Mal mit absurdem Durchhaltevermögen genommen hatte, und für mich, weil kein noch so langer Fick mit ihr das psychische Quartett aus Angst und Langeweile, Trauer und Hunger unterdrücken konnte, das sich darin abwechselte, ich zu sein, sich aber manchmal eben nicht mehr abwechselte, sondern in einem hypnotischen Spezialeffekt ekelhaft miteinander verschmolz. Ich hatte einen Champagnerschädel und Kokaingedärme, doch viel mehr drängten mich die ersten Blutschauder und Muskelzuckungen der bevorstehenden Verwandlung. Der Letzte Fluch.
    »Da ist ein Anruf drauf«, sagte Madeline. »Hier. Ich muss mal. Gott, ich fühle mich wie der Tod persönlich.«
    Das Handy war natürlich
das
Handy, für Harley. Die Batterie fast leer. Das Nachrichtensymbol blinkte. Die abgehackt klingende, unpersönliche Frauenstimme (eine leicht retardierte Nachfahrin der sprechenden Uhr) sagte: Eine. Neue.
Nach
richt. Empfangen.
Gestern
. Um
Sieben
. Uhr.
Vier
zehn.
    Harley.
    »Herrgott, Jake, hör zu. Es –«
    Das war alles.
    Ich spielte die Meldung noch einmal ab, völlig sinnlos, da ich sie schon beim ersten Mal verstanden hatte. Die Nachricht war abrupt unterbrochen worden. Ich rief an. Anrufbeantworter. Noch einmal. Anrufbeantworter.
    Wieder schien ein wenig Licht verdämmert zu sein. Das Zimmer roch nach Hotelteppich, schalem Champagner und Sex. Adrenalin flatterte und hüpfte in meinen Schultern und Handgelenken, fuhr mir durch Schädel, Hoden, Knie. Ich stand da, starrte ein Loch in die Luft, versuchte durch Wände zu sehen, über Meilen und Stunden hinweg in andere Menschen.
    Ich rief erneut an.
    Anrufbeantworter.
    Maddy kam aus dem Bad. Sie hatte sich das Gesicht gewaschen, die Zähne geputzt und die Haare hochgesteckt. In zehn Minuten würde sie wieder so gut aussehen wie ein neues Auto. Sie konnte sich erstaunlich schnell erholen. »Schau dir das mal an, vielen Dank«, sagte sie, drehte den Kopf zur Seite und zeigte mir eine winzige Stelle auf ihrem biegsamen Hals. »Das ist ein Knutschfleck, oder nicht?«
    »Zieh dich an«, forderte ich sie auf. »Ich geb dir einen Tausender extra, wenn du dich auf der Stelle anziehst und nach unten ins Restaurant gehst. Ich brauche ein paar Minuten.«
    »Ich kann doch nicht da runter, so wie ich aussehe.«
    Ich fand ihr Kleid von letzter Nacht und warf es ihr zu. »Einen Tausender obendrauf. Na, geh schon. Ich komme gleich nach.«
    Als sie fort war, stand ich allein im Zimmer (angekleidet, brutal wach), alle Lichter brannten, ich hielt das Handy in der Hand und versuchte, nicht in Panik zu geraten.
    Herrgott, Jake, hör zu. Es –
    Was?
    Es war ein Risiko, dennoch rief ich im Haus in Earl’s Court an. Hier ist der Anschluss von Elite Antiquarian. Bitte hinterlassen Sie Name, Nummer und eine kurze Nachricht. Wir rufen sobald wie möglich zurück. Vielen Dank. »Ja, hallo. Hier spricht Mr Carlyle. Ich habe gehört, dass Sie kürzlich ein
Malleus Maleficarum
aus dem 16 . Jahrhundert erworben haben, das ich mir sehr gern einmal angeschaut hätte. Meine Nummer lautet …«

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