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Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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ganz allein an einem dieser Picknicktische im Wald. Ich tauche zwischen den Bäumen auf, und Sie sind erfreut, mich zu sehen. Sie winken mir zu, um Himmels willen. Ich meine, ich tu’s, ich schneide Ihnen den Kopf ab, aber Sie sitzen nur da, grinsen, nicken. Das ist höllisch deprimierend. Das will ich nicht.«
    »Seit wann wissen Sie das mit Harley?«
    »Seit Jahren. Sie beide waren nicht sonderlich aufmerksam. Das war auch nicht besonders schwierig.«
    »Überwachung?«
    »Alles. Telefone, Handys, das Haus in Earl’s Court, Harleys Club. Himmel, Jake, wir hatten sogar
Sie
ein Dutzend Mal verwanzt.«
    Ich war erleichtert. Man kann nicht ewig mit einer Bedrohung leben, ohne sie nicht irgendwann einmal herbeizusehnen.
    »Und die französische Geschichte, mit diesem Idioten Cloquet, alles Quatsch?« Fragen über Fragen. Nur eine war wichtig: Was hatten sie mit Harley gemacht? Herrgott, Jake, hör zu. Es –
    Grainer schüttelte den Kopf. »Dieser Typ, ach herrje, was für ein Blödmann. Nein, die Geschichte, die Sie von Harley kennen, ist so weit wahr. Cloquet hat Sie von Paris aus verfolgt, und der WOKOP -Agent hat ihn verfolgt. Das Einzige, was Harley nicht wusste: Wir wussten es schon die ganze Zeit. Wir wissen schon seit ungefähr 2003 , wo Sie sich aufhalten.
Harley
war unser Beobachter, wenn auch unwissentlich. Na jedenfalls, als klarwurde, dass Cloquet vorhatte, Sie selbst zu erledigen, wurde er davon abgehalten. Von mir, um genau zu sein. Wie Sie wissen, betrachte ich Sie als meine Verantwortung. Ganz allein.«
    »Und Cloquet ist wer?«
    »Jaqueline Delons Freund, zumindest einer davon. Kokser. Mehr wissen wir nicht. Sie schien ziemlich stinkig zu sein, als sie herausfand, dass er Sie umlegen wollte.«
    »Bist du ein Spion?«, fragte mich Madeline leise.
    »Nein«, antwortete ich.
    »Er ist ein Werwolf, Schätzchen«, erklärte Grainer. »Das hast du ihr doch erzählt, oder, Jake?«
    »Habe ich, ja.« Ich war wieder müde. Maddy machte ein Gesicht angespannten Nachdenkens. Ich hoffte inständig, sie würden sie nicht umbringen. Eine solche Erfahrung zu überleben, war vielleicht genau die Art von Epiphanie, die sie aus der Prostitution katapultieren konnte.
    »So beendet man doch keinen Krieg, Jake«, sagte Grainer. »Einfach dasitzen und …«
    »Sich fallenlassen?«
    »Sich fallenlassen. Das ist irgendwie nicht recht.«
    »So muss die Welt enden«, sagte ich.
    »Ihre nicht. Sie sind der Letzte einer großen Art. Sie schulden der Geschichte einen besseren Schluss.«
    »Es gibt keine Geschichte. Das wissen Sie.«
    »Es gibt die Geschichte, die wir schreiben. Das ist unsere Verantwortung.«
    Ellis nickte. »Nur weil das Leben bedeutungslos ist, heißt das noch nicht, dass wir es nicht als bedeutungsvoll erleben«, erklärte er.
    »Alle Achtung«, sagte ich. »Das sollten Sie sich patentieren lassen. Ich hab auch noch einen: Man muss nicht verrückt sein, um hier zu arbeiten, aber es hilft ungemein.« Langsam kochte mir die Wut in den Adern. Nicht über Ellis’ Banalität (oder Grainers Arroganz), sondern darüber, zu etwas gezwungen zu werden, wo ich doch nichts wollte.
    »Also«, erklärte Grainer, »Madeline geht einen Augenblick mit uns nach unten. Sie bleiben hier. Wir schicken sie mit dem Schlüssel für die Handschellen wieder rauf, dazu die Informationen, die Sie brauchen.«
    »Welche Informationen?«
    »Über Harley. Madeline, wenn Sie das tun, sind Sie frei und können gehen. Wenn Sie das vermasseln oder irgendwas versuchen, sind Sie tot. Verstanden?« Maddy nickte und schluckte. Ihre kleinen Nasenflügel flatterten. Unter sanfter Zuhilfenahme der Waffe stand sie auf ihren hochhackigen Schuhen auf. Ihre Knie zitterten ein ganz klein wenig. Ellis stand auf und stellte den Stuhl zurück. »Sie bleiben sitzen, Jake«, sagte Grainer. »Sie ist gleich wieder zurück.«
    Ich wartete. Das Zimmer wartete. Der morgige Vollmond zog, zerrte, schlug zu. Es gibt diese kleinen Späßchen vor der Verwandlung, Geisterzuckungen, Muskeln und Knochen, die vorpreschen. Das Ungeheuer kennt die Dauer des Wartens, so wie ein Hund die Länge seiner Leine kennt, und doch zerrt der Hund und erwürgt sich fast. Mein Vorderzahn begann bereits mit leichtem Ziehen nachzuwachsen. Informationen über Harley. Wahrscheinlich hatten sie ihn irgendwo. Also folgendermaßen: Er bleibt so lange am Leben wie Sie. Geben Sie auf, ist er dran. Ellis’ Idee, da war ich mir sicher. Ein Plan simpler Symmetrie, aus seiner distanzierten Hochmut

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