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Der letzte Weynfeldt (German Edition)

Der letzte Weynfeldt (German Edition)

Titel: Der letzte Weynfeldt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Tonfall zu imitieren, als sie hinzufügte: »Es wäre einfach nicht okay.«
    Im Lift fragte er: »Darf ich deine Adresse haben?«
    Und wieder echote sie: »Es wäre einfach nicht okay.«
    Aber sie gab ihm einen Kuss, der ein wenig mehr war als ein Gesellschaftsküsschen und ihn hoffen ließ, dass es tatsächlich zu einer nächsten Führung kommen würde.
    Zurück in der Wohnung füllte er den Eiskübel neu und verzog sich mit dem Rest des Champagners in sein Arbeitszimmer. Er genoss das Kribbeln der zehnmal mehr Bläschen im Mund auf neue Art und studierte die Vallottons. Den doppelten Vallotton. Den Vallotton und den Strasser. Den gleichen und denselben.
    Er brauchte eine ganze Weile, bis er es fand. Es befand sich in einer Verzierung am Gusseisen des Salamanders. Auf die Eitelkeit des Fälschers war nicht immer Verlass. Aber auf die von Rolf Strasser schon.
    Lange stand er in Gedanken vor dem Vallotton und versuchte einen Entschluss zu fassen. Schließlich ging er zum schwarzen Werkzeugmöbel mit den rotlackierten Griffen und öffnete eine Schublade. Dort lagen wild durcheinander Malkästen, Farbtuben, Pinsel und andere Malutensilien aus der Zeit, als er manchmal heimlich einen Anlauf nahm, um das in der Kunstgewerbeschule Gelernte aufzufrischen und wenn möglich weiterzuentwickeln.
    Er fand einen feinen Pinsel und mischte sorgfältig ein wenig Tempera im tiefen Rotbraun der Täfelung in der oberen rechten Ecke des Bildes.

20
     
    Links ein Laden, der gebrauchte Fernseher, Stereoanlagen, Radios und Handys verkaufte, kaufte und reparierte, rechts einer, der »Superangebote aus Zwangsversteigerungen« im Angebot hatte, dazwischen der Eingang zur Nummer 241, Lorenas Hausnummer. Die Eingangstür war aus Metall und drahtnetzverstärktem Industrieglas. Im oberen Teil der Glasfüllung klebte ein Kunststoff-Flicken mit dem Namen eines Glasereigeschäftes über einem kleinen Loch wie von einer Spitzhacke. Er hatte schon dort geklebt, als Lorena eingezogen war.
    Sie öffnete die Tür und betrat den Hausflur. Links und rechts je zwölf Brief-und Milchkästen mit immer wieder neu überklebten und von Hand korrigierten Namensschildern. Rechts eine Treppe in den Keller, links eine in die vier Stockwerke, in der Mitte ein Liftschacht. Die Lifttür war die leicht verkleinerte Kopie der Haustür. Es roch unbestimmt nach Schmutz und den Mitteln, mit denen man ihm beizukommen versuchte.
    Im Lift hing der Geruch nach dem Schmierfett der Drahtseile, die im Schacht neben der Kabine runterhingen. Lorena hatte sie, als sie die Wohnung verließ, durch die offene Lifttür gesehen, an der ein Schild mit der Aufschrift hing: »Sorry, Revision!«
    Sie nahm die Treppe in den zweiten Stock, der Liftmechaniker hatte ihr keinen vertrauenerweckenden Eindruck gemacht.
    Die Wohnungstür führte direkt ins Wohnschlafzimmer. Sie ließ sich gerade so weit öffnen, dass Lorena hineinschlüpfen konnte. Je länger das Provisorium ihrer Wohnsituation dauerte, desto weniger Bewegungsraum blieb ihr zwischen den Schachteln, Koffern und Kleidungsstücken.
    Sie machte Licht und setzte sich auf die Kante des ungemachten Bettes. Die Wirkung des Champagners hatte nachgelassen, und was sie sah, ernüchterte sie vollends. Warum war sie nicht geblieben? Sie hätte noch ein paar Gläschen von diesem Champagner getrunken, den sie nie im Leben aus eigener Tasche bezahlen könnte, und wäre dann in sein großes, weiches, frischbezogenes Bett gesunken. Sie hätte nicht mit ihm zu schlafen brauchen, er drängte sich nicht auf. Aber vielleicht hätte sie Lust gehabt.
    Ja, ja, taktisch wäre es falsch gewesen. Aber nach welcher Taktik? Der von Baier. Als ob Weynfeldt der Typ wäre, der sie dadurch erobern wollte, dass er ein gefälschtes Bild in die Versteigerung nahm. Nein, Weynfeldt war das, was sie ihn genannt hatte: überkorrekt. Seine Welt war eingeteilt in das, was okay war, und das, was einfach nicht okay war. Da hätte sie genauso gut die Nacht mit ihm verbringen können.
    Sie kletterte über ihre Habseligkeiten zur Kochnische und schaute im Kühlschrank nach. Wie erwartet: nichts. Nichts, außer einem Bier. Eine Literflasche Billigbier der Eigenmarke eines Discounters. Sie ließ es stehen. So weit war sie noch nicht, dass sie nach Roederer Cristal zu Billigbier griff.
    An der Oberkante der halboffenen Tür des einzigen Einbauschranks hingen die Kleiderbügel mit den Einkäufen aus dem Spotlight. Bei einem, dem es zwölftausend Franken wert war, sie aus einer

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