Der letzte Weynfeldt (German Edition)
Sicherheitsschleuse und hinauf in seine Wohnung, fragte sie sogar, ob sie etwas trinken wolle. Als sie ablehnte, verfügte er immerhin über genügend Geistesgegenwart, sie ins Von-der-Mühll-Zimmer zu führen, den Raum mit den unbequemsten Sesseln.
Es fiel ihr gar nicht auf, so dringend wollte sie loswerden, was sie zu sagen hatte.
Sie öffnete ihre Handtasche, das markenlose Modell von ihrer ersten Begegnung, entnahm ihr ein Bündel Tausendernoten und warf sie auf den Tisch. »Es fehlen sechs«, bemerkte sie dazu.
»Was ist damit?«
»Gehört dir. Mein Anteil an den fünf. Mein Anteil an den hundertzwanzig. Mein Anteil an den vier Komma eins.«
Adrian verstand nicht.
»Ich würde doch gerne etwas trinken«, bat sie. »Vielleicht einen Wodka Tonic. Geht das?«
»Nein«, sagte er. »Erzähl.«
»Es ist schnell erzählt: Ich stecke mit Pedroni unter einer Decke.«
»Pedroni?«
»Der Geldeintreiber. Er ist keiner. Er ist ein Verkäufer. Und ein kleiner Gauner. Wie ich. Ein schäbiger kleiner Gauner.«
Weynfeldt war überrumpelt von diesem Geständnis. »Moment«, sagte er, stand auf und verließ den Raum. Er ging in die Küche, fand Tonic in einem Kühlschrank und Wodka in einem Gefrierschrank. Dann suchte er minutenlang kopflos nach etwas, woran er sich nicht erinnern konnte. Nein, nur das nicht, dachte er, ich will es nicht hören, keine Geständnisse, bitte. Nur jetzt keine Geständnisse.
Zitrone! Erst als er die Schublade eines Klimaschranks voller Zitronen und Limetten öffnete, fiel ihm ein, was er gesucht hatte. Er fand zufällig ein Tellerchen für die Zitronenschnitze, ein Messer, um die Zitrone in solche zu schneiden, ein Glas, Eiswürfel. Als er endlich mit einem Tablett und allen Zutaten zurück zum Zimmer kam, blieb er vor der Tür stehen und ließ noch etwas Zeit verstreichen.
Als er eintrat, stand sie mit dem Rücken zum Raum und schaute zum Fenster hinaus. Sobald sie ihn hörte, wandte sie sich um und fuhr mit ihrer Beichte da fort, wo er sie unterbrochen hatte.
»Er ist Verkäufer im Spotlight. Er hat gesehen, wie großzügig du mir aus der Patsche geholfen hast, und kam auf die Idee, noch ein paar andere Patschen zu erfinden, aus denen du mir heraushelfen könntest.«
Weynfeldt hatte unterdessen den Drink gemixt und überreichte ihn ihr. Sie nahm einen durstigen Schluck. »Falsch. Es war nicht seine Idee. Es war meine. Siehst du, ich lüge einfach, sobald ich den Mund öffne. Es lügt mir. So eine bin ich.«
Bitte hör auf, wollte er sagen. Aber wieder einmal brachte er kein Wort heraus. Er streckte die Hand aus und fasste sie an der Schulter, in einer tröstenden, aufmunternden Geste.
Sie schüttelte die Hand ab. »Du sollst kein Mitleid haben mit denen, die dich verraten und betrügen und verarschen.« Sie schrie es beinahe. »Weißt du, dass mir Baier fünfzigtausend geboten hat, falls ich es schaffe, dass du den falschen Vallotton in die Versteigerung nimmst?« Sie hob das Notenbündel hoch und ließ es wieder fallen.
Adrian spürte, wie er errötete. Nein, das hatte er nicht gewusst.
»Du brauchst nicht rot zu werden. Ich bin es, die sich schämen müsste. Aber nicht einmal das kann ich mehr. Rot werden.«
Adrian spürte, wie sich die Gleichgültigkeit auf seinem Gesicht ausbreitete.
Lorena leerte ihr Glas. Die Tränen, die sie immer wieder ärgerlich weggewischt hatte wie lästige Insekten, flossen jetzt hartnäckig. »Scheiße«, brachte sie hervor. Und nochmals: »Scheiße.«
Weynfeldt löste sich aus seiner Erstarrung. Er mixte einen neuen Drink und nahm einen großen Schluck. Dann hielt er ihr das Glas hin.
»Danke«, brachte sie hervor, und dann: »Du warst immer so anständig.«
Damit verlor sie auch den letzten Rest ihrer Fassung. Sie wurde von Weinkrämpfen geschüttelt.
»Ich dachte, das war es, was dich an mir so gestört hat.« Das brachte sie zum Lachen. Er wartete, bis das Lachen und Weinen sich gelegt hatte. Dann reichte er ihr sein Taschentuch. Weiß, gebügelt, Monogramm.
Sie schneuzte sich und holte tief Luft. »Pedroni weiß es.«
»Was?«
»Das vom Vallotton. Ich habe es ihm erzählt, ich Kuh.«
Adrian nahm es mit einem Schulterzucken zur Kenntnis.
»Klar. Das überrascht dich nicht. So hast du mich eingeschätzt. Hast ja recht.«
Er gab keine Antwort.
»Aber ich habe es dementiert«, verteidigte sie sich. »Ich habe gesagt, es sei ein Scherz gewesen von dir und Strasser.« Und als er immer noch nichts sagte, fügte sie kleinlaut hinzu: »Aber
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