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Der letzte Weynfeldt (German Edition)

Der letzte Weynfeldt (German Edition)

Titel: Der letzte Weynfeldt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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sie.
    Weynfeldt beobachtete Pedroni aus den Augenwinkeln. Er sah etwas enttäuscht aus, wie ein kleiner Junge, dessen Weihnachtspaket nicht das enthielt, was er sich erhofft hatte. Lange sagte er nichts. Dann sah er zu Weynfeldt herüber und überraschte ihn mit einem verlegenen, fast entschuldigenden Lächeln.
    »Nun zählen Sie es schon«, forderte ihn Adrian auf. Beinahe etwas gönnerhaft.
    »Wird schon stimmen.«
    »Ich bestehe darauf.«
    Pedroni zählte die Bündel, nahm dann eines und zählte die Noten durch. Die anderen zehn prüfte er nur mit dem Daumen wie ein Kartenspieler.
    Dann gab Pedroni Weynfeldt die Hand. »Herr Doktor Weynfeldt, es ist ein Vergnügen, mit Ihnen Geschäfte zu machen.«
    Adrian ließ sich sogar dazu herbei, die Hand zu drücken. »Beruht nicht auf Gegenseitigkeit«, antwortete er und ging zur Tür. Sie trennten sich wie Komplizen.
    Der Check-in der tschechischen Reisegruppe war immer noch im Gange, als Weynfeldt wieder die Lobby betrat. So rasch war die Übergabe vonstattengegangen.
    Er machte einen kurzen Versuch, sich von der überforderten Rezeptionistin ein Taxi bestellen zu lassen, und ging dann zum Ausgang.
    Der Himmel war jetzt beinahe wolkenlos und von einem falschen Blau, wie von Lugardon gemalt. Adrian beschloss, ein Stück zu Fuß zu gehen. Er hatte Zeit, Pedroni sollte seinen Vorsprung haben, er entkam ihm nicht.
    Die Gegend, in der das Belotel lag, war ihm fremd. Er ging durch unbekannte Wohnviertel, sah Buslinien, von deren Existenz er keine Ahnung hatte, stieß auf vierspurige Straßen, die er nicht überqueren konnte, und ging an Restaurants vorbei, deren Namen er sich merkte und ein paar Straßenzüge weiter wieder vergessen hatte.
    Auch er selbst kam sich fremd vor. Wie ein Mann mit einem Auftrag. Einer, der einen hundertmal geprobten Ernstfall automatisch abspult. Einer, der, einmal losgeschickt, durch nichts mehr aufzuhalten ist.
    Auch als er sich dem Stadtkern näherte und ihm die Umgebung bekannt und schließlich vertraut wurde, blieb diese Distanz zu sich selbst, beobachtete er sich mit höflicher Teilnahmslosigkeit. Wie er in seine Straße einbog, wie er mechanisch den Schlüssel aus der Hosentasche fischte, die schwere Haustür aufschloss und, während die Linke den Schlüssel wieder in die Tasche gleiten ließ, mit der Rechten seine Brieftasche hervorholte und mit Hilfe der wieder frei gewordenen Linken seine Badge herausnahm, sie in den Leseschlitz der Sicherheitstür einführte und auf dem Weg durch die aufgleitende Glastür zum Lift wieder verstaute.
    Auch die Wohnung war ein fremder, unpersönlicher Ort geworden. Seine Schritte auf dem Parkett klangen wie die Schritte eines anderen. Die Möbel wirkten genauso ausgestellt wie die Bilder, und der Geruch nach Neuem aus dem umgebauten Zimmer hatte sich im ganzen Stockwerk ausgebreitet.
    Er sah auf die Uhr. Noch eine Stunde.
    Er ging in den großen Salon und setzte sich in einen der für seine langen Beine etwas zu niedrigen, knarrenden Lederstühle, die sein Vater 1936 ihrem Schöpfer Fritz Lobeck abgekauft hatte. Später standen die »Inselsessel«, wohl wegen ihrer Größe, in Adrians Kinderzimmer. Er hatte jeweils zwei davon aufeinandergestellt, den kleinen Kommandoturm erklettert und mit ihm die sieben Weltmeere bezwungen.
    Er nahm eine der Kunstzeitschriften zur Hand, die auf dem Clubtischchen aus Kirschholz lagen, und begann darin zu blättern. So ließ er die Stunde verstreichen, wie ein in einem Wartezimmer einer geschlossenen Arztpraxis vergessener Patient.
    Das gelbe Licht der unerwarteten Sonne dieses Spätnachmittags verfärbte sich allmählich und tauchte den Salon in ein warmes Rot. Weynfeldt sah zu, wie das Licht verwaschen wurde und dann stumpf und dann grau, bis es ganz erlosch. Er rappelte sich auf, legte die Zeitschrift zurück zu den anderen und ging in sein Arbeitszimmer. Dort griff er zum Telefon, wählte die Nummer der Polizei und zeigte einen Fall von Erpressung an. Als er endlich den richtigen Beamten am Draht hatte und dieser die Höhe der bereits übergebenen Deliktsumme erfuhr, versprach er, jemanden vorbeizuschicken.
    Keine zehn Minuten später klingelte es bereits. Weynfeldt meldete über die Gegensprechanlage, er komme gleich, und fuhr hinunter.
    Vor der Tür stand Lorena. »Ich muss mit dir reden«, sagte sie nur und drängte sich an ihm vorbei.
    Das genügte, um den Automaten Weynfeldt aus dem Tritt zu bringen. Anstatt sie wegzuschicken, führte er sie durch die

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