Der letzte Weynfeldt (German Edition)
ich bin nicht sicher, ob er es mir abgenommen hat.«
»Hat er nicht«, sagte Weynfeldt jetzt.
Sie sah ihn erschrocken an.
»Er verlangt eins Komma zwei Millionen.«
Es dauerte einen Moment, bis sie die Fassung wiedergefunden hatte. »Dieses Schwein! Du zahlst natürlich nicht. Überlass ihn mir.«
Adrian lächelte. »Zu spät.«
Wie auf ein Stichwort hin klingelte es. »Du rührst dich nicht vom Fleck, bis ich dich hole«, befahl Weynfeldt.
Über eine Stunde dauerte es, bis Adrian Weynfeldt den beiden von den Dimensionen der Wohnung und der Deliktsumme etwas eingeschüchterten Polizisten den Fall geschildert hatte. Sie verabredeten sich für den nächsten Tag auf dem Posten zur Unterzeichnung des Rapports und zur Abnahme der Referenz-Fingerabdrücke.
Bevor sie sich verabschiedeten, holte Weynfeldt Lorena aus dem Von-der-Mühll-Zimmer und stellte sie mit den Worten vor: »Das ist Frau Steiner. Vielleicht sollte sie morgen mit mir auf den Posten kommen. Sie werden viele ihrer Abdrücke auf den Noten finden, sie hat mir beim Zählen geholfen.«
37
Seit Beginn der Messungen vor hundertfünfzig Jahren hatte es noch nie einen Märztag mit solchen Temperaturen gegeben. 26,3 Grad hatte man heute offiziell gemessen. Strasser war mit einem Taxi gekommen, in dem die Klimaanlage lief. Kaum war er ausgestiegen, begann er zu schwitzen in seinem schwarzen Anzug.
Baiers Haus sah verlassen aus. Ein paar Fenster hatten geschlossene Läden, und bei den anderen fehlten die Vorhänge. Er klingelte. Es blieb still im Haus. Er klingelte wieder, diesmal ungeduldig. Noch immer war nichts zu hören.
Baier hatte ihn mit der Auszahlung vertröstet. Er habe das Geld noch nicht bekommen, hatte er behauptet. Und er Idiot hatte ihm geglaubt. Erst heute, als er zufällig im Katalog geblättert hatte, war er auf die Geschäftsbedingungen gestoßen. Und dort stand, dass der Käufer unmittelbar im Anschluss an die Auktion den gesamten Betrag zu entrichten habe.
Der Alte wollte ihn reinlegen. Deswegen war Strasser jetzt hier. Er würde sich nicht abwimmeln lassen.
Noch einmal drückte er auf den Klingelknopf und behielt den Daumen lange darauf. Als er losließ, hörte er Geräusche im Innern. Das Knarren einer Tür und dann Schritte auf den Holzstufen einer Treppe.
Frau Almeida öffnete. Sie war bleich und wütend. »Was wollen Sie?«, fragte sie ohne Begrüßung.
»Herr Baier schuldet mir etwas, was ich mir jetzt holen werde.« Bevor sie etwas entgegnen konnte, war er an ihr vorbei und auf der Treppe. Er kannte den Salon, in welchem sich der Alte aufhielt.
Das Haus war leer. An den Wänden sah er die bleichen Vierecke, die Baiers Bildersammlung hinterlassen hatte. Der Läufer auf der Treppe fehlte, nur die Messingstangen, die ihn festgehalten hatten, waren noch dort.
Die Tür zum Salon stand offen. Er war mit Möbeln vollgestopft. Ein zerwühltes Bett stand darin und ein Stapel Umzugsschachteln.
Frau Almeida war jetzt auch ins Zimmer getreten. »Die Sachen, die er an den Comersee mitnehmen wollte. Er hätte dort nur zwei Zimmer gehabt.«
»Was ist mit ihm? Wo ist er?«
»Als ich heute kam, lag er im Bett. Ich dachte erst, er schlafe, er hatte in den letzten Tagen öfter über Müdigkeit geklagt. Das verrückte Wetter machte seinem Kreislauf zu schaffen. Aber dann merkte ich, dass er nicht mehr atmete. Vor einer Stunde hat man ihn geholt.« Sie machte eine Pause. »Morgen wäre der Umzug gewesen.«
Rolf Strasser fiel kein pietätvollerer Kommentar ein als »Scheiße!«.
Er sah sich im Raum um. Überall standen die Leinwand-Kunstdrucke seiner Sammlung. An seinem angestammten Platz über der Kommode hing der Vallotton, als wäre nichts gewesen. »Wer bekommt das jetzt alles?«, fragte er die Haushälterin.
»Es gibt zwei Erben. Aber viel ist nicht mehr da. Und die Bilder sind alle so falsch wie das dort drüben, das Sie kopiert haben.«
Strasser zwängte sich zwischen den Möbeln und Schachteln näher ans Bild heran.
Der zweite Punkt nach Vallotton fehlte. Die Verzierung im Gusseisen sah aus wie ein kleiner Arsch. Ein kleiner Arsch von rechts besehen. Der Vallotton von Strasser.
38
Alles lief schrecklich banal ab.
Pedroni lag im Bett in seiner Wohnung an der Schraubenstraße 22b, dritte Etage. Nicht allein. Zu seiner Rechten lag Svetlana, eine junge Russin, die er am Vorabend im Megaherz kennengelernt hatte, einem Club mit Attraktionen. Zu seiner Linken lag Salo, eine Philippinin, die auch nicht viel älter sein konnte
Weitere Kostenlose Bücher