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Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Titel: Der letzte Wille: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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wickelte ihren Finger um ihre Halskette und hätte sich fast mit den Perlen erdrosselt, als sich Paddy über ihren Schreibtisch beugte und die ordentlich neben dem Telefon aufgereihten Bleistifte durcheinanderbrachte.
    »Er ist nun mal sehr beschäftigt, müssen Sie wissen.« Sie warf einen Blick auf Fitzpatricks Bürotür.
    »Hören Sie gut zu«, sagte Paddy. »Ich möchte, dass Sie da reingehen und ihm sagen, dass ich ihn bei der Anwaltskammer anzeigen werde, wenn er mich nicht sofort empfängt.«

III
    Eigentlich war sie längst zu alt, um noch in öffentlichen Gebäuden auf Treppenstufen zu sitzen, aber Fragen der Schicklichkeit waren ihr heute egal. Die Bürotüren zum Treppenhaus standen offen, damit die Luft besser zirkulieren konnte. Das gedämpfte Klappern der elektrischen Schreibmaschinen und entferntes Geplauder drangen zu ihr hinauf und die weiche braune Mappe lag auf ihren Knien. In seiner Handschrift, groß und deutlich, stand ihr Name in sorgfältig gezeichneten Großbuchstaben darauf, sodass ihn jeder Fremde hätte lesen können.
    Sie strich darüber. Auf dem Deckblatt hatte sich in einer der unteren Ecken ein Fettfleck ausgebreitet. Fitzpatrick hatte erklärt, Terry habe ihm die Mappe zur Verwahrung gegeben, als er vor einem Jahr aus Glasgow zurückgekommen und anschließend nach New York weitergereist war. Bevor das alles passierte und wahrscheinlich sogar noch bevor er sich überhaupt wieder mit Kevin angefreundet hatte.
    Sie schlug die Mappe auf.
    Terry hatte seinen Begleitbrief in Steno geschrieben. Sie seufzte. Alle fingen mit denselben Kürzeln aus dem Lehrbuch an, aber im Laufe des Lebens entwickelten sich die Zeichen zur Geheimsprache, die kein anderer entziffern konnte. Paddy konnte ihre eigenen Stenozeichen kaum noch deuten. Sie sah sich das Blatt genauer an. Es war einwandfrei lesbar: Terry musste extra im Lehrbuch nachgeschlagen haben, bevor er den Brief geschrieben hatte.
    P,
    hier sind ein paar Aufzeichnungen für dich. Material, das einen deiner ganz speziellen Freunde betrifft. War nicht einfach zu bekommen, hat mich einige Stangen Marlboro und mehrere Flaschen Wodka gekostet. Jetzt kannst du endlich Gerechtigkeit walten lassen.
    Sie dachte zuerst, er habe mit »Texaner« unterschrieben, aber auf den zweiten Blick sah sie, dass es sich bei dem Zeichen hinter dem T nicht um Kurzschrift, sondern um ein Kreuz handelte, das für ein Küsschen stand.
    In einem ordentlichen Stapel darunter lag eine Rechnung über zwei Flugtickets nach Berlin Tempelhof aus dem Jahr 1965. Auf einem grauen maschinengeschriebenen Blatt dahinter fand sich ein Beleg der britischen Botschaft in Westberlin aus demselben Jahr, der die Ankunft des Gefangenen 2108 bestätigte. Ein fotokopierter Bericht über ein Treffen zwischen dem für die Ermittlungen im Fall Meehan zuständigen Detective Chief Inspector und einem Informanten namens Hamish, dessen Name stets in Anführungszeichen gesetzt war, steckte zwischen vergilbten Zeitungsartikeln über Meehans Gerichtsverhandlung. Der Bericht war vage gehalten, nahm Bezug auf bereits abgeschlossene und noch laufende Maßnahmen im Fall PM, Gefahren für die nationale Sicherheit, Einzelheiten über die Moskauer Einrichtungen, in denen PM festgehalten wurde, und enthielt von PM selbst verfasste Aussagen. Sie verstand jede Abkürzung, erkannte jedes Datum und jeden Ort. Sie wusste, was das alles zu bedeuten hatte.
    Terry musste Jahre gebraucht haben, um das Beweismaterial für sie zu sammeln, und Gott allein wusste, welche zwielichtigen Figuren er dafür hatte bestechen müssen. Patrick Meehan hatte fast drei Jahrzehnte lang beharrlich behauptet, Opfer einer Verschwörung der Geheimdienste zu sein, auf deren Geheiß hin die Strathclyde Police Beweise fingiert hatte, um ihn des Mordes zu überführen. Ihr war nie auch nur der Hauch eines Beweises untergekommen. Jetzt hatte sie, was sie brauchte.
    Sie hatte Terry erzählt, was ihr die Geschichte bedeutete, und dass sie Meehans Marsch durch die Instanzen seit ihrem achten Lebensjahr verfolgt hatte, von einem Zeitpunkt an, zu dem sie noch gar nicht wusste, was ein Gericht war. Wegen ihm hatte sie Journalistin werden wollen, denn ein Journalist hatte die Kampagne zu seiner Freilassung angeführt und hatte letztlich Erfolg damit gehabt. Immer wieder hatte sie Parallelen zwischen ihm und sich gesehen.
    Noch nie hatte jemand etwas so Aufwändiges und Durchdachtes für sie getan.
    Paddy klappte die Mappe zu, legte die flache Hand darauf

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