Der letzte Wille: Thriller (German Edition)
unruhig und in Eile war, und ließ sich Zeit. Endlich schluckte das Gerät das Blatt und warf es hinten wieder aus, gab ein verrauschtes Tuten von sich und spuckte einen Streifen Papier mit einem Rülpser unten aus.
»Dann nehm ich noch zwei Snickers.«
Als sie auf ihr Wechselgeld wartete, prüfte Paddy den Übertragungsbericht. Die Nummern stimmten. Sie war sicher, dass es eine Weile dauern würde, bis es sich herumgesprochen hätte, bis Nachforschungen angestellt, ihre Behauptungen auf ihre Richtigkeit abgeklopft worden waren, und endlich jemand glaubte, dass Martin McBree mit dem britischen Geheimdienst zusammenarbeitete. Aber dann, eines Tages, bekäme er ein Messer in den Rücken und er würde wissen, dass er es ihr zu verdanken hatte.
Er hatte es auf sie abgesehen und ihr wurde klar, dass sie nicht einmal ein Taschenmesser dabeihatte.
Die Verkäuferin hielt ihr das Wechselgeld hin und sah, dass ihre Finger zitterten.
»Tut mir leid«, sagte Paddy, »haben Sie auch Küchenscheren?«
III
Sie stand an ihrem Volvo und schob sich das zweite Snickers in den trockenen Mund, sie schmeckte es kaum, spürte aber deutlich, wie ihr das zähe Karamell im Rachen kleben blieb. Sie betrachtete ihre Hände, ihre mit Schokolade überzogenen Fingerspitzen. Sie war zu satt, um sie abzulecken, und sie zitterten immer noch.
Sie hämmerte gegen das Fenster und Dub kurbelte die Scheibe herunter. »Kannst du fahren, Dub? Ich würde gerne einfach nur aus dem Fenster sehen.«
Sie fuhren wieder auf die Autobahn, überquerten die Brücke über den Fluss und folgten den Schildern nach Ayr. Es dauerte nicht lange, bis die Straße schmaler wurde, die Spuren zusammengeführt und sie von Pendlern gejagt wurden, die die Rushhour verpasst hatten und nun endlich nach Hause wollten.
Dub war es nicht gewohnt zu fahren. Er beugte sich wegen der Dunkelheit, der Kurven und der aggressiven Einheimischen vor, hing über dem Lenkrad, reckte den Hals und fluchte jedes Mal leise vor sich hin, wenn ein Wagen oder ein Transporter an ihm vorbeischoss. Als sie einen breiteren Straßenabschnitt im Süden der Stadt erreichten, entspannte er sich ein klein wenig und lehnte sich wieder zurück.
»Also«, sagte er, »was dieses Treffen betrifft: Du willst diesem McBree also einfach so die Fotos übergeben? Bist du sicher, dass du da draußen alleine klarkommst?«
»Ja.« Sie zog an ihrer Zigarette und hielt die Hand dicht vors Gesicht, damit er nicht sah, wie sie zitterte. »Er wird nicht kommen, wenn außer mir noch jemand da ist.«
Ein Laster mit Anhänger überholte sie in besorgniserregendem Tempo, rauschte im Abstand von weniger als dreißig Zentimetern an ihrem Wagen vorbei, die Riemen zum Befestigen der Abdeckplanen peitschten gegen Dubs Scheibe. Er reagierte panisch und trat abrupt auf die Bremse, verlangsamte auf fünfundvierzig Stundenkilometer, keuchte und beugte sich wieder übers Lenkrad, bis er sich einigermaßen beruhigt hatte. Sein Blick sprang immer wieder zu dem dunklen Rückspiegel, als erwarte er eine weitere Attacke.
»Wieso hast du zu Hause geweint, worum ging’s da?«
»Mum hat die Jungs gerufen, damit sie Mary Anns Freund eine Abreibung verpassen, und ich habe gesagt, Dad hätte das nicht gewollt.«
»Stimmt ja auch, das hätte er nicht gewollt.«
Draußen vor dem Fenster glitten die sanften Hügel von Ayrshire unter einem dunkler werdenden Himmel vorbei. Vielleicht komme ich auf diesem Wege nicht mehr zurück. Vielleicht komme ich überhaupt nicht mehr zurück.
Sie sah Dub an, prägte sich sein Gesicht ein. Sie würde an ihn denken, wenn es so weit war. Nicht an Pete, denn dann müsste sie schluchzen und würde die Nerven verlieren. Aber wenn es zum Äußersten käme, wenn McBree sie in seiner Gewalt hatte, dann könnte sie in ihren letzten Momenten an Dub denken und lächeln. Sie würde sich daran erinnern, wie sie spätnachts mit ihm nach Hause gelaufen war, sie in der Wohnung zusammen pappige Pasta gegessen hatten, an den warmen Geruch denken, wenn er bügelte, während sie fernsah, und an seine Hand, die in dunklen Nächten unter der Bettdecke ihre Hand suchte. Sie hätten zusammen in Urlaub fahren sollen. Sie hätten zusammen sein sollen.
Wie Luftblasen, die sich kilometerweit unter der Wasseroberfläche bildeten und nach oben stiegen, fanden die Worte ihre Lippen: »Ich liebe dich.«
Dub ging erneut vom Gas, verlangsamte auf vierzig Stundenkilometer und blickte ernst auf die Straße. »Ich finde nicht, dass das die
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