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Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Titel: Der letzte Wille: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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auf die loyalistische Tätowierung zum Gedenken an die Niederschlagung der irischen Katholiken durch Wilhelm von Oranjen. »In Glasgow gilt das als offene Aufforderung zur Prügelei. Da drüben denken die Leute, er mag Pferde. Umdeutungen. Eigentlich handelt das ganze Buch davon.«
    »Ich werd’s kaufen, wenn es erscheint.«
    »Das wird es nicht.«
    »Könnte nicht jemand anders die Texte auf Grundlage von Terrys Notizen schreiben?«
    »Nein. Wegen ihm wollten sie es veröffentlichen. Er kannte die Frau, der Scotia Press gehört, und sie wollten mit seinen Auslandseinsätzen dafür werben.« Kevin nickte. »Er hat sich dein Buch gekauft.«
    Sie war überrascht. »Das Buch über Patrick Meehan?«
    »Ja, Shadow of Death. Ich musste es ihm nach Beirut schicken.«
    Damals hatte sie nicht einmal gewusst, ob sich Terry überhaupt noch an sie erinnerte. Sie hatte im Krankenhaus gelegen und Pete zur Welt gebracht, und war immer mal wieder über seine Artikel über den Libanon gestolpert. Terry berichtete von einem bizarren Abendessen mit einem Führer der Hisbollah und schrieb über die neue Verfassung, über die Not der Menschen und die raue Schönheit des Landes. Bis Pete kam, hatte sie geglaubt, Terrys Welt sei alles, was sie wollte, eine Welt voller Ruhm und Zeitgeschichte, und sie wollte Licht in deren dunkle Ecken bringen. Doch dann wurde Pete geboren – ein glückliches, sorgloses Baby, das sich vom ersten Moment an prächtig entwickelte und von einer Familie, von Freunden und Cousinen umgeben war. Sie las seine Artikelserie mit zunehmendem Abstand und verabschiedete sich in die freundlicheren Gefilde der Mutterschaft. Sie war froh, dass Terry da draußen war und die Menschen beschützte, indem er die Wahrheit sagte, aber ihr eigenes Leben war unmittelbarer und nahm sie voll und ganz in Anspruch.
    Als sie das Gewicht der Seiten auf ihren Knien zu spüren begann und in Kevins verstörte Augen sah, wurde ihr bewusst, dass sie wütend auf Terry gewesen war, weil er ihr in der Dunkelheit von Fort William ihren liebsten Irrglauben genommen hatte: dass irgendjemand irgendwo da draußen wirklich etwas verändern konnte.

II
    Sie war alleine im Haus. Dub war mit zweien seiner Künstler oben in Perth und Pete war bei Burns, sodass ihr nur das Radio Gesellschaft leistete, als sie an ihrem Schreibtisch saß und überlegte, was sie in tausend knappen Worten anprangern sollte. Um sich besser konzentrieren zu können, hatte sie das Licht in der restlichen Wohnung ausgeschaltet und nun beleuchtete nur die verstellbare Schreibtischlampe das leere Blatt Papier, aber die Dunkelheit machte sie hundemüde.
    Draußen auf der Straße hörte sie das pausenlose Rauschen der Fahrzeuge auf der Great Western Road, das entfernte Glucksen des Flusses und gelegentlich die Stimmen von Passanten auf dem Nachhauseweg vom Pub.
    Das Schwierigste am Schreiben einer Misty-Kolumne war, den Anfang zu finden. Hatte sie erst mal ihren Aufhänger, war es, als würde sie über Öl schlittern. Sie liebte das und abgesehen von der Zeichensetzung, die sie nur notdürftig beherrschte, wurde kaum je etwas redigiert. Das Schwierige aber war, zu entscheiden, worüber sie herziehen wollte.
    Einige Bereiche blieben ihr verschlossen, weil sie eine Frau war: emotionale, in der ersten Person verfasste Berichte, Geschichten über Kinder und alles, was Häusliches betraf. Wenn sie sich mit diesen Themen abgab, würde sie nicht mehr ernst genommen werden und im Ghetto der Kummerkastentanten landen. Und Callum Ogilvy. Wenn sie ihn erwähnte, egal ob positiv oder nicht, könnte sie als Freundin seiner Familie geoutet werden. Sie war sowieso erstaunt, dass bislang noch niemand darüber berichtet hatte.
    Die Ratten. Unter dem Milchwald. Nach nur neun Minuten am Schreibtisch fing sie bereits an, ihre Sehtüchtigkeit zu testen, indem sie Titel von Buchrücken ablas, die sich in zirka sechs Metern Entfernung befanden.
    Das Anti-Diät-Buch. Fünfzehn Jahre lang hatte sie erfolglos versucht, sich zu verleugnen, und war davon kein bisschen schlanker geworden, sondern hatte nur verdammt schlechte Laune bekommen. Sie hatte das Anti-Diätbuch gelesen und erleichtert zur Kenntnis genommen, dass ihr geraten wurde, die Diäten aufzugeben. Eigentlich war das Buch aber sehr viel komplexer, es enthielt eine Reihe von Übungen zum Erlernen eines gesunden Umgangs mit Essen, unter anderem Aufgaben vor dem Spiegel, zum Beispiel sollte man sich nackt davorstellen und ansehen, sogar dabei auf- und

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