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Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Titel: Der letzte Wille: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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mich zur Identifizierung mitgenommen.« Sie merkte, dass er sie etwas Bestimmtes fragen wollte, sich aber nicht überwinden konnte. »Sie haben gesagt, dass es schnell gegangen sein muss. Er wurde von hinten erschossen, wahrscheinlich hat er sie also nicht mal kommen sehen, hat vielleicht gar nicht gemerkt, dass es passieren würde.«
    Er wusste, dass sie log, das spürte sie. Er nickte ein bisschen, seine Augen jagten über den Boden, während er an seinem Fingernagel kaute.
    »Ich habe gehört, ihr wart an dem Abend zusammen.«
    »Ja, wir waren im Casino. Wir schreiben ein Buch … wollten eins schreiben. Die Bilder und dazu ein kurzer Text. Wir hatten einen miserablen Vorschuss bekommen, sind losgezogen und wollten die Kohle an einem Abend auf den Kopf hauen. Das geht eigentlich nur im Casino.«
    »Auf den Kopf hauen, womit? Mit Getränken?«
    »Nein, Glücksspiel. Ich trinke nicht mehr.«
    Sie hatte gehört, dass Kevin inzwischen trocken war. Mitte der Achtziger war er eine Zeit lang verschwunden; alle hatten gedacht, er sei tot, doch dann war er wieder aufgetaucht, als Freiberufler. Seitdem hatte sie ihn nur noch aus der Ferne in düsteren Bankettsälen gesehen, wo er immer lässig die Bühne betreten hatte, um weitere Auszeichnungen für seine Arbeit entgegenzunehmen.
    Er sah sie aus dem Augenwinkel an. »Ich kenne dich aus dem Fernsehen, aber hast du früher nicht schon für die Daily News gearbeitet?«
    Sie nickte. »Jetzt bin ich wieder da.«
    »Haben wir zusammengearbeitet?«
    »Ja, ungefähr vier Jahre lang«, sagte sie und fügte hinzu, »Ich war bloß Aushilfe«, um zu erklären, weshalb er sie nicht erkannte. Verlegen verlagerte er sein Gewicht, sodass das Polster knirschte. »Ich war damals nicht ganz … na ja, nicht ganz bei mir. Tut mir leid. Auszeit von der Realität.«
    »Ich erinnere mich, dass du entlassen wurdest und verschwunden bist. Wir haben gewettet, wie lange es dauern würde, bis du dich umbringst.«
    Er grinste. Für einen Toten sah er nicht schlecht aus. »Ich hätte nicht dagegen gewettet.«
    »Habt ihr es geschafft, den Vorschuss zu verjubeln?«
    Kevin sah zu einem gerahmten Plakat an der Wand. Ein edwardianisches Porträt einer Frau mit einem großen roten Hut, rot und grün wie Weihnachten. »Nein«, sagte er seufzend. »Wir sind mit vier Pfund plus wieder raus. Auch gut, oder? Ich werde das Geld zurückzahlen müssen. Terry war mit dem Text längst noch nicht fertig.« Mit Blick auf ihre Schuhe fragte er: »Was ist zwischen euch beiden in Fort William passiert?«
    Sie wollte aufstehen und gehen. Stattdessen sagte sie: »Vor einem Monat bekam ich einen Brief, kam mit der Post in die Redaktion. Er sagte, es täte ihm leid.«
    »Was tat ihm leid?«
    Sie sahen einander an, weniger als dreißig Zentimeter zwischen ihnen. Wenn sie jemals über Fort William sprechen würde, dann jetzt. »Menschen verändern sich, Kevin. Er hat sich verändert. Er war nicht mehr der, der er mal war. Früher war er viel weichherziger, weißt du?« Sie sah Kevin an und hoffte auf Absolution dafür, dass es ihr nicht gelungen war, seinen toten Freund zu lieben.
    Beide beobachteten, wie er seine Zehen bewegte. Leise sagte er: »Er ist rumgekommen.«
    »Hat viel gesehen«, setzte sie traurig hinzu.
    »Das hat er. Ich glaube, Angola war ziemlich heftig.«
    »Ja?«
    Er schloss die Augen und nickte einmal. »Ja.«
    Dabei beließen sie es. Sie wollte nicht ins Detail gehen oder erklären, dass Terry ihr dermaßen Angst eingejagt hatte, dass sie es nicht einmal mehr ertrug, mit ihm zu sprechen.
    Das war in dem dunklen Hotelzimmer in Fort William. Sie waren essen gegangen. Es war wunderbar gewesen, sie erinnerte sich kaum noch an das Restaurant, nur noch an Terrys Lächeln, seine Augen, und dass er auf dem Weg zurück zum Hotel ihre Hand genommen hatte. Sie küssten sich im Aufzug, die erste Berührung, nachdem sie acht Jahre lang aneinander gedacht hatten. In der Ungestörtheit des Zimmers wirkte er älter, bedachter und reifer. Paddy ließ sich nicht von der Tapete ablenken, den Geräuschen im Gang oder den Sorgen bei der Arbeit. Sie redeten miteinander, sprachen über ihre Wünsche und Pläne und lachten, als er seine Hose über die Schuhe ziehen wollte und hängen blieb. Irgendwann landeten sie auf dem Boden, weil lauter blöde kleine Kissen auf dem Bett lagen.
    Doch zum Schluss, als er kam, fiel Terry völlig aus der Rolle. Er packte sie an den Haaren, grub ihr die Nägel tief in die Kopfhaut und donnerte ihren

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