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Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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auskuriert. Oder ihre Folgen.«
    »Wo ist er?«
    »Er liegt oben im Bett.«
    »Falls es nötig ist, werde ich mich an einem anderen Tag mit ihm unterhalten.«
    »Danke.«
    Winter streckte die Hand nach einer der Tassen aus. Auf dem Tablett standen ein Milchkännchen und eine Zuckerdose.
    »Die anderen haben ihre Kinder zurückbekommen«, sagte sie, ohne ihn anzusehen.
    »Wie bitte?«
    »Die anderen Eltern. Mats und Ann. Und die Eltern des … Mannes. Sein Name ist mir entfallen. Ich weiß nicht, ob ich ihn überhaupt einmal gehört habe.«
    »Martin Barkner«, sagte Winter.
    »Aha.«
    Sie sah gleichgültig aus. Der Name berührte sie nicht. Sie hat ihn gar nicht wissen wollen. Sie wollte von dieser unerträglichen Ungerechtigkeit nichts wissen. Manche Kinder kamen nie mehr nach Hause.
    »Haben Sie den Namen früher schon einmal gehört?«
    »Martin? Was meinen Sie? Barkner?«
    »Barkner.«
    »Nein. Früher? Was meinen Sie mit früher?«
    »Bevor das passiert ist.«
    »Bevor die Frauen umgebracht wurden, meinen Sie?«
    »Ja.«
    Ihre Stimme klang neutral, als spräche sie von einer anderen Person. Es hatte nichts mit ihr zu tun.
    »Uns ist niemand mit Namen Barkner bekannt.«
    »Und Holst? Madeleine Holst?«
    »Wer ist das?«
    »Martin Barkners Verlobte.«
    Sie antwortete nicht.
    Winter wiederholte seine Frage.
    »Habe sie nicht gekannt.«
    »Ihre Eltern heißen Annika und Peder.«
    »Habe sie nicht gekannt.«
    Die Antwort kam, bevor Winter die Namen ganz ausgesprochen hatte. Jetzt ganz ruhig, Erik. Du kannst darauf zurückkommen. Warte noch damit.
    »In einem Gespräch mit einem meiner Kollegen haben Sie gesagt, Sie hätten gewusst, dass Erik Lentner Ihrer Tochter weh tun würde.«
    »Habe ich das gesagt?«
    »Ja. ›Ich wusste, dass er es tun würde‹, haben Sie gesagt.«
    »Ich habe es nicht so gemeint.«
    »Ach?«
    »Warum sollte ich das meinen? So was … sagt man eben … im ersten Schock … wenn das Entsetzliche passiert ist. Ich wusste nicht, was ich sagte.«
    »Glauben Sie, dass Erik Ihre Tochter umgebracht hat?«
    »Nein.«
    »Haben Sie das zu irgendeinem Zeitpunkt geglaubt?«
    »Nein.«
    »Wir hatten einen anderen Eindruck.«
    Sie schwieg. Sie fragte nicht, wer »wir« waren.
    »Haben Sie Eriks Eltern getroffen, nachdem es passiert ist?«
    »Nein.«
    »Haben Sie mit ihnen gesprochen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    Sie antwortete nicht. Ihr genügte das vielleicht als Antwort. Aber Winter genügte es nicht.
    »Haben die Eltern sich bei Ihnen gemeldet?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe den Anrufbeantworter schon eine Weile nicht mehr abgehört.«
    Das könnte stimmen, klang aber trotzdem seltsam.
    »Warum wollen Sie keinen Kontakt mit Eriks Eltern?«
    »Ich wollte es nicht. Das ist einfach so. Ich hatte keine Kraft. Ich habe auch jetzt keine Kraft. Ich weiß nicht, warum.«
    »Und Erik? Haben Sie mit ihm gesprochen?«
    »Nein.«
    »Das finde ich sonderbar«, sagte Winter.
    »Wieso?«
    »Wollen Sie es nicht wissen?«
    »Was soll ich wissen wollen?«
    »Was er zu sagen hat. Was Erik Ihnen sagen möchte.«
    Auch darauf antwortete sie nicht. Keiner von beiden hatte von dem Kaffee getrunken, der längst aufgehört hatte zu dampfen.
    »Sie haben doch sicher viel darüber nachgegrübelt, was passiert sein könnte«, sagte Winter.
    Sie schaute ihn an, sah ihm direkt in die Augen. In der linken Iris hatte sie einen kleinen gelben Fleck. So etwas hatte Winter früher schon einmal gesehen, Flecken, die beim Tod eines Menschen verschwanden. Von der einen Sekunde zur anderen. Auch das hatte er gesehen. Es war eine unheimliche Veränderung, als würde das Licht in einem Menschen erlöschen, wenn das Leben den Körper verlässt.
    »Ich tue nichts anderes«, sagte sie. »Lieber möchte ich alles andere als das, aber das ist der einzige Gedanke in meinem Kopf.«
    »So geht es mir auch«, sagte er.
    »Das glaube ich Ihnen nicht.«
    »Ich bin so«, sagte Winter.
    »Wozu soll das gut sein?«
    »Wie bitte?«
    »Hilft es Ihnen?« Sie machte eine Pause und schaute auf die Tasse vor sich wie auf einen fremden Gegenstand, etwas Namenloses. »Wird es mir helfen?«
    »Wenn wir einander helfen«, sagte Winter.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, wie das funktionieren soll.«
    »Warum sind Sie misstrauisch gegen Erik?«
    »Haben Sie ihn immer noch im Verdacht? Glauben Sie immer noch, er hat es getan?«
    »Was glauben Sie selber?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie.
    »Was glauben Sie?«, wiederholte Winter.
    »Was ich glaube, spielt

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