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Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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gesehen haben.«
    Winter schwieg.
    Rhodin wirkte nicht betrunken. Er sprach nur wie ein sehr müder Mann.
    »Ich verstehe nicht, was Sie von mir wollen.«
    Jetzt waren sie im Wohnzimmer. Durch die hohen Fenster sah Winter das Polizeipräsidium. Sein Büro konnte er nicht sehen. Das lag nach Norden.
    Auf dem Tisch standen eine Flasche Rotwein und ein Glas. Winter hob die Flasche an. Er kannte die Marke. Das Glas war unbenutzt, die Flasche unberührt, geöffnet, aber noch voll.
    Rhodin stand auf der anderen Seite des Tisches und schien darauf zu warten, dass Winter etwas sagte. Gleichzeitig machte er den Eindruck, als wollte er kein Wort hören. Winter kannte dieses Verhalten. Es war deutlicher als Worte. Er hob den Blick von der Weinflasche.
    »Bei unserer letzten Begegnung sagten Sie, dass Sie nicht Auto fahren.«
    Rhodin schwieg.
    »Haben Sie gehört, was ich gesagt habe?«
    Rhodin nickte.
    »Sie sagten, Sie besitzen kein Auto.«
    »Ja … und? Ich fahre kein Auto.«
    »Ich weiß, dass Sie einen Führerschein haben«, sagte Winter.
    »Das ist lange her.«
    »Was ist lange her?«
    »Dass ich ihn zuletzt genutzt habe.«
    Winter schwieg. Rhodin schielte zu der Weinflasche. Er möchte gern trinken, wartet jedoch ab, bis ich gehe. Dann leert er sie in einem Zug.
    Vielleicht hat er Heiligabend vergessen.
    Vielleicht rechnet er nicht damit, dass wir jeden kleinen Dienstrapport lesen, wenn wir ermitteln. Irgendwann lesen wir sie, und manchmal ist es noch nicht zu spät.
    »Heiligabend hat jemand versucht, Ihr Auto zu stehlen«, sagte Winter. »War es Ihr Auto?«
    Rhodin zuckte zusammen.
    »Das … was meinen Sie damit?«
    »Genau das, was ich sage. Jemand hat versucht, Ihr Auto zu stehlen. Das haben Sie jedenfalls den Polizisten erzählt, die Ihnen helfen wollten.«
    Rhodin antwortete nicht. Dann murmelte er etwas, das Winter nicht verstand.
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Was spielt das für eine Rolle?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Was spielt das für eine Rolle für Sie?«
    »Antworten Sie nur auf meine Frage.«
    »Es war nicht mein Auto. Aber das haben Sie wahrscheinlich längst herausgefunden.«
    »Wem gehört es dann?«
    »Das spielt keine Rolle.«
    »Wessen Auto war es?!«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sie wissen es nicht?«
    »Es war … wie soll ich das erklären? Ich hatte es mir von Anders geliehen.«
    »Von Anders Dahlquist?«
    Rhodin nickte.
    »Uns ist nicht bekannt, dass er ein Auto besaß«, sagte Winter.
    Rhodin murmelte wieder etwas. Er schwankte, fand aber sein Gleichgewicht wieder. Winter wurde klar, dass er doch betrunkener war, als er auf den ersten Blick gewirkt hatte.
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Es war nicht seins.«
    »Nicht seins? Wessen dann?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Und trotzdem haben Sie es übernommen.«
    Rhodin antwortete nicht.
    »Wie sind Sie dazu gekommen?«
    »Schlüss…« Rhodin brach schlagartig ab. Er schwankte wieder, griff nach einem Halt, den es nicht gab, machte einen Schritt zur Seite, schwankte, wankte, streckte sinnlos ein Bein aus, und dann kippte er um. Sein Kopf schlug mit einem ekelhaften Geräusch auf den Tisch.
    Winter ging rasch zu ihm. Rhodin war bei Bewusstsein. Er bewegte den Kopf. Er war betrunken genug, um keinen Schmerz zu empfinden, und wahrscheinlich auch betrunken genug, um ohne Verletzungen davonzukommen. Winter zog ihn auf das Sofa.
    »Die Schlüssel«, sagte er. »Wie sind Sie an die Schlüssel gekommen?«
    »Ich … ich … bin zu schwach«, antwortete Rhodin.
    »Wie sind Sie an die Schlüssel gekommen?!«
    »Das Au… Ich hab das Auto nicht mehr.«
    »Wer hat die Schlüssel?«
    »Ich weiß nicht, wer er ist.«
    »Wer ist es?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wer es ist.«
    »Wie heißt er?«
    »Ich weiß es nicht. Ich bin zu schwa…«
    »Haben Sie ihn getroffen?«
    Rhodin antwortete nicht.
    »Haben Sie ihn getroffen?!!!«
    Rhodin bewegte den Kopf. Vielleicht doch eine Gehirnerschütterung. Vielleicht Ernüchterung. Oder das Gegenteil. Irgendetwas, das ihn dazu veranlasste, etwas zu sagen, was der Wahrheit nahekam. Der Wirklichkeit. Der Wahrheit.
    Winter zerrte an seinem Unterhemd. Er spürte die Rippen darunter. Rhodin hatte sich alles Fett weggesoffen.
    »Nur einmal …«, sagte Rhodin.
    »Wo?«
    Rhodin reagierte nicht.
    »Wo?«
    »Da draußen.«
    »Da draußen wo?«
    »Önnered.«
    »Önnered? Önnereds Anleger?«
    »Nicht … genau da.«
    »Wo?!« Winter zerrte heftiger. Rhodin verdrehte die Augen, schielte zu Winter hinauf. Er schien

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