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Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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ihm zu Hause eingedrungen.
    »Ich bin nicht sicher, ob der Film schon zu Ende ist«, sagte er.
    »Du lieber Gott.«
    »Ich habe ihn angehalten, als du hereingekommen bist. Eigentlich möchte ich nichts mehr sehen.« Er nahm wieder einen Schluck von dem Whisky.
    »Dann schalt ab, Erik. Komm zu uns. Es ist Heiligabend.«
    »Aber ich muss. Das weißt du.«
    »Lilly bricht bald zusammen. Elsa will dir ihre Weihnachtsgeschenke zeigen.«
    »Nur noch ein paar Minuten«, sagte er. »Ich komme gleich.«
    Schweigend ging sie hinaus und schloss die Tür hinter sich. Das warme Licht war abgeschnitten. Sofort wurde es wieder kalt im Zimmer. Der schwarze Bildschirm starrte ihn an wie ein Auge. Vom Vasaplatsen drangen Geräusche zu ihm herauf, ein Säuseln, ein Rauschen, aber es war schwach, schwächer als die Geräusche, die er im Film gehört hatte. Angela hatte im Lauf der Jahre einige Mal David Lynch erwähnt. Winter hatte mehrere seiner Filme gesehen, Teile der Fernsehserie. Alpträume, was nicht geschehen kann, geschieht, das, was nie geschehen darf. Ein Mörder reicht auf einer Party ein Telefon weiter: Ich bin’s, ich bin bei dir zu Hause am Apparat.
    Er drückte auf »On«. Vielleicht war der Film zu Ende. Das wünschte er sich jetzt von diesem Weihnachtsgeschenk. Es sah aus, als würde sich das Schwarz auf dem Bildschirm bewegen, fließend. Jetzt ein Bild, wieder ein Zimmer, eins der beiden vorherigen. Er sah Bekanntes, schon einmal Gesehenes. Die Kamera zeigte das Zimmer mit Weitwinkel, wieder das Fenster, Silhouetten davor. Es war nicht Nacht oder aber eine ungewöhnlich helle, erleuchtete Nacht. Vielleicht ein Geräusch, ja, ein Geräusch, ein Rauschen, Säuseln, etwas anderes, er konnte nicht heraushören, was es war. Es war sehr schwach. Jetzt sah er die Wand, die Kamera glitt sehr langsam über sie hin. Es war eine andere Wand. Es war keine der beiden vorherigen Wände in einem der beiden vorherigen Zimmer. An der Wand hingen zwei Bilder, eins war ein gerahmtes Plakat, ein Filmplakat, daneben ein Kunstwerk, nichts Gegenständliches. Er sah die Nachttische, Bücher in mehreren kleinen unordentlichen Stapeln, Zeitschriften, auf dem Fußboden eine Tageszeitung, Stühle, ein kleiner Tisch, den er vorher nicht gesehen hatte. Andere Farben an den Wänden, eine andere Tapete. Nicht die gleichen Gardinen, weder aus dem einen noch aus dem anderen Zimmer. Und jetzt das Bett, ein Doppelbett, das an ungefähr der gleichen Stelle stand wie die beiden vorherigen. Konturen im Bett, zwei Konturen. Er hörte Atemgeräusche. Sie klangen laut, lauter als in den vorherigen Szenen. Er dachte Szenen , er dachte Film . Er hörte Schlafgeräusche, Tiefschlaf, das Geräusch war so deutlich, dass anzunehmen war, der Filmer habe das Mikrofon nah bei den Schlafenden angebracht, näher als in den vorherigen Szenen in den anderen Zimmern. Die Gestalten im Bett bewegten sich, unbewusst. Winter sah, wie sich das Bild bewegte, wie es für eine Zehntelsekunde schwarz wurde, dann wieder das Zimmer. Der Filmer hatte seinen Film geschnitten. Wie viel Zeit war vergangen? Das Bild zeigte noch immer die Schlafenden, keine Gesichter, keine Körperteile. Die Kamera bewegte sich wieder, jetzt schneller, als wollte der Filmer ihn auf ein Karussell mitnehmen, 360  Grad im Zimmer herum, wie im Internet, wenn man Hotelsites aufruft. Winter folgte ihm durch das neue Zimmer. Er verstand die Botschaft: Hier sind wir jetzt, hier sind wir noch nicht gewesen. Ich bin jetzt hier. Du wirst hier sein, aber erst später. Dann ist es zu spät. Du kommst immer zu spät.
    »Zum Teufel mit dir!«, sagte Winter.
    Der Monitor wurde schwarz. Eine Sekunde lang war er nahe dran, die Fernbedienung gegen den Bildschirm zu schleudern. Er wartete. Nichts geschah. Der Bildschirm blieb schwarz.

24
    S ie versuchten, den Fliehenden noch vor Lasse in Heden zu stoppen. Der Mann war stehen geblieben. Die Würstchenbude gab genug Licht, um ihn zu ergreifen. Eine Bühne, dachte Gerda Hoffner, wir sind wieder auf der Bühne.
    Sie öffnete die Tür. Der Mann stand im Scheinwerferlicht. Er schien geblendet zu sein, oder er hatte einfach Angst. Ein armer Teufel, der Heiligabend nur ein Fahrzeug haben wollte. Einen Schlitten. Er trug eine Weihnachtsmannzipfelmütze. Die war ihr bisher gar nicht aufgefallen. Vielleicht hatte er sie aufgesetzt, um sich zu verkleiden.
    »Stehen bleiben!«, rief Johnny. Er stand schon neben dem Auto. Sie hörte den Mann dahinter, jetzt war Johnny bei ihm.
    Der

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