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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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packte es aus und holte ein Schwert hervor, das einenverzierten Griff hatte und in einer schwarz glänzenden, mit Reihen von Runenzeichen und Symbolen bedeckten Scheide steckte. Er entblößte die Schneide, die in reinem, spiegelgleichem Glanz auffunkelte. Die Klinge war von purem Silber.
    Geralt murmelte einen Spruch, trank nacheinander den Inhalt zweier Fläschchen aus und legte bei jedem Schluck die linke Hand auf die Schwertklinge. Dann hüllte er sich dicht in seinen schwarzen Mantel und setzte sich. Auf den Fußboden. Im Zimmer gab es keinen einzigen Stuhl. Wie übrigens im ganzen Schloss.
    Er saß reglos da, mit geschlossenen Augen. Sein Atem, anfangs gleichmäßig, ging plötzlich schneller, krampfhaft, unruhig. Und dann hörte er ganz auf. Die Mixtur, mit deren Hilfe der Hexer alle Organe des Körpers vollständig unter Kontrolle hielt, bestand hauptsächlich aus Weißer Nieswurz, Stechapfel, Weißdorn und Wolfsmilch. Ihre übrigen Bestandteile hatten in keiner Menschensprache einen Namen. Für jemanden, der nicht wie Geralt von Kind auf daran gewöhnt war, wäre es ein tödliches Gift gewesen.
    Der Hexer wandte jäh den Kopf. Sein Gehör, jetzt über jedes Maß hinaus geschärft, erfasste mit Leichtigkeit das leise Rascheln von Schritten auf dem grasüberwucherten Schlosshof. Das konnte nicht die Striege sein. Es war zu hell. Geralt warf sich das Schwert auf den Rücken, versteckte sein Bündel in der Feuerstelle des geborstenen Kamins und lief still wie eine Fledermaus über die Treppe.
    Auf dem Hof war es noch hell genug, dass der Ankömmling das Gesicht des Hexers sehen konnte. Der Mann – es war Ostrit – schreckte zurück, eine unwillkürliche Grimasse von Verblüffung und Abscheu verzerrte seinen Mund. Der Hexer lächelte schief – er wusste, wie er aussah. Wenn man eine Mixtur aus Tollkirschen, Eisenhut und Augenrost trinkt, nimmt das Gesicht die Farbe von Kreide an, und die Pupillen verdrängen die ganze Iris. Doch die Mixtur erlaubt es, in tiefster Finsternis zu sehen, und darum ging es Geralt.
    Ostrit hatte sich rasch wieder unter Kontrolle. »Du siehst aus, als ob du schon eine Leiche wärst, Zauberer«, sagte er. »Sicherlich vor Angst. Fürchte dich nicht. Ich bringe dir Trost.«
    Der Hexer antwortete nicht.
    »Hörst du nicht, was ich sage, rivischer Quacksalber? Du bist gerettet. Und reich.« Ostrit wog in der Hand ein wohlgefülltes Säckchen und warf es Geralt vor die Füße. »Tausend Orons. Nimm sie, steig aufs Pferd und verschwinde von hier!«
    Der Rivier schwieg noch immer.
    »Glotz mich nicht so an!« Ostrit hob die Stimme. »Und stiehl mir nicht die Zeit. Ich habe nicht vor, bis Mitternacht hier herumzustehen. Verstehst du nicht? Ich möchte nicht, dass du den Zauber löst. Nein, denk nicht, dass du es erraten hast. Ich halte es nicht mit Velerad und Segelin. Ich will nicht, dass du sie tötest. Du sollst einfach verschwinden. Alles soll bleiben, wie es ist.«
    Der Hexer regte sich nicht. Er wollte nicht, dass der Magnat herausfand, wie schnell er sich jetzt bewegte und reagierte. Es wurde rasch dunkel, und das war insofern günstig, als selbst das Halbdunkel der Dämmerung für seine geweiteten Pupillen zu grell war.
    »Und warum, Herr, soll alles bleiben, wie es ist?«, fragte er, bemüht, die einzelnen Wörter langsam auszusprechen.
    »Das« – Ostrit hob stolz den Kopf – »hat dich verdammt wenig zu kümmern.«
    »Und wenn ich es schon weiß?«
    »Interessant.«
    »Es wird leichter sein, Foltest zu entthronen, wenn die Striege den Leuten noch länger zur Last fällt? Wenn sowohl die Magnaten als auch das Volk den Wahnsinn des Königs ein für alle Mal satthaben? Ich bin auf dem Weg hierher durch Redanien, durch Nowigrad geritten. Dort ist viel davon die Rede, dass manche in Wyzima König Wisimir als Retter und wahren Monarchen im Auge haben. Mich aber, Herr Ostrit, gehen weder die Politik noch die Thronfolge noch Palastrevolutionen etwas an. Ich bin hier, um eine Arbeit zu erledigen. Habt Ihr noch nie von Pflichtgefühl und gewöhnlichem Anstand gehört? Von einem Berufsethos?«
    »Überleg dir, mit wem du redest, du Strolch!«, schrie Ostrit wütend und legte die Hand an den Schwertgriff. »Mir reicht’s, ich bin’s nicht gewohnt, mit sonstwem zu diskutieren! Seht ihn euch an, Ethos, Regeln, Moral?! Und wer sagt das? Ein Schlagetot, der, kaum angekommen, schon Menschen umgebracht hat? Der vor Foltest gekatzbuckelt, hinter seinem Rücken aber mit Velerad wie ein Söldling

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