Der letzte Wunsch
den Ihr Euch so geärgert habt ... Was bedeuten die Worte?«
»Wirklich ein passender Zeitpunkt für Witze und Kurzweil . . .«
»Ich bitte Euch, Herr Krepp.«
»Nun ja«, sagte der Priester und ging hinter dem schweren eichenen Schreibtisch des Bürgermeisters in Deckung. »Es wird Euer letzter Wunsch sein, also will ich es Euch sagen. Es heißt ... Hmm ... Hmmm ... ›Scher dich weg und bums dich selber durch‹.«
Geralt trat ins Nichts, und die Kälte erstickte das Gelächter, das ihn schüttelte.
VIII
Heulend und wie ein Orkan wirbelnd stieß ihn das Portal mit Schwung hinaus, so stark, dass seine Lunge fast gerissen wäre. Der Hexer stürzte kraftlos zu Boden, atmete schwer, schnappte mit offenem Mund krampfhaft nach Luft.
Der Fußboden bebte. Zuerst dachte er, er selbst sei es, der nach der Reise durch die explodierende Hölle des Portals zitterte, doch rasch erkannte er seinen Irrtum. Das ganze Haus vibrierte, zitterte und krachte.
Er sah sich um. Er befand sich nicht in der Kammer, wo er Yennefer und Rittersporn zuletzt gesehen hatte, sondern im großen Gastraum von Errdils renovierter Schänke.
Dann sah er sie. Sie kniete zwischen den Stühlen, über die Zauberkugel gebeugt. Die Kugel verströmte einen starken milchigen Schein, strahlte rötlich durch die Finger der Zauberin hindurch. Der Lichtschein der Kugel formte ein Bild. Flackernd, unstet, aber deutlich. Geralt sah das kleine Zimmer mit dem Stern und dem Pentagramm, die jetzt weiß glühten, auf den Boden gezeichnet. Er sah die von dem Pentagramm ausstrahlenden, verschiedenfarbig zitternden, feurigen Linien, die nach oben hin durchs Dach verschwanden, woher das wütende Gebrüll des gefangenen Dschinns drang.
Yennefer bemerkte ihn, sprang auf und hob eine Hand.
»Nein!«, schrie er. »Tu das nicht! Ich will dir helfen!«
»Helfen?«, fauchte sie. »Du?«
»Ich.«
»Trotz allem, was ich dir angetan habe?«
»Trotz allem.«
»Erstaunlich. Aber im Grunde unwichtig. Ich brauche deine Hilfe nicht. Verschwinde von hier, sofort.«
»Nein.«
»Verschwinde!«, schrie sie und verzog böse das Gesicht. »Hier wird es gefährlich! Die Sache entgleitet meiner Kontrolle, verstehst du? Ich kann ihn nicht beherrschen, ich verstehe es nicht, aber der Kerl wird nicht schwächer. Ich habe ihn gefangen, als er den dritten Wunsch des Troubadours erfüllte, ich müsste ihn in der Kugel haben. Aber er wird überhaupt nicht schwächer! Verdammt, es sieht so aus, als würde er immer stärker! Aber ich bezwinge ihn trotzdem, breche ihn . . .«
»Du wirst ihn nicht brechen, Yennefer. Er wird dich umbringen.«
»Ich bin nicht so leicht umzubringen . . .«
Sie stockte. Die ganze Decke der Schenke leuchtete plötzlich grell auf. Die von der Kugel erzeugte Vision verschwamm vor der allgemeinen Helligkeit. Auf dem Sturzboden bildete sich ein großes feuriges Viereck. Die Zauberin fluchte, hob die Hände, von ihren Fingern sprühten Funken.
»Flieh, Geralt!«
»Was geht da vor sich, Yennefer?«
»Er hat mich geortet . . .«, stöhnte sie rot vor Anstrengung. »Er will an mich heran. Er schafft sich sein eigenes Portal, um hereinzukommen. Er kann die Fesseln nichtzerreißen, aber durch das Portal kommt er her. Ich kann ihn nicht ... Ich kann ihn nicht aufhalten!«
»Yennefer . . .«
»Lenk mich nicht ab! Ich muss mich konzentrieren ... Geralt, du musst fliehen. Ich öffne mein Portal, einen Fluchtweg für dich. Pass auf, es wird ein ungerichtetes Portal, für ein andres hab ich weder Zeit noch Kraft ... Ich weiß nicht, wo du landest ... Aber du wirst in Sicherheit sein ... Mach dich fertig . . .«
Das große Portal an der Decke flammte plötzlich blendend hell auf, weitete und verformte sich, aus dem Nichts drang die dem Hexer bekannte formlose, mit den hängenden Lippen klappende Schnauze, die derart heulte, dass es in die Ohren schnitt. Yennefer sprang hin, fuchtelte mit den Händen und schrie einen Spruch. Aus ihren Händen schoss ein Lichtgewebe, das wie ein Netz über den Dschinn fiel. Der Dschinn brüllte auf und ließ lange Pfoten aus sich hervorwachsen, die wie Kobras zum Halse der Zauberin schossen. Yennefer wich nicht zurück.
Geralt stürzte zu ihr, stieß sie beiseite und stellte sich vor sie. Der Dschinn, von magischem Licht eingewoben, sprang aus dem Portal wie der Korken aus einer Flasche und stürzte sich mit aufgerissenem Rachen auf die beiden. Der Hexer biss die Zähne zusammen und schleuderte ihm ein
Zeichen
entgegen – ohne
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