Der letzte Wunsch
Überschwang der Jugend durchgeht. Hört, Herr Falwick: Ich versichere, dass ich diese Gegend schnell verlassen werde, in ein paar Tagen. Ich versichere auch, dass ich nicht vorhatte und -habe, hier zu arbeiten, Aufträge und Bestellungen anzunehmen. Ich bin nicht als Hexer hier, sondern nur als Privatperson.«
Graf Falwick sah ihm in die Augen, und sogleich erkannte Geralt seinen Irrtum. Im Blick des Ritters der Weißen Rose lag purer, unerschütterlicher und unverhüllter Hass. Der Hexer erkannte es und war sich sicher, dass nicht Herzog Hereward ihn vertrieb und verfolgte, sondern Falwick und seinesgleichen.
Der Ritter wandte sich zu Nenneke um, verbeugte sich ehrerbietig und begann zu sprechen. Er sprach ruhig und mit Anstand. Er sprach verständig. Doch Geralt wusste, dass Falwick log wie gedruckt.
»Ehrwürdige Nenneke, ich bitte um Vergebung, aber Fürst Hereward, mein Lehnsherr, wünscht die Anwesenheit des Hexers Geralt von Riva in seinen Ländereien nicht und wird sie nicht dulden. Es spielt keine Rolle, ob Geralt von Riva Jagd auf Ungeheuer macht oder ob er sich für eine Privatperson hält. Der Fürst weiß, dass Geralt von Riva niemals eine Privatperson ist. Der Hexer zieht Ungemach an wie ein Magnet Feilspäne. Die Zauberer sind aufgebracht und schreiben Petitionen, die Druiden drohen sogar . . .«
»Ich sehe keinen Grund, warum Geralt von Riva für den Übermut der hiesigen Zauberer und Druiden verantwortlich gemacht werden sollte«, unterbrach ihn die Priesterin. »Seit wann kümmert sich Hereward um die Ansichten der einen oder der anderen?«
»Schluss mit dieser Diskussion.« Falwick hob den Kopf. »Drücke ich mich denn nicht deutlich genug aus, ehrwürdige Nenneke? Ich sage also so deutlich, wie es deutlicher nicht geht: Weder Fürst Hereward noch das Ordenskapitel wollen den Hexer Geralt von Riva, genannt der Schlächter von Blaviken, auch nur einen Tag länger in Ellander dulden.«
»Das hier ist nicht Ellander!« Die Priesterin richtete sich jäh auf. »Hier ist das Heiligtum der Melitele! Und ich, Nenneke, die Oberpriesterin der Melitele, will die Anwesenheit Eurer Personen, Ihr Herren, auf dem Gebiet des Heiligtums keinen einzigen Augenblick länger dulden!«
»Herr Falwick«, sprach leise der Hexer. »Hört auf die Stimme der Vernunft. Ich will keine Scherereien, und auch Euch, nehme ich an, ist nicht besonders daran gelegen. Ich verlasse diese Gegend in spätestens drei Tagen. Nein, Nenneke, sei still, bitte. Für mich wird es sowieso Zeit aufzubrechen. Drei Tage, Herr Graf. Um mehr bitte ich nicht.«
»Ganz richtig, dass du nicht bittest«, sagte die Priesterin, ehe Falwick reagieren konnte. »Habt ihr gehört, Burschen? Der Hexer bleibt drei Tage hier, denn so ist es sein Wunsch. Und ich, die Priesterin der Melitele, werde ihm diese drei Tage Gastrecht gewähren, denn so ist es mein Wunsch. Übermittelt das Hereward. Nein, nicht Hereward. Übermittelt es seiner Gemahlin, der edlen Ermelli, und sagt ihr noch, dass sie, wenn sie weiterhin regelmäßig Liebestränke aus meiner Apotheke bekommen will, ihren Herzog lieber beruhigen soll. Sie soll seine Launen und seine Großmannssucht zügeln, die immer mehr nach den Anzeichen einer Verblödung aussehen.«
»Genug!«, schrie Tailles mit dünner Stimme, die ihm ins Falsett abglitt. »Ich gedenke nicht mitanzuhören, wie irgend so eine Quacksalberin meinen Lehnsherrn und seine Gemahlin verunglimpft! Eine derartige Beleidigung lasse ich nicht durchgehen! Hier wird jetzt der Orden der Weißen Rose regieren, es wird Schluss sein mit euren Nestern von Finsternis und Hochmut! Und ich, ein Ritter der Weißen Rose . . .«
»Also hör, Rotznase«, unterbrach ihn Geralt mit einem bösartigen Lächeln. »Halt deine vorwitzige Zunge im Zaum. Du sprichst mit einer Frau, der Ehrerbietung gebührt. Erst recht von einem Ritter der Weißen Rose. Um das zu werden, braucht man neuerdings freilich nur tausend Nowigrader Kronen in den Schatz des Kapitels zu zahlen, und so wimmelt es im Orden vor Söhnen von Wucherern und Schneidern, aber ein Rest von Sitte sollte bei euch noch herrschen. Oder irre ich mich?«
Tailles erbleichte und griff sich an die Hüfte.
»Herr Falwick«, sagte Geralt noch immer lächelnd. »Wenn er das Schwert zieht, nehme ich es ihm weg und ziehe dem Hosenscheißer die flache Klinge übern Arsch. Und dann schmeiß ich ihn durch die Türfüllung.«
Tailles zog mit zitternden Händen einen eisernen Handschuh hinterm Gürtel hervor
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