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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Wahrheit werden, ehe Stregobor stirbt, noch ein paar Leute sterben. Ich sehe keine andere Möglichkeit.«
    »›Ein paar‹ ist untertrieben, Hexer.«
    »Um mir Angst zu machen, braucht es mehr als Worte, Würgerin.«
    »Nenn mich nicht Würgerin. Ich mag das nicht. Es geht darum, dass ich andere Möglichkeiten sehe. Wir sollten das besprechen, aber gut, Libussa wartet. Ist sie wenigstens hübsch, diese Libussa?«
    »Das ist alles, was du mir zu sagen hattest?«
    »Nein. Aber geh jetzt. Libussa wartet.«

IV
    Jemand war in seiner Kammer unterm Dach. Geralt wusste es, noch ehe er sich der Tür näherte, er erkannte es an einem kaum merklichen Vibrieren des Medaillons. Er blies die Lampe aus, mit der er sich auf der Treppe geleuchtet hatte. Er nahm das Stilett aus dem Stiefelschaft und steckte es sich hinten unter den Gürtel. Er drückte die Klinke herab. Im Zimmer war es dunkel. Nicht für einen Hexer.
    Er trat betont lässig über die Schwelle, träge, schloss langsam hinter sich die Tür. In der nächsten Sekunde stieß er sich kräftig ab und stürzte sich mit einem langen Hechtsprung auf den Menschen, der auf seinem Bett saß, drückte ihn in die Laken, presste ihm den linken Unterarm gegen die Kehle und griff nach dem Stilett. Er ließ es stecken. Etwas stimmte nicht.
    »Für den Anfang gar nicht schlecht«, ließ sie sich mit erstickter Stimme vernehmen und blieb reglos unter ihm liegen. »Ich hatte zwar damit gerechnet, aber nicht gedacht, dass wir beide so schnell im Bett landen würden. Sei so freundlich und nimm den Arm von meiner Kehle.«
    »Du bist das.«
    »Ich bin das. Hör mal, es gibt zwei Möglichkeiten. Erstens, du steigst von mir runter, und wir reden miteinander. Zweitens, wir bleiben in dieser Lage, aber dann würde ich gern wenigstens die Stiefel ausziehen.«
    Der Hexer wählte die erste Möglichkeit. Das Mädchen holte tief Luft, stand auf, richtete Haare und Rock.
    »Zünd die Kerze an«, sagte sie. »Ich sehe im Dunklen nicht so gut wie du, und ich sehe gern, mit wem ich rede.«
    Sie ging zum Tisch, großgewachsen, feingliedrig, behände, und setzte sich, die Beine in den hohen Stiefeln ausgestreckt. Sie hatte keine sichtbare Waffe.
    »Hast du hier was zu trinken?«
    »Nein.«
    »Dann ist es gut, dass ich was mitgebracht habe.« Sie lächelte und stellte eine Feldflasche mit zwei ledernen Bechern auf den Tisch.
    »Es ist fast Mitternacht«, sagte Geralt. »Vielleicht kommen wir zur Sache?«
    »Gleich. Da, trink. Auf dein Wohl, Geralt.«
    »Gleichfalls, Würgerin.«
    »Verdammt, ich heiße Renfri.« Sie hob ruckartig den Kopf. »Ich erlaube dir, den Adelstitel wegzulassen, aber hör auf, mich Würgerin zu nennen!«
    »Still, du weckst das ganze Haus. Erfahre ich endlich, zu welchem Zweck du dich durchs Fenster eingeschlichen hast?«
    »Wie schwer von Begriff du bist, Hexer. Ich will Blaviken vor einem Gemetzel bewahren. Um das mit dir zu besprechen, bin ich wie eine Katze im März über die Dächer geklettert. Du solltest das würdigen.«
    »Ich würdige es«, sagte Geralt. »Nur dass ich nicht weiß, was so ein Gespräch bringen könnte. Die Lage ist klar. Stregobor sitzt in einem Zauberturm. Um an ihn heranzukommen, müsstest du ihn hier belagern. Wenn du das tust, nützt dir dein Freibrief nichts. Audoen wird dich nicht schützen, wenn du offen das Gesetz brichst. Der Schulze, die Wache, ganz Blaviken werden sich dir entgegenstellen.«
    »Ganz Blaviken wird es schwer bedauern, wenn es sich mir entgegenstellt.« Renfri lächelte und entblößte die weißen Raubtierzähne. »Hast du dir meine Jungs angesehen? Ich versichere dir, sie beherrschen ihr Handwerk. Kannst du dir vorstellen, was geschieht, wenn es zum Kampf zwischen ihnen und den Ochsen von der Wache kommt, die bei jedem Schritt gegen die eigenen Hellebarden stoßen?«
    »Und kannst du, Renfri, dir vorstellen, dass ich dabeistehen und bei einem solchen Kampf ruhig zusehen werde? Wie du siehst, wohne ich beim Schulzen. Es gehört sich, dass ich ihm bei Bedarf zur Seite stehe.«
    »Daran zweifle ich gar nicht«, sagte Renfri in ernsterem Tonfall. »Aber sicherlich allein, denn die Übrigen werden sich in den Kellern verkriechen. Es gibt keinen Krieger auf der Welt, der mit sieben Schwertkämpfern fertig wird. Kein Mensch vermag das. Ach, Weißhaar, hören wir doch auf, einander Angst zu machen. Ich habe gesagt: Gemetzel und Blutvergießen lassen sich verhüten. Konkret gibt es zwei Personen, die es verhüten können.«
    »Ich bin ganz

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