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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Beweis, um Chariton mit dem Tod des Diokles in Verbindung zu bringen?«
    »Er ist ein Zauberer!« schrie Xanthos und sprang auf, bevor sein Anwalt etwas sagen konnte. Er packte die Brüstung der Gerichtsschranke, als sei sie eine Art Waffe, die er auf mich schleudern wolle, und spuckte seine Worte heraus. Dabei warf er wilde Blicke um sich, als wolle er den Gerichtshof herausfordern, ob er es wage, ihn einen Lügner zu nennen. »Das weiß jeder in der Festung. Seine eigenen Sklaven rühmen sich dessen. Er erzielt seine Heilungen durch Magie. Er verstümmelt die Leichname von Tieren, ja, auch von Menschen!« Ein erregtes Flüstern ging durch die Reihen. »Ich habe Zeugen hier , die dies bestätigen können!« Xanthos’ Stimme überschlug sich vor Erregung, obwohl sein Anwalt ihn zu beruhigen versuchte, um der Zeugenaussage einen noch größeren Effekt zu geben.
    »Alaric und Ursacius hier haben den Leichnam eines Mannes untersucht, eines römischen Soldaten, der von diesem kastrierten Zauberer aufgeschnitten worden ist, um irgendwelche Geister zu beschwören! Ich habe selbst gesehen, wie er es getan hat, und die beiden können es beschwören!«
    Entsetzte Ausrufe. Ich hatte nicht damit gerechnet, daß Xanthos sich Zeugen für das Sezieren des Leichnams beschafft hatte. Ich hatte geglaubt, sein Wort würde gegen meines stehen. Doch Thorion wischte Xanthos Angebot mit einer Handbewegung beiseite. »Vielleicht können sie beschwören, daß dieser Leichnam irgendwelche Anzeichen aufwies, aufgeschnitten worden zu sein. Und du sagst, du könntest beschwören, deinen Kollegen dabei beobachtet zu haben, wie er den Leichnam aufgeschnitten hat. War es der Leichnam von Diokles? Nein! Woher willst du denn wissen, daß das Aufschneiden nicht Teil eines ganz normalen chirurgischen Eingriffs war? Ich nehme doch an, daß der Angeklagte Chirurg ist? Gut, da haben wir es! Wollen deine Zeugen etwa beschwören, daß die von ihnen bemerkten Anzeichen für ein Aufschneiden nekromantischer Natur waren und nicht etwa vor dem Tod ausgeführt wurden, in dem Versuch, das Leben des Patienten zu retten?« Die Zeugen sahen nervös und unsicher aus: Sie schüttelten den Kopf.
    »Ich habe selbst gesehen, wie er den Körper nach dem Tod des Mannes aufgeschnitten hat!« rief Xanthos aus. »Er tat es in dem Hinterraum des Hospitals in Novidunum, eines Nachts, als er dachte, niemand könne ihn sehen, aber ich spähte durch das Schlüsselloch und habe alles beobachtet!« Wieder ging ein Raunen durch die Reihen der Zuhörer. Thorion hob die Hand und gebot Schweigen. »Selbst wenn ich deine Aussage akzeptiere, daß das Aufschneiden nach dem Tode stattgefunden hat – doch angesichts deines offensichtlichen Hasses gegen den Angeklagten weiß ich nicht, warum ich das sollte –, könntest du mir irgendeinen Beweis dafür liefern, daß es Teil einer nekromantischen Prozedur und nicht eine ganz normale medizinische Tätigkeit war? Natürlich sezieren Ärzte hin und wieder einen Leichnam! Jeder gebildete Mensch weiß, daß sie bisweilen dazu gezwungen sind, um zu erforschen, wie sie ähnliche Erkrankungen in Zukunft behandeln können. Hast du Galen oder Herophilos gelesen? Was? Und du willst Arzt sein! Ich habe den deutlichen Eindruck, daß du wirklich so unfähig bist, wie der höchst ehrenwerte Heerführer sagt. Hast du noch andere Beweise?«
    »Alle wissen, daß er ein Zauberer ist. Ich kann Zeugen benennen…«
    »Was alle sagen, ist noch lange kein Beweis. Hast du Zeugen dafür, daß er einen magischen Talisman hergestellt oder jemanden verwünscht hat, um ihn krank zu machen? Oder hat er Astrologie betrieben? Nein? Sonst noch irgendwelche Beweise? Nein? Gut, die Klage ist abgewiesen.«
    Es gab einen Tumult im Gerichtssaal. Thorion hob seine Stimme und fuhr fort. »Außerdem wird eine Geldstrafe gegen Xanthos, Sohn des Polykles, festgesetzt, weil er eine böswillige und unbegründete Klage gegen den höchst ehrenwerten Chariton vorgebracht hat. Beisitzer, haben wir sonst noch etwas für heute vormittag? Gut, dann vertagt sich der Gerichtshof bis heute nachmittag.«
    Xanthos und sein Rechtsanwalt begannen zu protestieren. Xanthos weinte und schrie und schlug mit seinen Händen gegen die Brüstung. Die Geldbuße für das Vorbringen einer unbegründeten Klage ist ziemlich hoch, und er hatte offensichtlich schon eine Menge für Bestechungsgelder und Rechtsanwälte ausgegeben: Diese Sache mußte ihn ruinieren. Außerdem würde er seinen Posten verlieren, und

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