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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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schicken?« fragte er mich. »Es ist bekannt, daß er und Festinus sich gegenseitig verabscheuen. Keiner von beiden wird auch nur das geringste tun, was dem anderen nützen könnte. Und es fällt in Festinus’ Verantwortungsbereich, Frithigerns Leute mit Lebensmitteln zu versorgen.«
    »Ich habe Briefe von Theodoros bei mir, in denen er Festinus bittet, für die Verteilung des Getreides zu sorgen, wenn es in Skythien eintrifft«, entgegnete ich.
    Athanaric ließ einen Pfiff der Bewunderung hören und schüttelte den Kopf.
    »Warum sind sie eigentlich verfeindet?« fragte Sebastianus, nippte an seinem Wein und sah Athanaric über Daphnes Kopf hinweg voller freundschaftlicher Zuneigung an.
    »Das beruht auf einem persönlichen Groll«, erwiderte Athanaric. »Theodoros’ Schwester sollte Festinus heiraten. Sie verschwand einen Monat vor der Hochzeit und ließ den Bräutigam ziemlich blamiert zurück – vor ein paar Jahren gab es in Asien einen ausgewachsenen Skandal deswegen. Man nimmt an, daß Theodoros das Verschwinden arrangiert hat, um den Sohn des Sklavenversteigerers nicht ›Bruder‹ nennen zu müssen. Festinus war wütend und benutzte seinen ganzen Einfluß dazu, Theodoros und seiner Familie Schwierigkeiten zu bereiten.«
    »Und was geschah mit seiner Schwester?« fragte Daphne.
    Athanaric zuckte die Achseln. »Das weiß niemand. Irgend etwas muß ja wohl geschehen sein, sonst wäre sie inzwischen wieder aufgetaucht. Vielleicht hat sie sich zu Tode gegrämt, weil ihre zarte Natur den Skandal und das ganze Versteckspiel nicht verkraftet hat. Oder sie ist mit einem Wagenlenker durchgebrannt. Das sind zwei der umlaufenden Gerüchte: Du kannst wählen.«
    »Oh, ich wähle den Wagenlenker!« meinte Daphne und lachte.
    »Ich liebe Wagenrennen.«
    Sebastianus lachte ebenfalls und küßte sie. »Das werde ich mir merken«, sagte er. »In dieses Haus werden keine Wagenlenker eingeladen. Sklaven! Mehr Wein. Und Athanaric, bitte kein Wort mehr über die Goten!«
    Am nächsten Tag machte sich Sebastianus auf den Weg zu einem Gespräch mit Lupicinus, und ich gab Athanaric Thorions Briefe für den Statthalter mit. Athanaric zeigte sich überrascht, daß ich die Briefe nicht selbst überbringen wollte. Ich antwortete, ein Curiosus der Agentes in rebus werde sicherlich größere Aufmerksamkeit finden als ein Armeearzt.
    »Dann hast du also keine versöhnliche Botschaft von Theodoros für Festinus?« fragte er und machte einen besorgten Eindruck. »In diesem Fall besteht die Gefahr, daß Festinus sich weigert, das Getreide anzunehmen, vor allem, wenn es von Theodoros kommt. Die beiden hassen sich von ganzem Herzen. Und Festinus möchte seine einträglichen Geschäfte für den Augenblick vielleicht lieber fortsetzen. Dann wird er nicht so erpicht darauf sein, Vorräte für die Goten entgegenzunehmen, selbst wenn ein anderer für die Unkosten aufkommt.«
    »Auch wenn Theodoros damit einverstanden gewesen wäre, eine versöhnliche Botschaft zu übermitteln«, erwiderte ich, »bin ich nicht unbedingt der Geeignete, sie zu überbringen. Ich würde dem Statthalter lieber nicht begegnen.«
    Athanaric stand da und sah mich prüfend an. »Er kennt dich?« Ich zuckte die Achseln. Ich hatte sehr sorgfältig über die Sache nachgedacht und war zu dem Schluß gekommen, daß Festinus mich sehr wahrscheinlich nicht erkennen würde. Er hatte mich im Grunde genommen nur ein paarmal gesehen, und das war Jahre her. Nicht einmal mein eigener Bruder hatte in mir die gelockte und parfümierte junge Dame aus seiner Erinnerung wiedererkannt. Trotzdem war ich nicht gerade erpicht darauf, den Statthalter zu sprechen. »Er wird sich kaum an mich erinnern«, entgegnete ich. »Wir sind uns einmal begegnet, aber es bestand kein Grund dafür, daß er Notiz von mir nehmen sollte. Ich jedoch erinnere mich sehr wohl an ihn, so wie die meisten Leute in Ephesus. Oder hast du nie davon gehört, wie er sich bei uns als Statthalter aufgeführt hat?«
    »Ich habe davon gehört. So so! Du hast also nicht nur in Ägypten und Thrazien, sondern auch in Asien Ärger gehabt. Du scheinst im Ärgermachen fast so begabt zu sein wie in der Medizin. Was war damals los? Hast du Theodoros geholfen, das Verschwinden seiner Schwester zu arrangieren?«
    Ich lachte: »›Jeder Tag hat seine eigenen Sorgen.‹ Laß alten Hader ruhen. Viel Glück bei Festinus.«
    Sebastianus hatte Maximus, den Heerführer Mösiens, von unserer bevorstehenden Ankunft benachrichtigt. So stellte ich

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