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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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muß.«
    Mühsam kam ich auf die Beine und fühlte mich sehr klein. Außerdem war mir kalt. Der Tribun saß auf seinem Pferd und blickte auf mich herunter. Dann sah er den gotischen Befehlshaber an, die gotischen Soldaten und seine eigenen Männer. Er seufzte und schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid«, sagte er zu mir, »du wirst mit ihm gehen müssen.«
    Mir war plötzlich zum Heulen zumute. Ich wußte, daß Frithigern mir nichts Böses antun würde, aber ich fühlte mich zutiefst den Römern zugehörig, empfand den verzweifelten Wunsch, zusammen mit Sebastianus und den Truppen in der Festung zu sein und nicht außerhalb mit all den Barbaren und dem vielen Schnee. Es war so, als hörte ich auf, zu existieren, wenn ich aller Menschen beraubt wäre, die mich kannten – so jedenfalls, als hörte ich auf, als Chariton zu existieren.
    Doch zu weinen würde mir wenig helfen, und sowohl die Goten als auch die Römer würden nur verächtlich die Nase rümpfen. »Also schön«, sagte ich zu dem Tribun. Der gotische Soldat hielt immer noch mein Pferd fest; ich trat zu ihm und griff nach dem Sattel. Der Gote ließ die Zügel nicht los. »Richte Sebastianus aus, daß ich mich wie Iphigenie in Aulis fühle«, sagte ich zu dem Tribun und versuchte, meiner Stimme einen unbekümmerten Tonfall zu verleihen. »Sag ihm: Siegreiches Heil zu bringen dem Hellenenvolk, mach ich mich auf!‹ Er wird sich darüber freuen.«
    Der Tribun blickte mich verständnislos an, nickte jedoch. »Es tut mir leid«, wiederholte er. »Vielleicht zahlt jemand Lösegeld für dich. Leb wohl, viel Glück.« Er wandte sein Pferd und ritt zu seinen eigenen Männern zurück. Die römischen Soldaten zogen an mir vorbei und verschwanden in der Dämmerung. Von den Festungstoren schimmerte der Schein vieler Lampen; vor den Wällen standen die Fußsoldaten zuhauf. Unterhalb der Lampen entdeckte ich einen goldenen Schimmer: Sebastianus’ vergoldeter Helmbusch, vielleicht auch seine Haare. »Fackelträger Tag und du, Lichtstrahl des Zeus! Ein andres Leben, ein andres Los tut sich uns leuchtend auf. Fahr wohl, du süßes Licht!« Ja, ich empfand Euripides’ Stück passend, selbst wenn Sebastianus anderer Meinung war.
    Die Goten wendeten ihre Pferde und zogen das meine mit sich. Es war nicht länger aufzuschieben. Ich bestieg mein Pferd, und wir ritten in die Nacht hinein.

13
    Die Goten hatten ihr Lager nicht weit von der Festung Salices aufgeschlagen, so daß wir nicht lange reiten mußten. Es war ein großes Lager – in dem sich achthundert Goten befanden. Zu ihrem Beutegut gehörten etwa hundert römische Gefangene. Der gotische Befehlshaber – er hieß Walimir – befahl mir, mich sofort an die Arbeit zu machen und die Verwundeten zu behandeln. Er war höflich und formulierte seinen Befehl wie eine Bitte, aber es handelte sich nichtsdestoweniger um einen Befehl. Es gab einen Haufen verwundeter Goten. Einige Wunden waren infiziert, vor allem, weil die Soldaten soviel von Adernpressen und von magischen Zaubermitteln hielten. Die römischen Gefangenen waren ebenfalls verwundet, außerdem hatten sie von Fesseln wundgeriebene Stellen.
    Ich zog ein paar der Römer zur Mitarbeit heran, um Verbände und Reinigungslösungen herzurichten, aber ich brauchte bis zum Abend, um alle, die Hilfe nötig hatten, zu behandeln. Inzwischen war ich viel zu erschöpft, um einen Fluchtversuch zu machen. Walimir hatte mich nicht fesseln lassen, weil ich der Gastfreund des edlen Frithigern war, doch er befahl einigen seiner Reiter, mich zu bewachen. Ich bezweifle, daß ich weit gekommen wäre, selbst wenn ich bei Kräften gewesen wäre. Doch meine Wächter machten mir das Leben äußerst schwer. Es war umständlich genug gewesen, mein Geheimnis zu bewahren, solange ich mit den Römern über Land ritt und mich immerhin noch ein wenig zurückziehen konnte. Doch jetzt war ich keinen Augenblick mehr ungestört, und schon am Ende des ersten Tages war ich absolut ratlos. Ich konnte mich nicht waschen, und wenn ich eine Latrine benutzte, litt ich Folterqualen – die Goten waren äußerst neugierig und wollten unbedingt herausbekommen, was man so einem Eunuchen angetan hatte. Sie starrten mich unverwandt an, obwohl ich meine Tunika nicht hochhob.
    Am nächsten Morgen brachen die Goten das Lager ab und machten sich auf den Weg zu Frithigern in seine Stadt aus Wagenburgen. Weiter östlich waren sie plündernd in das Landesinnere eingefallen; kleinere Trupps waren in den Norden vorgedrungen

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