Der Leuchtturm von Alexandria
gestritten? Ach du liebe Güte! Ich hoffe, du hast ihn nicht beleidigt. Es wird alles sehr viel schwieriger, wenn er erst mal verärgert ist.«
»Er behauptete immer wieder, seine Männer würden dies oder jenes nicht tun. Ich habe ihm gesagt, ich würde mit dir sprechen, weil du sie besser in der Hand hättest als er.«
Sie starrte mich an, dann ließ sie ein leises glucksendes Lachen hören. »O Gott! Ich hoffe, es war sonst niemand zugegen! War es eine Privataudienz? Dann dürfte es nicht allzu schlimm sein. Ich kann so tun, als sei deine Bemerkung ein Scherz gewesen. Nun, jetzt muß ich ja wohl etwas unternehmen. Was brauchen wir? Freiheit und Geld für ein paar römische Sklaven, um das System zu entwerfen. Arbeiter zum Graben – ich glaube, die Frauen und Haussklaven sollten dazu in der Lage sein. Die Soldaten werden niemals einwilligen, Abwasserkanäle zu graben. Du hättest gleich zu mir kommen sollen. Mein Gemahl kümmert sich in erster Linie um den Krieg, in zweiter Linie um die Vorräte, und dann spricht er noch Recht. Diese kleinen Probleme in Haus und Lager sind Sache der Frauen und Sklaven.«
Ich machte ihr klar, daß eine große Epidemie wohl kaum ein »kleines Problem« wäre.
Amalberga lächelte. »Nein, aber für gewöhnlich ist es schon so… Wir sind solche großen Lager, solche großen Städte nicht gewohnt. Wir haben so etwas noch nie gebaut. O ja, ich werde meinem Gemahl erzählen, daß er im Begriff ist, eine große Stadt zu gründen, so wie einst Konstantin und Alexander. Das wird ihn dazu bewegen, diesem Problem mehr Aufmerksamkeit zu widmen.«
»Frithigernopolis?« fragte ich mürrisch.
Amalberga lachte. »Ist das wirklich ein soviel törichterer Name als Hadrianopolis? Aber ich denke, wir werden die Stadt nach wie vor einfach Carragines nennen; auch wenn wir über eine öffentliche Kanalisation verfügen, werden wir nicht lange hier leben. Wenn wir Glück haben, wird man uns anderswo eigenen Grund und Boden zuteilen, und wenn nicht…« Sie machte eine Pause, ihr Blick schweifte unwillkürlich zu ihrem kleinen Sohn, der in einer Ecke des Zimmers saß und mit einem Holzpferdchen spielte. »Wenn nicht, wird die Stadt sowieso nicht überdauern.« Sie sah das Kind einen Augenblick lang besorgt an, so als brenne die Stadt bereits, dann seufzte sie. »Aber das ist im Augenblick nicht so wichtig. Was brauchen wir sonst noch für die Abwassergräben?«
Amalberga sprach mit ihrem Mann, sprach mit den Damen ihres Gefolges und deren Ehemännern, und innerhalb einer Woche schaffte sie es, daß die Arbeiten an der Kanalisation begonnen wurden. Inzwischen war es wärmer geworden, und wir befanden uns mitten in einer Epidemie, aber es gelang uns, sie mit harter Arbeit und strikter Quarantäne unter Kontrolle zu bringen. Wir gaben strenge Anweisung, jeder müsse sein Trinkwasser abkochen. Mit dieser und ähnlichen Maßnahmen kamen wir mühsam durch, bis ein paar Wochen später die Abwasserkanäle fertiggestellt waren. Dann wurden die Probleme, wie vorhergesagt, geringer, und die Goten waren von meiner Weitsicht und von der Klugheit des Hippokrates enorm beeindruckt.
Noch wichtiger aber war es, daß die Königin mehrere der gotischen Anführer dazu überreden konnte, ihre Soldaten auf den Beutezügen nach Heilkräutern suchen zu lassen. Auf diese Weise konnten wir einen ausreichenden, wenn auch unregelmäßig hereinkommenden Vorrat von unentbehrlichen Arzneimitteln wie Alraun und Nieswurz anlegen – obwohl wir ohne Opium auskommen mußten. Edico war überrascht.
»Ich habe seit Monaten versucht, jemanden dazu zu bewegen, nach diesen Kräutern Ausschau zu halten«, erzählte er mir. Im Verlaufe der Epidemie hatten wir wieder zu unserer früheren Partnerschaft gefunden. »Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich Frithigern deswegen angesprochen habe.«
»Was solche Dinge anbetrifft, kannst du Frithigern vergessen«, meinte ich selbstgefällig. »Laß mich nur mit Amalberga reden. Du kannst dich auf die natürliche Überlegenheit der Frauen verlassen.«
Edico schnaubte verächtlich. »Ich bin froh, daß es nicht ›die Frauen‹ sind, sondern nur du und Amalberga. Sonst würden wir Männer den Haushalt führen und uns um die Säuglinge kümmern, und die Frauen würden die Welt regieren.«
»Das können wir euch doch gar nicht überlassen«, erwiderte ich. »Ihr verursacht ein solches heilloses Durcheinander beim Regieren, daß wir euch die Säuglinge nun wirklich nicht auch noch anvertrauen
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